Keine Verjährung im Dieselskandal bei Neuwagen - BGH urteilt gegen VW

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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass betroffene VW Dieselbesitzer noch bis 2025 erfolgreich Schadensersatzklagen einreichen können, sofern sie bis September 2015 einen manipulierten Neuwagen gekauft haben.

Das Fahrzeug kann, muss aber nicht mehr im Besitz des damaligen Käufers sein.

Im Einzelnen:

Grundsätzlich verjähren Ansprüche aus unerlaubter Handlung gem. §§ 195, 199 BGB regelmäßig in drei Jahren ab Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände.

Auch im Fall des VW-Abgasskandals, bei dem der Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei Kraftfahrzeugen erhoben wird, hat der Bundesgerichtshof lange Zeit die regelmäßige Verjährung von drei Jahren nach den §§ 195, 199 BGB angewandt.

So auch mit seinem Urteil vom 17.12.2020 (BGH- VI ZR 739/20). Dort wie auch in weiteren Urteilen hat der Bundesgerichtshof deutlich gemacht, dass Schadensersatzansprüche im Rahmen des VW-Abgasskandals bereits mit Ablauf des Jahres 2018 verjährt seien, sodass die regelmäßige Verjährungsfrist nach damaliger Ansicht des Bundesgerichtshofs Anwendung gefunden hat.

Ab September 2015 wurde über den Abgasskandal in den Medien berichtet, sodass es jedermann möglich gewesen sei, Kenntnis vom VW-Abgasskandal zu erhalten.

Auch hat VW im Oktober 2015 eine Website freigeschaltet, über welche man unter Eingabe einer Fahrzeugidentitätsnummer ermitteln konnte, ob ein Fahrzeug mit einem vom Abgasskandal betroffenen Motor ausgestattet ist, sodass unter Zugrundelegung des Jahres 2015 Ansprüche mit Ablauf des Jahres 2018 verjährt sind.

Aufgrund der medialen Aufmerksamkeit und dem Freischalten der Website durch VW ist Betroffenen bei Unkenntnis der Vorwurf der fahrlässigen Unkenntnis zu machen, sodass die Verjährungsfrist, trotz Unkenntnis mit Blick auf den Fahrlässigkeitsvorwurf zu laufen begann.

Der BGH hat sich in dieser Zeit allerdings nicht mit § 852 BGB auseinandergesetzt.

Gemäß § 852 BGB können Betroffene Ansprüche trotz Verjährung noch geltend machen, wenn Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung des Verletzten etwas erlangt haben.

Die sogenannten Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung verjähren in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

Im Rahmen des Verkaufs eines PKW, welches vom VW-Abgasskandal betroffen ist, verhält es sich entsprechend.

Ansprüche, die infolge des VW-Abgasskandals entstanden sind, verjähren 10 Jahre nach dem Kauf.

Gewinne, die aus der unerlaubten Handlung entstanden sind, sind bis zu 10 Jahre zurückzuzahlen.

Das heißt für betroffene Fahrer eines Neuwagens aus dem VW-Konzern, dass Schadenersatzansprüche auch im Jahr 2022 geltend gemacht werden können.

Im Rahmen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus dem VW-Abgasskandal werden Betroffenen Ansprüche, unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsentschädigungen, gekürzt.

Bereits Anfang 2021 verurteilten drei Oberlandesgerichte VW auf Basis des § 852 zu Schadensersatz.

Nun schließt sich der Bundesgerichtshof erstmals der Ansicht an, dass ein Restschadensersatz mit Blick auf § 852 BGB nicht verjährt sein kann.

Im Februar dieses Jahres machte der Bundesgerichtshof deutlich, dass ein Restschadensersatzanspruch bei vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen gemäß §852 BGB nicht besteht, wenn es um Ansprüche in Zusammenhang mit Gebrauchtwagen gehen würde.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 10.02.2022 ausdrücklich kenntlich gemacht, dass dies nur für Fahrzeuge gilt, bei denen es sich um Gebrauchtwagen handelt.

Im Rahmen der Pressemitteilung vom 21.02.2022 macht der Bundesgerichtshof deutlich, dass dies nicht für Verbraucher von Neuwagen gelte.

Beim Kauf eines Neuwagens, welches vom VW-Abgasskandal betroffen ist, wird § 852 herangezogen.

Ansprüche verjähren somit erst mit Ablauf des Jahres 2025.

Betroffenen, die bis dato nicht geklagt haben, steht bis zum Ablauf des Jahres 2025 mit erfolgsversprechenden Aussichten die Möglichkeit zu, gegen VW Schadensersatzansprüche mit Blick auf Nutzungsentschädigungen geltend zu machen. Klar ist, dass die Klage nicht aufgrund der Erhebung des Verjährungseinwandes scheitern wird.

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