Kinderlärm als Mangel?

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LG Berlin, Urteil vom 05.09.2016 – 67 S 41/16

Beeinträchtigungen durch Lärm sind ein immer wiederkehrendes Thema und Streitpunkt zwischen Nachbarn, Vermietern und Mietern. Mit Urteil vom 05.09.2016 hat das Landgericht Berlin die Klage einer Mieterin zurückgewiesen und Grundsätze zu dem von Nachbarn hinzunehmenden Lärm von Kleinkindern aufgestellt.

Der Ausgangsstreit: Die Parteien sind über einen Mietvertrag aus dem Jahr 2004 über eine 3,5-Zimmer-Wohnung miteinander verbunden. Die Mieterin fühlt sich seit Ende 2012 durch Lärm aufgrund von Stampfen, Springen, Poltern, Schreien und lautstarken, aggressiven familiären Auseinandersetzungen ihrer Nachbarn beeinträchtigt. Sie verlangt von der beklagten Vermieterin, dass diese die Störung beseitigt, ihr zu viel geleistete Miete zurückzahlt und eine Berechtigung zur Minderung der Miete in Höhe von 50 % bis zur Beseitigung des Mangels akzeptiert. Das Amtsgericht hatte die Klage der Mieterin erstinstanzlich abgewiesen.

Die Entscheidung: Das Landgericht Berlin bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung. Sämtliche, von der Mieterin geltend gemachten Ansprüche und Rechte setzen voraus, dass ein Mangel der Mietsache besteht. Dies ist nach Ansicht des Landgerichts nicht der Fall. Ein Mangel liegt dann vor, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vereinbarten Zustand abweicht. Der vertraglich vereinbarte Zustand ergibt sich zunächst aus den Beschaffenheitsvereinbarungen der Parteien. Fehlen solche Vereinbarungen, wird der zum vertragsgemäßen Verbrauch geeignete Zustand, unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben, nach der Verkehrsanschauung bestimmt.

In dem hier entschiedenen Fall haben die Parteien, wie auch sonst üblich, keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung über die hinzunehmende Belastung durch Lärm und Erschütterungen abgeschlossen. Deshalb muss der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand nach der Verkehrsanschauung bestimmt werden. Hierzu betrachtet das Landgericht zunächst einmal die Hausordnung, die Ruhezeiten vorgibt, und erklärt, dass Kinder in der Wohnung bei ihren Spielen auf Hausbewohner Rücksicht nehmen sollen. Außerdem, so das Landgericht, sollen Eltern ihre Kinder zu einem rücksichtsvollen Verhalten anhalten. Andererseits berücksichtigt das Landgericht, dass es in dem Haus sieben z.T. auch größere Wohnungen gibt und dass solche Wohnungen sich häufig für Familien mit Kindern eignen. Auch wurde das Gebäude mit öffentlichen Mitteln errichtet, die Mieten werden öffentlich gefördert. Solche Wohnungen sind für Familien mit mehreren Kindern besonders attraktiv. In einem solchen Fall sei von Mietern ein höheres Maß an „Geräuschtoleranz“ zu erwarten als von Mietern extrem teurer Altbauwohnungen, Luxusappartements oder als „seniorengerecht“ angebotener Wohnungen. Letztlich sind Kinder im Kleinkindalter nicht wie Erwachsene zu einer differenzierten verbalen Auseinandersetzung und zu einer leisen Art der Fortbewegung fähig. Dies muss von Mitmietern als ein Schritt der natürlichen Entwicklung von Kindern hingenommen werden und entspricht einer normalen Wohnnutzung. Deshalb kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die von der Mieterin beklagten Beeinträchtigungen noch kein Maß erreichen, um einen Mangel darzustellen.

Praxistipp: Unabhängig von der Frage, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, weil sich ein Nachbar rücksichtslos verhält, kann ein Mangel auch darin liegen, dass der Schallschutz der Wohnung nicht den Anforderungen an den Schallschutz zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entspricht. Zu dieser Frage sollte im Prozess gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten als Beweis angegeben werden, da das Gericht dann gezwungen ist, einem solchen Beweisangebot nachzugehen (BGH, Beschluss vom 21.02.2017 – VIII ZR 1/16).

