Kettenbefristung mit Sachgrund: die Missbrauchsampel des BAG

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Arbeitsverhältnisse können befristet werden und enden dann automatisch (ohne Kündigung) zum vereinbarten Beendigungszeitpunkt. Im Bereich der Wissenschaft gibt es Sonderregelungen im Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Im Übrigen gilt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).

Gemäß § 14 TzBfG kann eine Befristung mit oder ohne Sachgrund erfolgen.

Wenn es für die Befristung keinen anerkannten Sachgrund gibt, ist die Dauer der Befristung und die Anzahl der möglichen Verlängerungen gesetzlich beschränkt, nämlich auf insgesamt maximal 2 Jahre und in diesem Zeitraum maximal 3 Verlängerungen (also z. B. Befristung auf 6 Monate, dann insgesamt 3x Verlängerung um jeweils 6 Monate).

Wenn einer der in § 14 TzBfG geregelten Sachgründe (tatsächlich) vorliegt, gelten für die Befristung nach der gesetzlichen Regelung zunächst keine Grenzen. In der Praxis kommt es aber oft zu sogenannten Kettenbefristungen. Das Arbeitsverhältnis wird also mit Sachgrund befristet und dann mehrere Male immer wieder mit (angeblichem) Sachgrund verlängert.

Als Sachgrund dient dabei in der Regel die (angebliche) Vertretung eines anderen Arbeitnehmers. Konkret wird also z. B. eine Lehrerin für 1 Jahr befristet eingestellt, weil sie eine sich in Elternzeit befindliche Lehrerin vertreten soll. Das Arbeitsverhältnis wird dann immer wieder um z. B. 1 Jahr verlängert, wobei immer andere ausgefallene Lehrer vertreten werden sollen. Es fragt sich, ob das nicht rechtsmissbräuchlich ist, weil ja offensichtlich immer ein gewisser Vertretungsbedarf besteht und damit die Vertretungsstelle eigentlich unbefristet benötigt wird.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 26.10.2016 (7 AZR 135/15) nunmehr konkrete Prüfungsmaßstäbe definiert. Hieraus kann man eine „Missbrauchsampel“ ableiten. Es gibt also einen grünen Bereich (unproblematisch), einen gelben Bereich (Missbrauchsgefahr gegeben, genaue Prüfung erforderlich) und einen roten Bereich (Missbrauch wird unterstellt, der Arbeitgeber müsste diesen im Einzelfall durch ganz konkrete Umstände widerlegen).

Konkret ergibt sich aus dem Urteil des BAG folgende Ampel:

GRÜN (kein Missbrauch – Befristung grundsätzlich wirksam)

  • Gesamtdauer maximal 2 Jahre, maximal 12 Verlängerungen
  • Gesamtdauer maximal 6 Jahre, maximal 9 Verlängerungen
  • Gesamtdauer maximal 8 Jahre, maximal 3 Verlängerungen

GELB (umfassende Kontrolle des Einzelfalls – Wirksamkeit der Befristung fraglich)

  • Gesamtdauer bis 6 Jahre, mehr als 9 Verlängerungen
  • Gesamtdauer über 8 Jahre
  • mehr als 12 Verlängerungen

ROT (Missbrauch indiziert – Befristung in der Regel unwirksam)

  • Gesamtdauer über 8 Jahre, mehr als 12 Verlängerungen
  • mehr als 15 Verlängerungen
  • Gesamtdauer über 10 Jahre

Anhand dieser Grenzen kann nunmehr jeder Einzelfall geprüft werden. Befindet man sich noch im grünen Bereich, ergibt sich aus der Kettenbefristung kein Missbrauch. Allerdings ist auch dann zu prüfen, ob überhaupt ein Sachgrund vorliegt! Die Entfristungsklage kann daher sinnvoll ein.

Befindet man sich im gelben Bereich, ist die Befristung auch bei Vorliegen eines Sachgrundes problematisch. Hier lohnt sich die Entfristungsklage.

Befindet man sich im roten Bereich, spricht alles für einen Missbrauch und damit eine unwirksame Befristung. Es sollte unbedingt Entfristungsklage erhoben werden.

Die Entfristungsklage kann nur innerhalb von 3 Wochen ab Ablauf der Befristung (also des im Vertrag genannten Endtermins) beim Arbeitsgericht eingelegt werden.

Auf das Vorliegen eines Sachgrundes wird gerichtlich immer nur die letzte Befristung überprüft.


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