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Kindergartenplatz fehlt – Waldorfkindergarten auch gebührenfrei

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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In der heutigen Zeit wollen oder müssen viele Mütter nach der Geburt eines Kindes wieder zurück in den Beruf. Daher wurden in den letzten Jahren die Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren massiv erhöht. Aber wie das so ist – Kinder werden groß und brauchen dann einen Kindergartenplatz. Diese wurden aber nicht in der Menge geschaffen, wie sie tatschlich benötigt werden, und schon ist das Dilemma perfekt. Zwei Familien in Mainz bekamen keine regulären Kindergartenplätze für ihre Kinder und mussten daher auf einen Waldorfkindergarten ausweichen. Die Stadt Mainz wollte die Kosten nicht ersetzen, und fertig war der Rechtsstreit.

Fehlender Kindergartenplatz

Im Oktober 2011 meldeten zwei Elternpaare ihre beiden Kinder bei der Stadt Mainz für den Kindergartenbesuch an. Die Kinder sollten ab ihrem zweiten Lebensjahr in den Kindergarten gehen. Es zeigte sich aber, dass es an geeigneten Plätzen fehlte. Daraufhin meldeten die Eltern ihre Kinder im Waldorfkindergarten Mainz an. Diese Einrichtung ist im Kindertagesstättenbedarfsplan der Stadt Mainz ausgewiesen, die Jugendhilfe ist deren freier Träger. Wenn ein Kind diesen Kindergarten besucht, werden die Eltern Mitglied im Verein Waldorfkindergarten e.V. und müssen sogenannte Mitgliedsbeiträge entrichten, Kindergarten-Regelbeträge werden nicht erhoben, da diese vom Land übernommen werden. Beide Kinder besuchten diesen Kindergarten schließlich von September 2012 bis August 2013.

Übernahme der Kosten abgelehnt

Die Eltern wollten von der Stadt Mainz diese Mitgliedsbeiträge erstattet bekommen. Nicht gerade überraschend wurde dieser Antrag jedoch abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass besagter Kindergarten sowohl von der Stadt selbst als auch vom Land Rheinland-Pfalz gefördert wird. Nach den Vorschriften des Kindertagesstättengesetzes ist der Besuch des Kindergartens beitragsfrei, damit scheide die Erstattung von zusätzlichen freiwilligen Leistungen – hier die Mitgliedsbeiträge – aus. Das wollten die Eltern nicht hinnehmen und klagten schließlich auf Kostenerstattung.

Stadt muss Kosten ersetzen

Sowohl das Verwaltungsgericht (VG) Mainz als auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz gaben den Eltern recht. Sie haben einen Anspruch auf Übernahme jener Kosten, die ihnen durch den Besuch des Waldorfkindergartens entstanden sind.

Kein Betreuungsplatz vorhanden

Die Richter machten klar, dass das Jugendamt gewährleisten muss, dass für jedes Kind rechtzeitig ein geeigneter Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung vorhanden ist. Das OVG verwies in seinem Urteil auf die geltende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach hat derjenige einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die ihm dadurch entstanden sind, dass er sich selbst einen privaten Kindergartenplatz beschaffen musste. Voraussetzung ist dabei, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung von dem Bedarf an einem Kindergartenplatz wusste und die Bedarfsdeckung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.

Kindergartenplatz muss kostenfrei sein

Im vorliegenden Fall war es tatsächlich so, dass die Stadt Mainz den Eltern bzw. deren Kindern keine Kindergartenplätze zur Verfügung stellen konnte. Daher machten sich die Kläger selbst auf die Suche. Allerdings konnten sie nur zwei kostenpflichtige Plätze im Waldorfkindergarten ausfindig machen.
Aus dem Wortlaut des rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes ergibt sich ein Anspruch auf einen kostenfreien Kindergartenplatz. Der Besuch des Waldorfkindergartens ist aber nicht kostenfrei, auch wenn statt Regelbeiträgen von den Eltern Mitgliedsbeiträge verlangt werden. Wenn die Eltern diese Mitgliedsbeiträge nicht bezahlt hätten, hätten sie die Kindergartenplätze für ihre Kinder nicht erhalten. Folglich war der Besuch des Kindergartens nicht kostenfrei.

Aus diesem Grund muss die Stadt Mainz den Eltern die gezahlten Mitgliedsbeiträge für den Besuch ihrer Kinder im Waldorfkindergarten zurückerstatten.

Fazit: Wenn nicht genügend Kindergartenplätze zur Verfügung stehen und auf einen kostenpflichtigen Kindergarten ausgewichen wird, müssen die Kosten von der zuständigen Behörde erstattet werden, wenn der Kindergartenbesuch laut Gesetz kostenfrei sein muss.

(OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 01.09.2016, Az.: 7 A 10849/15.OVG)

(WEI)

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