LG Berlin, Urteil vom 05.09.2016 – 67 S 41/16

Beeinträchtigungen durch Lärm sind ein immer wiederkehrendes Thema und Streitpunkt zwischen Nachbarn, Vermietern und Mietern. Mit Urteil vom 05.09.2016 hat das Landgericht Berlin die Klage einer Mieterin zurückgewiesen und Grundsätze zu dem von Nachbarn hinzunehmenden Lärm von Kleinkindern aufgestellt.

Der Ausgangsstreit: Die Parteien sind über einen Mietvertrag aus dem Jahr 2004 über eine 3,5-Zimmer-Wohnung miteinander verbunden. Die Mieterin fühlt sich seit Ende 2012 durch Lärm aufgrund von Stampfen, Springen, Poltern, Schreien und lautstarken, aggressiven familiären Auseinandersetzungen ihrer Nachbarn beeinträchtigt. Sie verlangt von der beklagten Vermieterin, dass diese die Störung beseitigt, ihr zu viel geleistete Miete zurückzahlt und eine Berechtigung zur Minderung der Miete in Höhe von 50 % bis zur Beseitigung des Mangels akzeptiert. Das Amtsgericht hatte die Klage der Mieterin erstinstanzlich abgewiesen.

Die Entscheidung: Das Landgericht Berlin bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung. Sämtliche, von der Mieterin geltend gemachten Ansprüche und Rechte setzen voraus, dass ein Mangel der Mietsache besteht. Dies ist nach Ansicht des Landgerichts nicht der Fall. Ein Mangel liegt dann vor, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vereinbarten Zustand abweicht. Der vertraglich vereinbarte Zustand ergibt sich zunächst aus den Beschaffenheitsvereinbarungen der Parteien. Fehlen solche Vereinbarungen, wird der zum vertragsgemäßen Verbrauch geeignete Zustand, unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben, nach der Verkehrsanschauung bestimmt.

In dem hier entschiedenen Fall haben die Parteien, wie auch sonst üblich, keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung über die hinzunehmende Belastung durch Lärm und Erschütterungen abgeschlossen. Deshalb muss der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand nach der Verkehrsanschauung bestimmt werden. Hierzu betrachtet das Landgericht zunächst einmal die Hausordnung, die Ruhezeiten vorgibt, und erklärt, dass Kinder in der Wohnung bei ihren Spielen auf Hausbewohner Rücksicht nehmen sollen. Außerdem, so das Landgericht, sollen Eltern ihre Kinder zu einem rücksichtsvollen Verhalten anhalten. Andererseits berücksichtigt das Landgericht, dass es in dem Haus sieben z.T. auch größere Wohnungen gibt und dass solche Wohnungen sich häufig für Familien mit Kindern eignen. Auch wurde das Gebäude mit öffentlichen Mitteln errichtet, die Mieten werden öffentlich gefördert. Solche Wohnungen sind für Familien mit mehreren Kindern besonders attraktiv. In einem solchen Fall sei von Mietern ein höheres Maß an „Geräuschtoleranz“ zu erwarten als von Mietern extrem teurer Altbauwohnungen, Luxusappartements oder als „seniorengerecht“ angebotener Wohnungen. Letztlich sind Kinder im Kleinkindalter nicht wie Erwachsene zu einer differenzierten verbalen Auseinandersetzung und zu einer leisen Art der Fortbewegung fähig. Dies muss von Mitmietern als ein Schritt der natürlichen Entwicklung von Kindern hingenommen werden und entspricht einer normalen Wohnnutzung. Deshalb kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die von der Mieterin beklagten Beeinträchtigungen noch kein Maß erreichen, um einen Mangel darzustellen.

Praxistipp: Unabhängig von der Frage, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, weil sich ein Nachbar rücksichtslos verhält, kann ein Mangel auch darin liegen, dass der Schallschutz der Wohnung nicht den Anforderungen an den Schallschutz zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entspricht. Zu dieser Frage sollte im Prozess gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten als Beweis angegeben werden, da das Gericht dann gezwungen ist, einem solchen Beweisangebot nachzugehen (BGH, Beschluss vom 21.02.2017 – VIII ZR 1/16).


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