Kopfschmerztabletten und Arbeitsrecht – Fristlose Kündigung eines IT-Mitarbeiters rechtens

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Obwohl es sich wohl um einen harmlosen „Gag“ handeln sollte, das Arbeitsgericht Siegburg hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines SAP-Beraters wegen missbräuchlicher Verwendung sensibler Kundendaten rechtens ist. Die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters hatte damit in erster Instanz keinen Erfolg, wie Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald von der Kanzlei Gaßmann & Seidel aus Stuttgart berichtet.

Arbeitsgericht Siegburg , Urt. v. 15.01.2020 – gerichtl. Aktenz.: 3 Ca 1793/19

Wie kam es in diesem interessanten Fall zu der Kündigung und dem Rechtsstreit?

Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Bert Howald berichtet: Arbeitnehmer A ist seit 2011 bei dem Unternehmen B als SAP-Berater beschäftigt. Er entdeckt Sicherheitslücken im IT-System eines Kunden C, anhand derer er auf deren Daten Zugriff hat. Davon berichtet er dem B aber nichts. Er lädt von einem verschlüsselten Rechner des Kunden C umfangreiche Daten auf ein privates Speichermedium herunter, darunter befinden sich Namen, Adressen und Bankverbindungsdaten von Kunden des C. A will auf diese Datenlecks aufmerksam machen, dazu verwendet A den Rechner eines Spielcasinos und bestellt von dort aus Kopfschmerztabletten für zwei Vorstandsmitglieder des Kunden. Zu der Bestellung schreibt er an den Vorstand dieser Kundin: Aufgrund der Bestellung könne man sehen, wie einfach Datenmissbrauch sei. Dies müsse bei ihnen zu Kopfschmerzen führen, wobei die bestellten Kopfschmerztabletten durchaus helfen könnten.

Sein Arbeitgeber B findet dies nicht lustig: Er kündigt das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund. A erhebt Kündigungsschutzklage.

Wie hat das Gericht entschieden?

Rechtsanwalt Dr. Howald: Das Arbeitsgericht ist dem A nicht darin gefolgt, der meinte, dass seine Kündigung unwirksam sei. Das Gericht hält die fristlose Kündigung durchaus für gerechtfertigt.

Denn so, wie der A vorgegangen sei, habe er gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers B schwerwiegend verstoßen. Es habe sich schließlich um sensible Kundendaten gehandelt, die unbedingt zu schützen gewesen seien. Dass der A Zugriff auf die Daten des C hatte, hätte ihn nicht dazu veranlassen dürfen, die Daten zu missbrauchen und eine Sicherheitslücke beim Kunden auszunutzen. Als Kunde dürfe man erwarten, dass der Arbeitgeber des A die Daten schütze und nicht etwaige Sicherheitslücken missbrauche. Das Gericht sah es auch nicht als „Entschuldigung“ an, dass der A mit seinem Handeln ja vermeintliche Sicherheitslücken aufdecken wollte. Kundendaten dürfen unter keinen Umständen missbraucht werden. Das sei auch ein so massiver Vertrauensverstoß bei dem Kunden, dass die Geschäftsbeziehung des Arbeitgebers mit diesem gefährdet worden sei.

Was halten Sie von dieser Entscheidung, Herr Dr. Howald?

Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Howald: Die Entscheidung überzeugt letztlich, auch wenn man sich schon die Frage stellt, ob die Geschäftsbeziehung tatsächlich gelitten hat oder ob diese zugegeben etwas unkonventionelle Art der Fehlerkontrolle nicht vielleicht mit Humor beim Kunden aufgenommen worden sein könnte. Der Kunde könnte ja auch den Hinweis auf das Datenleck als hilfreich empfunden haben. Äußerst problematisch ist allerdings, dass der A die Kundendaten auf einen privaten Speicherstick gezogen hat und offenbar einen externen Rechner für seine „Aktion“ verwendet hat. Dies diente wohl Demonstrationszwecken, ist aber trotzdem besonders fragwürdig, wenn man daran denkt, dass das Bundesdatenschutzgesetz bei der Verwendung sensibler, fremder Daten strenge Vorgaben macht. Einem IT-Mitarbeiter muss klar sein, dass man so mit Kundendaten nicht umgehen darf.

Wird die Entscheidung Bestand haben?

Es handelt sich um eine erstinstanzliche Entscheidung, diese kann von der unterlegenen Partei, hier dem A, mit der Berufung angegriffen werden. Man kann also heute noch nicht mit absoluter Gewissheit sagen, ob es bei der fristlosen Kündigung bleibt.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Gaßmann & Seidel Rechtsanwälte PartmbB, Stuttgart


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