Kaufrecht: Ein- und Ausbaukosten im unternehmerischen Verkehr

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Update 04.11.2023: Der BGH hatte mit Urteil vom 02.04.2014 die Konturen der Sachmängelhaftung im Kaufvertragsrecht weiter geschärft. Für den Verbrauchsgüterkauf entschied der BGH, dass Ein- und Ausbaukosten sowie Lieferkosten ersetzt werden müssen. Diese Rechtsprechung wurde auf Kaufverträge zwischen Unternehmern nicht ausgedehnt (BGH, Urteil vom 02.04.2014 – VIII ZR 46/13).

Seit dem 1. Januar 2022 gelten Änderungen im Kaufrecht durch die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie. Diese Änderungen betreffen unter anderem die Sachmängelhaftung bei Kaufverträgen und führen zu einer Anpassung der Rechte und Pflichten von Käufern und Verkäufern.

Demnach müssen seit dem 1. Januar 2022 aufgrund der neuen Gesetzeslage auch im unternehmerischen Verkehr die Ein- und Ausbaukosten von mangelhaften Sachen im Rahmen der Nacherfüllung vom Verkäufer getragen werden, sofern der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag (§§ 439, 445a, 475 BGB n.F.).

Die historische Rechtsauffassung, wonach der Vorlieferant nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist, bleibt bestehen. Im unternehmerischen Verkehr ist es weiterhin von Bedeutung, ob ein Fabrikationsfehler dem Verkäufer zuzurechnen ist oder nicht.

Historische Rechtslage bis 31.12.2021

Im Kaufvertragsrecht stellt sich in bestimmten Konstellationen die Frage, wer die Kosten für den Ein- und Ausbau sowie auch die Lieferkosten zu tragen hat, denn die verkaufte Sache sich als mangelhaft erweist. Grundsätzlich haftet der Verkäufer auf Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB).

Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Dies bedeutet demnach entweder Beseitigung des Mangels an der bereits vorhandenen Kaufsache oder eben der Austausch mit einer neuen Sache. Wenn aber die mangelhafte Kaufsache bereits eingebaut wurde, so etwa im Falle von Parkettstäben oder Maschinenbauteilen, die in eine Gesamtkonstruktion eingefügt werden, entstehen durch den Austausch der mangelhaften Sache weitere Kosten.

Ersatzfähigkeit beim Verbrauchsgüterkauf

Für den Verbrauchsgüterkauf, also den Kauf von Ware durch einen Verbraucher (§ 13 BGB) bei einem unternehmerischen Verkäufer (§ 14 BGB) ist diese Frage vom BGH bereits entschieden worden. Die Ersatzfähigkeit von Ein- und Ausbaukosten war vom BGH unter Rückgriff auf Vorgaben des EuGH so entschieden worden, dass im Falle des Verbrauchsgüterkaufs Ausbaukosten sowie Abtransportkosten vom Verkäufer ersetzt werden müssen (EuGH, Urteil vom 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09 und BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 70/08). Dies wurde später auf Einbaukosten erstreckt (BGH, Urteil vom 17.10.2012 – VIII ZR 226/11). Dabei wurden jeweils Vorgaben einer entsprechenden europäischen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umgesetzt. Stets ging es um die Frage, welchen Inhalt der Begriff „Lieferung einer mangelfreien“ Sache in § 439 Abs. 1 BGB hat. Diese Vorschrift enthält den Nacherfüllungsanspruch im Kaufvertragsrecht. Dieser wird verschuldensunabhängig gewährt, da er nur eine Verlängerung des ursprünglichen Erfüllungsanspruches darstellt. Es kommt also nicht darauf an, ob der Sachmangel verschuldet ist.

Ersatzfähigkeit im unternehmerischen Verkehr

Für den unternehmerischen Verkehr ist die Rechtsprechung anders. Der BGH hat bereits mit Urteil vom 17.10.2012 (BGH, Urteil vom 17.10.2012 – VIII ZR 226/11) klargestellt, dass die oben genannte Rechtsprechung zu den Ein- und Ausbaukosten auf einen Kauf zwischen Unternehmern nicht anwendbar ist. Durch ein neueres Urteil des BGH wurde diese Linie nochmals bestätigt (BGH, Urteil vom 02.04.2014 – VIII ZR 46/13).

Zunächst wiederholt der BGH seinen Grundsatz aus dem Urteil von 2012:

Der Senat hat entschieden, dass die richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB, nach der die Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ neben dem Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache erfasst, auf den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) beschränkt ist und sich nicht auf Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern erstreckt (Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, aaO Rn. 16 ff.). Daher umfasst auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen verweigerter Ersatzlieferung nicht die Aus- und Einbaukosten.

