Kündigung erhalten – was nun? Der Ablauf des Kündigungsschutzverfahrens aus Arbeitnehmersicht

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Der Erhalt eines Kündigungsschreibens ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufig ein großer Schock. Egal, ob Konflikte vorausgegangen sind oder ob dies –zumindest aus Arbeitnehmersicht- nicht der Fall war: dass der Arbeitgeber durch die schriftliche Kündigung nun seinen Willen, das Arbeitsverhältnis zu beenden, unmissverständlich zum Ausdruck bringt, trifft die Betroffenen oft wie ein Blitz aus heiterem Himmel und es stellt sich die Frage, wie nun vorzugehen ist, um mit dieser schwierigen und sehr belastenden Situation, die häufig auch mit Zukunftsängsten verbunden ist, bestmöglich umzugehen.


Es ist ratsam, sich zeitnah an einen Profi zu wenden, also an einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Arbeitsrecht mit entsprechender langjähriger Berufserfahrung, insbesondere auf dem Gebiet des Kündigungsschutzrechts, der/die mit Ihnen gemeinsam die nun erforderlichen Schritte in Ruhe bespricht und einleitet. Der erste Kontakt sollte möglichst innerhalb weniger Tage nach Erhalt der Kündigung erfolgen, denn es laufen Fristen, die einzuhalten sind. Neben der erforderlichen Fachkenntnis ist wichtig, dass Sie sich auch menschlich gut aufgehoben, ernst genommen und verstanden fühlen. Ein guter Arbeitsrechtler / eine gute Arbeitsrechtlerin und Experte für Kündigungsschutzrecht kann aufgrund langjähriger Berufserfahrung nachempfinden, wie es Ihnen jetzt geht, zeigt dementsprechend Verständnis und nimmt sich auch die nötige Zeit. 


Gegen eine Kündigung kann nur innerhalb von 3 Wochen ab Zugang Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. Verstreicht die Frist, gilt die Kündigung als wirksam und es besteht keine Chance mehr, sich gegen diese erfolgreich zu wehren oder zumindest noch eine finanzielle Entschädigung in Form einer Abfindung zu erwirken.


Zunächst einmal muss als entscheidende Vorfrage geklärt werden, ob das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Das ist der Fall, wenn es sich beim Arbeitgeber nicht um einen Kleinbetrieb handelt (mehr als 10 Arbeitnehmer, bis 31.12.2003: mehr als 5 Arbeitnehmer) und wenn das Arbeitsverhältnis mindestens 6 Monate bestand (Erfüllung der Wartefrist). Außerdem ist zu prüfen, ob die nach dem Arbeitsvertrag, dem Tarifvertrag oder dem Gesetz einschlägige Kündigungsfrist gewahrt wurde und ob das Ihnen übergebene Kündigungsschreiben von der zuständigen Person mit einer Originalunterschrift unterzeichnet wurde. Falls ein Betriebsrat/Personalrat besteht, ist außerdem zu thematisieren, ob dieser vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört wurde.


Das Kündigungsschutzgesetz sieht drei Arten von Kündigungsgründen vor: verhaltensbedingte (in der Regel mit vorausgegangenen Abmahnungen), personenbedingte (Hauptfall: häufige Kurzzeiterkrankungen oder Langzeiterkrankung) oder betriebsbedingte Kündigungen. Allerdings muss im Kündigungsschreiben zu den Kündigungsgründen noch nichts ausgeführt werden.


Wichtig ist auch, dass Anwalt/Anwältin und Mandant/Mandantin möglichst frühzeitig und offen darüber sprechen, was durch die Klage schlussendlich erreicht werden soll: geht es, entsprechend dem formalen Klageantrag, tatsächlich um die Feststellung, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist und wird somit die Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz angestrebt? Oder ist durch den Ausspruch der Kündigung das Vertrauensverhältnis so zerrüttet, dass auch vom Beschäftigten die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber gar nicht mehr erwünscht ist? Diese Erkenntnis kann sich selbstverständlich auch erst im Lauf des Verfahrens einstellen. Die persönliche Meinung dazu ändert sich häufig, wenn etwas Zeit verstrichen ist. 


Sofern der Arbeitnehmer sich umorientieren möchte und somit keine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz gewünscht ist, wird Ihr Anwalt/Ihre Anwältin im Gütetermin, danach oder auch schon davor mit der Gegenseite in Verhandlungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung eintreten. Denn Kündigungsschutzklagen enden in der überwiegenden Anzahl der Fälle mit dem Abschluss eines sog. Abfindungsvergleichs: der Mitarbeitende akzeptiert die Kündigung, erhält aber als sozialen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindungszahlung. Ein gerichtlicher Vergleich kann darüber hinaus noch weitere Regelungspunkte enthalten, beispielsweise zum Arbeitszeugnis, zum Thema Freistellung, zum Resturlaub / Überstunden, zu rückständiger Vergütung, zu Bonuszahlungen, zur betrieblichen Altersvorsorge, zu Fortbildungskosten, zum Thema Turboklausel etc. Wichtig ist außerdem, dass die Passage zur einvernehmlichen Beendigung so formuliert ist, dass die Agentur für Arbeit keine Sperrfristen beim Bezug des Arbeitslosengeldes verhängt.


Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache und richtet sich unter anderem nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und nach der Höhe des letzten durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes. Als ‚Faustformel‘ für die Höhe wird häufig ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr genannt, allerdings kann hiervon –je nach den Umständen des Einzelfalls- auch nach oben oder nach unten abgewichen werden.  


Eine vergleichsweise Einigung kann entweder im Gütetermin oder unabhängig davon auch jederzeit im schriftlichen Verfahren fixiert werden. Kommt es nicht zu einer Einigung, werden beiden Seiten Fristen zum weiteren schriftlichen Vortrag gesetzt. In der Regel muss der Arbeitgeber zunächst auf die Klage erwidern und die Arbeitnehmerseite kann dann hierzu erneut Stellung nehmen. Mehrere Monate nach dem Gütetermin findet der sog. Kammertermin statt, an dem auch zwei ehrenamtliche Richter teilnehmen, und zwar einer aus dem Arbeitnehmer- und einer aus dem Arbeitgeberlager. Falls es im Kammertermin erneut nicht zu einer Einigung kommt, ergeht nachfolgend ein Urteil. Damit ist die 1. Instanz abgeschlossen. 


Wenn Ihnen eine Kündigung zugegangen ist, sollten Sie nicht zu lange abwarten. Melden Sie sich gerne unverbindlich, damit die Handlungsoptionen besprochen und ggfs. rechtzeitig weitere Schritte eingeleitet werden können.



Natalie Pfeifle-Dirschka

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Zertifizierte Beraterin

für Kündigungsschutzrecht (VDAA e.V.)


(Stand: Februar 2024)





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