Knie-TEP zu spät gewechselt: 10.000 Euro

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Mit gerichtlichem Vergleich vom 21.09.2016 hat sich ein Krankenhaus verpflichtet, an meine Mandantin 10.000 Euro sowie die außergerichtlichen Gebühren (2,0-Geschäftsgebühr aus dem Erledigungswert zzgl. Auslagenpauschale und MwSt.) zu zahlen.

Die am 27.01.1959 geborene Rentnerin litt unter einer aktivierten Arthrose im linken Kniegelenk. Eine Kernspintomographie ergab eine ausgedehnte Knochennekrose, welche die äußere Unterschenkelrolle erfasst hatte und sich auch in die innere Oberschenkelrolle erstreckte. Die Gelenkskonturen waren noch glatt, der Knorpelüberzug des Tibiaplateaus unauffällig. Auch der retropatellare Gelenkknorpel war unauffällig, ebenso wie der Innen- und Außenmeniskus. Am 25.07.2013 wurde der Klägerin unter Zuhilfenahme eines Navigationsgerätes eine E. Motion-Prothese der Firma Aesculap implantiert. Bei der Aufnahmeuntersuchung im Krankenhaus wurde festgehalten, bei der Mandantin bestünde eine Hemiplegie links nach einer Hirnaneurysmablutung.

Nach der Operation litt die Mandantin unter schwersten Schmerzzuständen und einer erheblichen Schwellung des linken Kniegelenkes. Die vierwöchige Anschlussheilbehandlung brachte keine Schmerzlinderung. Das postoperative Röntgenbild vom 01.08.2013 zeigte eine in beiden Ebenen korrekt implantierte Oberflächenprothese mit knochenschlüssigem Sitz der zementierten Komponenten. Vorhanden war eine leichte Ventralkippung der Oberflächenprothese. Eine Röntgenaufnahme vom 03.09.2013 zeigte in der AP-Projektion eine Aufwulstung der tibialen Kortikalis sowohl medial als auch lateral. In der seitlichen Projektion zeigte sich weiterhin eine Verkippung der Tibiakomponente nach vorne, mit erkennbarer Frakturierung der vorderen Schienbeinkortikalis.

Die wegen persistierender Schmerzen gefertigte Röntgenaufnahme vom 30.09.2013 zeigte die Verkippung der Tibiakomponente noch deutlicher als die Voraufnahme, wobei von einem Einbruch der vorderen Kortikalis auszugehen war. Am 22.10.2013 wurde die Diagnose einer Sinterungsfraktur am Tibiaplateau des linken Kniegelenkes gestellt. Die Ärzte rieten zu einem Wechsel der tibialen Prothesenkomponente. Am 08.11.2013 führten die Ärzte den tibialen Komponentenwechsel durch. Die postoperative Röntgenaufnahme vom 11.11.2013 zeigte den Wechsel der Tibiakomponente und eine Subluxationsstellung im Kniegelenk bei verdrehtem Polyaethyleninlay.

Das Röntgenbild vom 15.11.2013 zeigte die Subluxationsstellung mit der eindeutig erkennbaren Verdrehung des PE-Lagers, eine Revisionsoperation wurde erst am 20.11.2013 durchgeführt. Die postoperative Röntgenkontrolle vom 22.11.2013 des linken Kniegelenks in zwei Ebenen belegte die Luxation des Inlays mit eindeutiger Fehlprojektion der Röntgenmarkierung. Am 28.11.2013 wurde der Wechsel der Oberflächenprothese auf eine achsgeführte Prothese vom Typ Enduro der Firma Aesculap durchgeführt. Trotz anschließender stationärer Rehabilitation und stationärer Schmerzbehandlung konnte eine Schmerzfreiheit bis zum heutigen Zeitpunkt nicht erreicht werden, so dass eine weitere Schmerztherapie empfohlen wurde.

Der gerichtliche Sachverständige hatte bestätigt: Die bicondyläre Oberflächenprothese am 25.07.2013 sei nach dem ärztlichen Facharztstandard eingesetzt worden, was durch das Röntgenbild vom 01.08.2013 bewiesen werde. Weder die spastische Hemiparese des linken Beines noch die präoperativ bekannte Knochennekrose hätten die Verwendung einer achsgeführten Prothese des Kniegelenkes von Anfang an medizinisch notwendig gemacht. Die Osteonekrose habe ausschließlich den Oberschenkelknochen betroffen. Diese sei nicht ursächlich für die Sinterung der Tibiakomponente am vorderen Schienbeinkopf gewesen. Nicht nachvollziehbar sei es aber, dass nach Feststellen des luxierten Polyaethylenlagers am 11.11.2013 und 15.11.2013 nicht umgehend eine Revisions-OP stattgefunden hätte. In beiden Aufnahmen sei eindeutig eine Subluxationsstellung des linken Kniegelenkes mit verdrehtem Inlay erkennbar. Die Revision am 20.11.2013 habe dann eindeutig die Bandinstabilität belegt. Auch jetzt sei lediglich das PE-Lager erhöht worden, was die Problematik des spin outs in den seltensten Fällen löse.

Es sei unverständlich, dass es bis zur erneuten Revision am 02.12.2013 gedauert habe. Zu diesem Zeitpunkt seit der Mandantin erst das achsgeführte Enduro-Knie in zementierter Technik implantiert worden. Allerdings: Die geklagten Beschwerden der Patientin seien nicht auf die Operation im Bereich des linken Kniegelenkes zurückzuführen, sondern auf die neurologische Symptomatik mit stark eingeschränkter Geh- und Stehfähigkeit. Bereits am 08.11.2013 hätte die Implantation einer gekoppelten Knieprothese in Erwägung gezogen werden müssen, spätestens aber am 20.11.2013.

Die Leidenszeit vom 08.11.2013 bis zur Revisions-OP am 02.12.2013 war nach Ansicht des Gerichtes mit einem Betrag in Höhe von 10.000 Euro abzugelten.

(Landgericht Hagen, Vergleich vom 21.09.2016, AZ: 2 O 123/15)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht



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