Informationen zum Erbrecht: Der Erbschein – Zweck, Kosten und Verfahren

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Im Erbfall geht das Erbe kraft Gesetzes automatisch auf den Erben über, ohne dass der Erbe oder etwa das Nachlassgericht etwas veranlassen müssen. Da es aber für Außenstehende häufig nicht erkennbar ist, wer Erbe geworden ist, muss der Erbe zur Geltendmachung seiner Ansprüche seine Erbenstellung beweisen können.

Insbesondere wenn zum Nachlass ein Grundstück oder Miteigentumsanteile an einem Grundstück gehören, verlangt das Grundbuchamt in der Regel für die Umschreibung einen Erbschein, § 35 Grundbuchordnung (GBO). Auch für notwendige Umschreibungen im Handelsregister ist in der Regel ein Erbschein notwendig. Auch wenn § 12 Abs. 1 Satz 3 Handelsgesetzbuch (HGB) den Erbschein als Beweismittel nicht ausdrücklich nennt, ist er zum Nachweis des Erbrechts beim Registergericht die am besten geeignete öffentliche Urkunde.

Der Erbschein ist ein vom Nachlassgericht ausgestelltes amtliches Zeugnis, das dem Erben dessen Erbenstellung bestätigt. Aus dem Erbschein ergibt sich unter anderem, ob der Erbe Alleinerbe oder mit anderen Erben nur Miterbe geworden ist und wie groß in diesem Fall sein Erbteil ist. Auch wenn zum Beispiel Vor-Nacherbschaft oder Testamentsvollstreckung angeordnet ist, wird dies auf dem Erbschein vermerkt. Den Erbschein kann der Erbe beim Nachlassgericht beantragen. Dies ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seiner letzten Wohnsitz hatte. Das Nachlassgericht ermittelt dann von Amts wegen, wer Erbe geworden ist. Dafür wird beispielsweise erforscht, ob ein etwaiges uneheliches Kind Erbansprüche hat.

Mit dem Erbschein kann der Erbe dann beispielsweise zur Bank gehen und über die Konten im Nachlass verfügen oder beim Grundbuchamt die Umschreibung eines Grundstücks veranlassen.

Solange jemand durch den Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, gilt er als Erbe, § 2365 BGB. Stellt sich später die Unrichtigkeit des Erbscheins heraus, weil beispielsweise noch ein Testament gefunden wurde, zieht das Nachlassgericht den Erbschein ein und der darin begünstigte vermeintliche Erbe kann sich nicht mehr auf die Beweiskraft berufen.

Auch wenn der Erbschein der sicherste Nachweis für die Erbenstellung ist, ist ein Erbschein nicht immer notwendig: Für die Umschreibung eines Grundstückes sieht das Grundbuchamt die Vorlage einer vom Nachlassgericht beglaubigten Abschrift des Testaments nebst Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts als ausreichende Legitimation des Erben an. Das Eröffnungsprotokoll muss zudem eindeutig den Erben bezeichnen. Auch bei vielen Banken wird dies so gehandhabt. Diese Vereinfachung gilt aber nur bei einem öffentlichen Testament. Im Normalfall, insbesondere wenn kein Testament vorhanden ist, benötigt der Erbe zum Nachweis seiner Erbenstellung einen Erbschein.

Die Gerichtsgebühren für einen Erbschein sind vom Erben zu bezahlen und bestimmen sich nach dem Wert des Nachlasses, für den der Erbschein benötigt wird. Daher kann man seinen Erben erhebliche Kosten sparen, wenn zu deren Gunsten für Bankkonten und Wertpapierdepots eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht gegeben wird. Da der Erbe dann als Bevollmächtigter des Verstorbenen handelt, benötigt er zur Legitimation gegenüber der Bank keinen Erbschein.

Zur Vermeidung unnötiger Kosten sollte ein Erbschein nur in dem Umfang beantragt werden, in dem er benötigt wird.

Die Kosten für den Erbschein richten sich nach § 107 Kostenordnung (KostO). Dabei kommt es auf den reinen Nachlasswert an, §§ 18,19 Kostenordnung. In der Regel fallen zwei Gebühren an, eine Gebühr für die Erteilung des Erbscheins und eine weitere Gebühr für die eidesstattliche Versicherung, die vom Nachlassgericht verlangt wird. Bei einem Nachlasswert von 100.000 € beträgt eine Gebühr 207 €. Insgesamt fallen somit 414 € Gebühren an.

Wenn der Erbschein nur zur Umschreibung des Grundbuches gebraucht wird, können Kosten gespart werden. Gemäß § 107 Abs. 3 Kostenordnung gilt: Wird dem Nachlassgericht gegenüber glaubhaft gemacht, dass der Erbschein nur zur Verfügung über Grundstücke gebraucht wird, werden die Gebühren nur nach dem Wert der im Grundbuch des Grundbuchamtes eingetragenen Grundstücke berechnet, über die aufgrund des Erbscheins verfügt werden kann. Wird der Erbschein für mehrere Grundbücher benötigt, so ist der Gesamtwert der den Büchern eingetragenen Grundstücke und Rechte maßgebend. In diesem Fall wird aber der Erbschein dem Erben nicht ausgehändigt, sondern direkt mit einem entsprechenden Vermerk an das betreffende Grundbuchamt übersandt.

Eine weitere Möglichkeit, Kosten für den Erbschein zu sparen, gibt die Grundbuchordnung für geringwertige Grundstücke:

Gemäß § 35 Abs. 3 GBO bedarf es für die Eintragung von Grundstücken oder Anteilen an einem Grundstück, die weniger als 3000 € wert sind, keines Erbscheins, wenn dieser nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe erlangt werden kann.

Daher ist genau zu prüfen, ob und in welchem Umfang ein Erbschein beantragt werden muss.

Ihr Ansprechpartner im Erbrecht:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.

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