Kleines 1x1 Delikt der Steuerhinterziehung (§ 370 AO)

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Was ist eine Steuerhinterziehung?

Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die in § 370 der Abgabenordnung (AO) geregelt ist. Strafbar macht sich, wer vorsätzlich gegenüber dem Fiskus falsche Angaben macht oder erhebliche Tatsachen pflichtwidrig verschweigt. Dadurch müssen Steuern verkürzt oder andere unberechtigte steuerliche Vorteile erlangt werden. Bereits der Versuch ist strafbar.

Beispiele:

  • Ein Selbständiger gibt Einnahmen aus seinem Gewerbebetrieb in der Steuererklärung nicht an und verringert dadurch seinen Gewinn.
  • Ein Steuerpflichtiger gibt keine Steuererklärung ab, obwohl er dazu verpflichtet ist (Unterlassen). Dadurch werden entstandene Steuern nicht rechtzeitig festgesetzt.
  • Ein Unternehmer macht in seiner Umsatzsteuererklärung Vorsteuer aus Rechnungen geltend, obwohl er weiß, dass er damit an einem Umsatzsteuerkarussell mitwirkt.

Manchmal lässt sich nicht ohne weiteres bestimmen, ob eine Steuerverkürzung vorliegt oder nicht. Diese Frage wird anhand der Steuergesetze beantwortet. Die Steuerhinterziehung ist deshalb ein sogenannter Blanketttatbestand, der die gesamte Steuergesetzgebung beinhaltet. Bei einfachen Fällen spielt das keine große Rolle, bei schwierigen steuerrechtlichen Fragen ist es jedoch von entscheidender Bedeutung. Zum Beispiel wird bei vielen sog. Steuersparmodellen kontrovers diskutiert ob es sich „noch“ um eine erlaubte Steuergestaltung (Goldfinger) oder „schon“ um eine vorsätzliche Steuerhinterziehung handelt.  


Welche Strafen drohen?

Steuerhinterziehung ist ein Delikt, das mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden kann. In schweren Fällen drohen 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe. Ein schwerer Fall liegt zum Beispiel vor, wenn Steuern in großem Ausmaß verkürzt wurden (ab 50.000 € pro Tat) oder wenn zur Hinterziehung gefälschte Belege (z.B. falsche Rechnungen) verwendet werden.

Die Steuerhinterziehung kann daher zu sehr hohen Freiheitsstrafen führen, insbesondere wenn große Summen hinterzogen wurden und der Steuerschaden nicht zurückgezahlt werden kann. Das muss aber nicht sein! In sehr vielen Verfahren kommt es nicht zu einer Freiheitsstrafe. Geldstrafen oder eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage (§ 153a StPO) kommen sehr häufig vor. Oft gelingt es außerdem, eine öffentliche Gerichtsverhandlung zu vermeiden.


Gibt es viele Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung?

Eine Besonderheit der Steuerhinterziehung ist, dass fast jeder Steuerpflichtige ein Fall für die Steuerfahndung werden kann. Der Vorwurf kann im Grunde jeden treffen. Die Betroffenen kommen aus den verschiedensten Bevölkerungsgruppen. Deswegen gibt es auch eine große Anzahl von Ermittlungsverfahren. Die Steuerhinterziehung ist ein häufiges Delikt. In 2019 wurden allein von den Steuerfahndungen 54.369 Verfahren abgeschlossen. Weitere 11.707 Verfahren wurden von den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten abschließend bearbeitet.

https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2020/10/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-5-verfolgung-von-steuerstraftaten-pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=5


Wer ermittelt bei Verdacht auf Steuerhinterziehung?

Bei vielen Straftaten ermitteln die Polizei oder die Staatsanwaltschaft. Beim Verfahren wegen Steuerhinterziehung ist es anders. Es gibt eigene Finanzämter, die als Ermittlungsbehörden den alleinigen Auftrag haben Verdachtsfälle ausfindig zu machen und Ermittlungen zu führen. Diese Finanzämter für Fahndung und Strafsachen – kurz: Die Steuerfahndung – ermitteln nicht nur strafrechtlich, sondern sie stellen auch die Besteuerung sicher. Hinterzogene Steuerern sollen also durch Steuerbescheide festgesetzt und eingetrieben werden. Die Finanzverwaltung ermittelt somit als Geschädigte in eigener Sache. Auch aus diesem Grund wird Steuerhinterziehung intensiv verfolgt.


Gegen mich wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Kann ich etwas tun?

Ja! Untätigkeit führt nicht zu günstigen Ergebnissen. Die Steuerfahndung und auch das Finanzamt haben ein Interesse den Fall sowohl steuerlich als auch strafrechtlich zu lösen. Es gibt gar nicht genug Personal, um jeden Fall vor dem Strafgericht und vor dem Finanzgericht streitig durchzufechten. Außerdem sind die meisten Beschuldigten auch in Zukunft noch steuerpflichtig. Der „Steuerhinterzieher“  von heute ist also der Steuerzahler von morgen. Steuerfahndung und Finanzamt dürfen zwar keine Geschenke verteilen, aber es gibt die Möglichkeit mit Augenmaß zu verhandeln. Professionelle Unterstützung durch Steuerberater und Verteidiger ist anzuraten. Wichtig ist natürlich auch, dass man sich nicht unnötig selbst belastet. Zu Beginn eines Verfahrens ist daher Zurückhaltung angebracht. Machen Sie niemals Angaben zum Tatvorwurf ohne vorherige Akteneinsicht und ohne Verteidigungsstrategie.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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