Krankgeschrieben: Darf man im Nebenjob trotzdem arbeiten?

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Ein Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer bzw. einen Arbeitsvertrag immer dann fristlos – also ohne Einhalten einer Kündigungsfrist – kündigen, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt.

Ob ein solcher wichtiger Grund vorliegt, wenn ein Mitarbeiter sich als arbeitsunfähig krankschreiben lässt, aber während der Phase der Arbeitsunfähigkeit einen Nebenjob ausübt – darüber urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil v. 26.08.1993, Az.: 2 AZR 154/93).

Arbeit trotz Arbeitsunfähigkeit: Kündigung möglich 

Als Arbeitnehmer kann man sich krankschreiben lassen, wenn man derart erkrankt ist, dass man seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nicht nachkommen kann, wenn man also „arbeitsunfähig erkrankt“ ist.

War/ist man nicht arbeitsunfähig erkrankt, lässt man sich dennoch krankschreiben und geht in dieser Zeit einer anderen Tätigkeit nach, kann das jedoch Grund für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber sein. Denn dieses Verhalten kann ein wichtiger Grund für eine Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB sein.  

Fall vor dem Bundesarbeitsgericht 

Vor dem BAG ging ein Arbeitnehmer gegen die fristlose Kündigung durch seinen Arbeitgeber vor.

Nachdem er für mehr als zwei Jahre als Schlosser im Unternehmen des Arbeitgebers gearbeitet hatte, war ihm fristlos gekündigt worden. Das geschah, als der Arbeitgeber erfuhr, dass der Mitarbeiter trotz Krankschreibung bzw. während der Krankschreibung einen Nebenjob als Reinigungskraft ausübte. Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht sei und sprach deswegen die fristlose Kündigung aus.

Der Arbeitnehmer hatte jedoch eine ordnungsgemäße ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) für die Zeiträume der (vermeintlichen) Erkrankung vorgelegt und war der Auffassung, dass sein Verhalten den Arbeitgeber nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen würde.

Er sei tatsächlich so krank gewesen, dass er seine schwere Arbeit als Schlosser beim Arbeitgeber nicht habe ausführen können. Insofern wäre er arbeitsunfähig im Hinblick auf seine arbeitsvertraglichen Pflichten bei seinem Hauptarbeitgeber gewesen. Die leichten Putzarbeiten hätte er aber bewältigen können – auch mit seiner Erkrankung. Seine Gesundung habe sich durch diese leichte Nebentätigkeit auch nicht hinausgezogen.  

Urteil des BAG 

Die Richter des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts gaben dem Arbeitnehmer in seiner Auffassung Recht. Der Arbeitnehmer habe die AU nicht vorgetäuscht, das sei durch das Vorliegen der AU-Bescheinigung soweit bewiesen.

Und auch die Richter des BAG schlossen sich dieser Auffassung an: eine ärztliche AU beweist in aller Regel die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bzw. sei sogar der wichtigste Beweis für die Tatsache der „krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit“. Der Beweis des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer trotz AU und während der Zeit der Krankschreibung einer anderweitigen Beschäftigung nachging, würde die Beweiskraft der AU jedoch im Zweifel entkräften.  

Es sei daher noch nicht endgültig bewiesen, ob der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht habe oder ob er tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war – arbeitsunfähig in Bezug auf die Arbeitsverpflichtung bei seinem Hauptarbeitgeber. Diese Sachaufklärung würde fehlen – weshalb das BAG die Sache an das zuständige Landesarbeitsgericht zur Sachaufklärung zurückverwies.

Der Arbeitnehmer sei in der Pflicht nachzuweisen, dass er zwar gesundheitlich in der Lage war, einer einfachen Reinigungstätigkeit nachzugehen. Er müsse aber zugleich auch nachweisen, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, seiner eigentlichen Hauptarbeit nachzugehen.

Folgen der Entscheidung für Arbeitnehmer 

Wer während einer Krankschreibung inkl. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dennoch einer anderen Arbeit nachgeht, riskiert unter Umständen eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber. Denn der Verdacht, die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht zu haben, liegt natürlich nahe.

Wer während einer ordnungsgemäßen Krankschreibung ggf. einer leichteren Tätigkeit nachgehen will, die die konkrete Erkrankung auch ohne weiteres zulässt – z. B. Bürojob statt Baustelle – sollte sich aber ggf. ärztlich bescheinigen lassen, dass diese leichtere Tätigkeit unbedenklich ist und auch die Genesung nicht verzögert.

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