Krankschreibung in Kündigungsfrist: Keine Entgeltfortzahlung?

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Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz “Ohne Arbeit kein Lohn” nicht uneingeschränkt. Wer mittels Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes eine unverschuldete Krankheit nachweisen kann, bekommt das Arbeitsentgelt im Rahmen der Entgeltfortzahlung für einen begrenzten Zeitraum weiterhin. Wenn aber Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis mittels Kündigung beenden und dann in der Kündigungsfrist eine Krankschreibung vorlegen, besteht schnell der Verdacht einer missbräuchlichen Nutzung. Kann das zu einem Ende der Entgeltfortzahlung führen?

Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

In §5 Absatz 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz ist festgelegt, dass der Arbeitnehmer bei längerer Krankheit eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen hat, aus der sich die Arbeitsunfähigkeit ergibt. Dieser Bescheinigung kommt durch diese gesetzliche Regelung aber auch durch das hohe Ansehen der Ärzteschaft ein hoher Beweiswert zu.Das gilt allerdings nicht uneingeschränkt, beispielsweise dann, wenn der Arbeitgeber plausibel darlegen kann, dass der Arbeitnehmer nicht krank war. So rechtfertigt die Teilnahme an einer öffentlichen Feier während der Krankheitszeit nach Ansicht des Arbeitsgericht Siegburg sogar eine fristlose Kündigung (Urteil vom 1. Dezember 2022 – 5 Ca 1200/22). Es ist aber auch ausreichend, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten ernstliche Zweifel an einer tatsächlich vorliegenden Krankheit weckt, beispielsweise durch die vorherige Ankündigung einer Arbeitsunfähigkeit oder wenn der Zeitraum der Krankschreibung sich zufällig mit einem vorherig eingereichten und nicht genehmigten Urlaub deckt. Bei der Beurteilung, welche Tätigkeiten während einer Arbeitsunfähigkeit zulässig sind, ist auch auf die Krankheit zu achten. So beurteilte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz das Spielen von Fußball als unbedenklich, wenn die Krankschreibung auf einer Depression beruhte (Urteil vom 7. Juli 2015 – 7 Sa 672/14). Das Fußballspielen sei sogar sinnvoll und hindere gerade nicht die Heilung. Es komme darauf an, ob durch die Handlung der Heilungserfolg gefährdet werde. Damit stellen auch das Einkaufen von Lebensmitteln und ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft keine Gefahr für den Beweiswert einer Krankschreibung dar. Erlaubt ist, was den Heilungserfolg fördert.

Zusammentreffen von Krankheit und Kündigung

Probleme drohen allerdings dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit selbst Auffälligkeiten aufweist. So klagte sich ein Arbeitnehmer bis zum Bundesarbeitsgericht, weil der Arbeitgeber ihm die Entgeltfortzahlung in der Kündigungsfrist verweigert hatte. Da Kündigungsfrist und Krankschreibung einen identischen Zeitraum von 14 Tagen umfassten, ging der Arbeitgeber davon aus,
 dass der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kein ausreichender Beweiswert mehr zukäme.Während das Landesarbeitsgericht Niedersachsen noch zugunsten des Arbeitnehmers entschied, konnte das Bundesarbeitsgericht dem nicht folgen. Es führte aus, dass es dem Arbeitnehmer zumutbar gewesen sei, die Krankschreibung im Prozess durch weitere Beweise zu untermauern (Urteil vom 8. September 2021 – 5 AZR 149/21). Arbeitnehmer sollten daher immer auf entsprechende Indizien achten und im Streitfall vor Gericht auf die Zeugenaussage des behandelnden Arztes zurückgreifen, der genaues zu den Hintergründen der Krankschreibung vortragen kann. Einen solchen Beweis hat das BAG jedenfalls explizit für zulässig gehalten.

SBS Legal Rechtsanwälte


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