Kinderpornografie (§ 184b StGB) - Risiken für Lehrer und Beamte

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Kinderpornografie (§ 184b StGB) -  Risiken für Lehrer und Beamte

Der Gesetzgeber hat 2021 die Strafen für Besitz und Verbreitung von
Kinderpornografie deutlich verschärft. Der Tatbestand des § 184b StGB –
„Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte“ – wurde zu einem
Verbrechen ( § 12 Abs. 1 StGB) hochgestuft. Das Gesetz sieht nun eine Mindeststrafe
von einem Jahr Freiheitsstrafe vor.  

Die Intention damals war „Wer Minderjährige missbraucht, wer Bilder oder Videos
davon besitzt oder gar verbreitet, muss die harte Hand des Staates zu spüren
bekommen.“ Dass der Gesetzgeber die sexuelle Selbstbestimmung und den Schutz
von Kindern in den Fokus stellt, ist ein wichtiger und löblicher Schritt.  

Diese Gesetzesverschärfungen schießt jedoch weit über das Ziel hinaus, da kein
minder schwerer Fall in das Gesetz aufgenommen wurde. Bereits der Besitz eines
einzigen Bildes muss mit einer Mindeststrafe von einem Jahr geahndet werden.
Richter und Anwälte prognostizierten schon früh, nun keinen Spielraum mehr für
weniger schwere Fälle zu haben.

In vielen Fällen trifft der Tatbestand aber nicht (nur) pädophile Kriminelle, sondern
immer öfter Kinder und Lehrer.  

Fast die Hälfte derjenigen, die Bilder von nackten Minderjährigen verschicken, sind
selbst noch nicht volljährig. Kinder und Jugendliche schicken sich Nacktbilder über
WhatsApp, Telegram, Snapchat oder Instagram. Ein 14-Jähriger teilt das Foto seiner
jüngeren Klassenkameradin in Unterwäsche im Gruppenchat, aus Spaß oder aus
Rache nach dem Ende ihrer Beziehung. Dabei ahnt kaum einer von ihnen das
Unrecht dieses Posts, geschweige denn seine Tragweite.

Vor der Strafverschärfung hatten die Behörden die Möglichkeit, darauf flexibel zu
reagieren. Niederschwellige Fälle, die aufgrund von digitaler Naivität entstanden sind,
konnten wegen Geringfügigkeit eingestellt werden.

"Gibt nur noch Freispruch oder Verurteilung"

Das ist nun nicht mehr möglich. Diese Möglichkeit sieht das Gesetz nur bei Vergehen
vor, nicht bei Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr. Ob
pädokrimineller Hintergrund oder nicht, die Staatsanwaltschaft muss Anklage
erheben.  

Da im Jugendstrafrecht keine festen Strafgrenzen gelten und sich das Urteil immer am
Erziehungsgedanken orientiert, kann man dort noch flexibel reagieren. Kinder und
Jugendliche werden sicher nicht sofort eine Jugendstrafe erhalten, wenn sie sich
"lustige" kinderpornografische Bilder oder Videos schicken.

Anders sieht es aber bei Eltern und Lehrern aus.  

Es komme nicht selten vor, dass Eltern oder Lehrer ein Foto oder Video mit
kinderpornografischem Material in Schülergruppen finden und zum Beweis ein
Screenshot davon machen oder die Dateien anderweitig sicher. Schon das ist Besitz
von Kinderpornografie. Wenn dann noch Eltern informiert werden und womöglich
auch das betreffende Bild in die Eltern-WhatsApp-Gruppen oder per E-Mail
versenden, ist dies Verbreitung von Kinderpornografie.

Noch schneller rutschen solche Gruppenmitglieder in die Strafbarkeit, wenn das
Smartphone Dateien aus Chatnachrichten automatisch speichert. Im Zweifel
bekommen die Eltern oder Lehrer dann nicht einmal etwas davon mit, dass sie in den
Besitz von Kinderpornografie kommen. Werden die Dateien nach Kenntnisnahme
sodann nicht unwiderruflich gelöscht, droht eine Verurteilung: Und zwar zu
mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe, denn alles andere wäre Rechtsbeugung.

Für Lehrer gilt auch nicht die Privilegierung des § 184b Abs. 5 StGB, der den Besitz
von Kinderpornografie zur Erfüllung von u.a. staatlichen Aufgaben oder dienstlichen
oder beruflichen Pflichten erlaubt. Diese Privilegierung gilt nur für Organe der
Rechtspflege.  

Für Lehrer hat eine solche Verurteilung, auch wenn die Mindeststrafe von einem Jahr
auf Bewährung verhängt wird, weitreichende Konsequenzen. Mit einer Verurteilung
zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr (auch auf Bewährung) erfolgt
automatisch die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, § 24 Abs. 1 Nr. 1
Beamtenstatusgesetz. Spielraum gibt es hier keinen.  

Lehrer sollten daher keinesfalls Beweismittel sichern, sondern diese Aufgabe immer
den Ermittlungsbehörden überlassen.

Foto(s): Strafrechtskanzlei Kolivas - Gerogios Kolivas

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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