Allerdings hat der BGH damit nicht gesagt, dass Ein- und Ausbaukosten im unternehmerischen Verkehr überhaupt nicht ersatzfähig sind. Er hat nur gesagt, dass die oben genannte Rechtsprechung sich (1) lediglich auf den Nacherfüllungsanspruch bezieht und (2) nur auf Verbrauchsgüterkäufe, die sich nach dem Europarecht bemessen.

Neben der verschuldensunabhängigen Nacherfüllungshaftung gibt es noch den verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch. Der BGH bejaht – auch im von Ihnen zitierten Urteil – einen Erstattungsanspruch im Wege des Schadensersatzes dann, wenn der Verkäufer seine Vertragspflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache schuldhaft verletzt hat (§§ 437 Nr.3, 280 BGB).

Ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung sowohl der Aus- als auch der Einbaukosten besteht im geschäftlichen Verkehr zwischen Unternehmern nur dann, wenn der Verkäufer seine Vertragspflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache verletzt und dies zu vertreten hat (§ 437 Nr. 3, § 280 BGB i. V. m. § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 BGB; Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR 226/11, aaO Rn. 11).

Das Verschulden wird vermutet. Im konkreten, entschiedenen Fall hatte es an diesem Verschulden gefehlt, weil der beklagte Unternehmer die Ware von einem Vorlieferanten bezogen hatte. Dieser Vorlieferant hatte den Fehler, der nicht erkennbar war, verursacht.

Für den Fall, dass man einen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch bejahen muss, sind neben den Ein- und Ausbaukosten auch die Lieferkosten dem Grunde nach ersatzfähig.

Vorlieferant des Händlers ist kein Erfüllungsgehilfe

Als Importeur im unternehmerischen Verkehr sollte man allerdings auch einen Regressanspruch gegen den Hersteller prüfen. Das mögliche Verschulden des Herstellers wird ihnen nicht ohne weiteres zugerechnet. Der BGH hat – ebenfalls im von Ihnen zitierten Urteil – klargestellt, dass der Vorlieferant nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist und umgekehrt.

Der Beklagten ist das Verschulden der Nebenintervenientin nicht nach § 278 BGB zuzurechnen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Vorlieferant des Verkäufers nicht dessen Gehilfe bei der Erfüllung der Verkäuferpflichten gegenüber dem Käufer; ebenso ist auch der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seine Kunden verkauft (Senatsurteile vom 21. Juni 1967 - VIII ZR 26/65, BGHZ 48, 118, 121 f.; vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 29; Senatsbeschluss vom 14. Januar 2009 - VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 Rn. 11; BGH, Urteil vom 19. Juni 2009 - V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 Rn. 19; vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Februar 1962 - VII ZR 205/60, juris Rn. 18; vom 9. Februar 1978 - VII ZR 84/77, NJW 1978, 1157).

Dies bedeutet, dass ein vom Hersteller oder Lieferanten verschuldeter Fabrikationsfehler, insbesondere wenn dieser nicht erkennbar war, dem Zwischenhändler nicht automatisch angelastet wird.

Dabei zitiert der BGH die Gesetzesbegründung zu § 433 BGB, die auszugsweise wie folgt lautet:

Die Verpflichtung zur mangelfreien Lieferung hat jedoch nicht diese Rechtsfolge. Die Verpflichtung des Verkäufers soll sich auf die mangelfreie Verschaffung der Sache beschränken, soll hingegen nicht die Herstellung der Sache umfassen. Bei der Erfüllung der Verschaffungspflicht bedient sich der Verkäufer nicht des Herstellers, die Herstellung der Sache ist nicht in den Pflichtenkreis des Verkäufers einbezogen. Der Warenhersteller ist deshalb ebenso wenig Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, wie nach bisherigem Recht der Hersteller von Baumaterialien Erfüllungsgehilfe des Werkunternehmers ist, der solche Materialien bei der Herstellung des geschuldeten Werks verwendet.

BT-Drucks. 14/6040, S. 209 f.

Fazit

Im unternehmerischen Verkehr können die Ein- und Ausbaukosten einer Sache, insbesondere bei Großprojekten oder komplexen Maschinen, erheblich sein. Daher ist die Frage der Sachmängelhaftung mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen. Ein unstreitiger Sachmangel jedenfalls ist für den Käufer kein Selbstläufer.



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