Ist die Zahlung mit Bitcoin immer unproblematisch?

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Die Frage ist nicht mit ja oder nein beantworten. Daher macht es Sinn sich mit der vertraglichen Konstruktion auseinander zu setzen.

1.

Bei der Kryptowährung wie exemplarisch Bitcoin, handelt es sich aufgrund der Charakteristik des Zahlungsmittels nicht zwangsläufig um Geld, also außerhalb des Sprachgebrauches. Im rechtstechnischen Sinne, also im rechtlichen Zusammenhang ist dieses unter dem Begriff Erfüllung zu betrachten. Dieses gibt derzeit die juristische Literatur so vor (siehe in diesem Sinne etwa Langenbucher, AcP 2018, 385, 413; Omlor, JZ 2017, 754, 759 f.; Omlor, ZHR 2019, 294, 311 ff.; Westermann in: MünchKomm-BGB, § 433 BGB Rn. 12, 16).

Haben sich die Parteien von vornherein vertraglich auf eine Zahlung mit Bitcoins geeinigt, handelt es sich daher nicht um eine Geldschuld (Looschelders in: BeckOGK BGB, § 362 BGB Rn. 203). Vielmehr ist dann die „Ware“ Bitcoins geschuldet. Eine Ware im Sinne der Wirtschaftswissenschaften ist ein materielles Wirtschaftsgut (im Gegensatz zum immateriellen Gut), das Gegenstand des Warenhandels ist und als Gegenstand des Wareneinsatzes in Betracht kommt. D.h., so tritt durch eine entsprechende, erfolgreiche Bitcoin-Transaktion eine Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB ein (Vgl. Langenbucher, AcP 2018, 385, 412). Der vertragliche Primär-Anspruch ist stets die Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB.

2.

Vertragstypologisch bereitet die Vereinbarung von Bitcoins als Gegenleistung dort keine Schwierigkeiten, wo nach dem Gesetz eine „Vergütung“ (§§ 611 Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB) bzw. eine „Miete“ (§ 535 Abs. 2 BGB) geschuldet ist. Denn diese Begrifflichkeit umfasst nicht nur Geldzahlungen, sondern auch beliebige andere Gegenleistungen, die im allgemeinen Wirtschaftsverkehr als geldwert angesehen werden. Dieses dürfte für Bitcoins ohne Problem zutreffen.

3.

Wenn das Gesetz dagegen von einem „Geldbetrag“ (§ 488 Abs. 1 BGB), von „zahlen“ (§ 728 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder vom „Kaufpreis“ (§ 433 Abs. 2 BGB) spricht, wird man die Festlegung von Bitcoins als Zahlungsmittel nicht generell unter diese Begriffe subsumieren können (Vgl. Langenbucher, AcP 2018, 385, 412).

Daher muss hier in der bilateralen Beziehung vertraglich nachgesteuert werden. Ergo werden Vertragsparteien bei einem Veräußerungsvertrag, bei dem Bitcoins als Gegenleistung für die Lieferung einer Sache vereinbart sind, nicht als Kaufvertrag, sondern als Tauschvertrag ausgestallten (siehe hier auch Engelhardt/Klein, MMR 2014, 355, 359; Looschelders in: BeckOGK BGB, § 362 BGB Rn. 204, Omlor, JZ 2017, 754, 760; Omlor, ZHR 2019, 294, 329 f.; Westermann in: MünchKomm-BGB, § 433 BGB Rn. 16; gegen einen Kauf auch Djazayeri, jurisPR-BKR 6/2014 Anm. 1; a.M. Beck/König, JZ 2015, 130, 137).

4.

Haben die Parteien ursprünglich eine Geldschuld begründet, bei der der Gläubiger später Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptiert, liegt keine Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB), sondern eine Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) vor (Langenbucher, AcP 2018, 385, 415; Omlor, JZ 2017, 754, 761; Omlor, ZHR 2019, 294, 324). Der Kunde zahlt exemplarisch bei Fälligkeit der Euro-Forderung einen Betrag in Bitcoin, der dem dann aktuellen Euro/Bitcoin-Kurs entspricht. Die Forderung erlischt mit der Annahme des Bitcoin-Betrags durch das Unternehmen gem. § 364 Abs. 1 BGB an Erfüllungs statt. Der bilanzielle Zugang an Bitcoins beim Unternehmen erfolgt (aufgrund des aktuellen Kurses) und ist je nach Absicht des Unternehmens im Anlagevermögen (erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens) oder im Umlaufvermögen (sonstige Vermögensgegenstände) auszuweisen.

Anderes gilt, wenn zwischen den Parteien die ausschließliche Möglichkeit der "Bezahlung" in Bitcoin vereinbart wird. Auf den ersten Blick mag dies keinen Unterschied zu einer (zunächst) vereinbarten Zahlung in Euro darstellen. Bei genauerer Betrachtung jedoch und mangels der Eigenschaft von Bitcoin als (gesetzliches) Zahlungsmittel entspricht die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung indes nunmehr der eines Tauschs bzw. tauschähnlichen Vorgangs, da die Gegenleistung nicht in einer Geldzahlung, sondern in einem Gegenstand besteht. Ein Produkt bzw. eine Dienstleistung wird durch das Unternehmen an den Kunden gegen Erhalt eines immateriellen Vermögensgegenstands (Bitcoin bzw. Einheiten davon) geliefert bzw. erbracht. Entsprechend sind die für den Tausch entwickelten Bilanzierungsgrundsätze anzuwenden.


5. 

Als Konsequenz muss vor der „Zahlung“ vertraglich fixiert werden, was unter „Zahlung“ im Sprachgebrauch und/oder im rechtstechnischen Sinne verstanden wird.



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