Keine Widerlegung der Vollständigkeit und Richtigkeit notarieller Beurkundung durch abweichenden Vertragsentwurf

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Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit eines notariellen Vertrages wird nicht durch die Vorlage einer inhaltlich abweichenden Entwurfsfassung widerlegt. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger von dem Beklagten mit notariellem Kaufvertrag ein mit einer Halle bebautes Grundstück erworben. Während es in dem Vertragsentwurf noch hieß, dass das Grundstück mit einer Halle bebaut ist, wurde in dem Kaufvertrag ergänzend festgehalten, dass diese „eine Fläche von 640 m²“ hat. Auch wurde hier ergänzend unter dem Punkt „Gewährleistung“ festgehalten, dass der Käufer das Kaufobjekt besichtigt hat und im gegenwärtigen altersbedingten Zustand zum heutigen Datum „mit den Einrichtungsgegenständen“ kauft, im übrigen der Kaufgegenstand übergeben wird, wie er steht und liegt, ohne Gewähr für das genaue Flächenmaß, Größe, Güte und Beschaffenheit „mit Ausnahme der Größe der Halle“. Eingangs des Kaufvertrages hatte der Notar über die Bestimmungen des Beurkundungsgesetzes in § 17 Abs. 2a belehrt und hierzu festgehalten: “Die Erschienenen erklären, dass sie ausreichend Gelegenheit hatten, den Entwurf dieser Urkunde zu prüfen und sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen.“


Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Fläche der Halle nur 540 m² beträgt und der Beklagte vor Übergabe des Grundstückes die Einbauküche entfernt hatte, verlangte die Klägerin von diesem Schadensersatz. Der Beklagte trat dem mit der Behauptung entgegen, dass abweichend von dem Inhalt der Kaufvertragsurkunde selbst weder eine bestimmte Hallengröße zugesagt noch Einrichtungsgegenstände mitverkauft worden seien.


Nach Auffassung des BGH, Urteil vom 10.06.2016, – V ZR 295/14 - erbringt die notarielle Kaufvertragsurkunde als öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 ZPO den vollen Beweis darüber, dass die Erklärung mit dem niedergelegten Inhalt so, wie beurkundet, abgegeben wurde. Weiter besteht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Diese ist durch Vorlage des Vertragsentwurfes nicht widerlegt. Dem entspricht der Zweck der notariellen Beurkundung von Grundstücksverträgen, Veräußerer und Erwerber vor übereilten Verträgen zu bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung zu eröffnen. Dem Hinweis auf die Gelegenheit zur Prüfung des Entwurfes kam demgegenüber kein eigenständiger Erklärungsgehalt, geschweige denn dahin zu, dass etwa der Entwurfstext rechtsverbindlich gelten soll und keine Veränderung mehr erfahren wird. Vielmehr handelte es sich allein um die Dokumentation der Erfüllung der dem Notar in § 17 Abs. 2a S.2 Nr. 2 BeurkG auferlegten Amtspflicht.


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