Kündigung im Arbeitsrecht: Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten müssen.

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Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist oft ein einschneidendes Ereignis – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Während Arbeitnehmer um ihre Existenz bangen, müssen Arbeitgeber rechtliche Vorgaben einhalten, um keine Angriffsfläche für Kündigungsschutzklagen zu bieten. 

I. Was Arbeitnehmer nach einer Kündigung beachten müssen

1. Prüfen, ob die Kündigung wirksam ist

Nicht jede Kündigung ist rechtlich wirksam. Arbeitnehmer sollten zunächst die Kündigung auf wesentliche Aspekte hin überprüfen:

  • Schriftform: Nach § 623 BGB muss jede Kündigung schriftlich erfolgen. Kündigungen per E-Mail, WhatsApp oder mündlich sind unwirksam.
  • Angabe des Kündigungsgrunds: Bei außerordentlichen Kündigungen ist der Grund auf Verlangen des Arbeitnehmers mitzuteilen (§ 626 Abs. 2 BGB).
  • Kündigungsfrist: Die im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetz geregelte Kündigungsfrist muss eingehalten werden. Eine fristlose Kündigung ist nur in Ausnahmefällen möglich und kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, § 626 Abs. 2 BGB.

2. Schnell handeln – Die 3-Wochen-Frist

Arbeitnehmer haben nur drei Wochen Zeit, um nach Zugang gegen eine Kündigung vorzugehen (§ 4 KSchG). Läuft diese Frist ab, wird die Kündigung automatisch wirksam, auch wenn sie möglicherweise rechtswidrig war.

3. Kündigungsschutz prüfen

Der Kündigungsschutz hängt von der Größe des Unternehmens und der Betriebszugehörigkeit ab:

  • Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem KSchG: Dieser greift in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als sechs Monaten. Die Kündigung muss dann sozial gerechtfertigt sein (z. B. betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt).
  • Besonderer Kündigungsschutz: Bestimmte Arbeitnehmergruppen wie Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder genießen einen erhöhten Kündigungsschutz. Ihre Kündigung bedarf häufig der Zustimmung einer Behörde.

4. Meldung bei der Arbeitsagentur

Nach Erhalt der Kündigung muss sich der Arbeitnehmer spätestens drei Tage später bei der Arbeitsagentur arbeitsuchend melden, um Kürzungen beim Arbeitslosengeld zu vermeiden.

5. Zeugnis und Ansprüche sichern

Arbeitnehmer sollten auf die Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses bestehen. Zudem ist zu prüfen, ob noch Ansprüche auf Urlaubsabgeltung, Überstundenvergütung oder Prämien bestehen, die durch die Kündigung nicht automatisch entfallen.

II. Was Arbeitgeber bei einer Kündigung beachten müssen

1. Kündigungsgrund prüfen

Eine Kündigung muss rechtlich begründet sein. Arbeitgeber können zwischen drei Arten von Kündigungsgründen unterscheiden:

  • Betriebsbedingte Kündigung: Diese ist zulässig, wenn der Arbeitsplatz aufgrund von Restrukturierungen oder Auftragsmangel entfällt. Es muss eine Sozialauswahl durchgeführt werden, bei der Arbeitnehmer mit besonderen sozialen Schutzbedürfnissen (z. B. Alter, Betriebszugehörigkeit) bevorzugt bleiben.
  • Personenbedingte Kündigung: Hier muss der Grund in der Person des Arbeitnehmers liegen, z. B. langanhaltende Krankheit oder fehlende Eignung.
  • Verhaltensbedingte Kündigung: Diese setzt ein steuerbares Fehlverhalten des Arbeitnehmers voraus, z. B. wiederholtes Zuspätkommen oder Diebstahl. Eine vorherige Abmahnung ist in der Regel erforderlich.

2. Formale Anforderungen einhalten

Arbeitgeber müssen bei der Kündigung zahlreiche formale Anforderungen beachten, darunter:

  • Schriftform: Die Kündigung muss schriftlich und vom Arbeitgeber unterschrieben sein.
  • Betriebsrat anhören: In Betrieben mit Betriebsrat ist dieser vor Ausspruch der Kündigung anzuhören (§ 102 BetrVG). Eine Missachtung macht die Kündigung unwirksam.
  • Fristen einhalten: Die Kündigungsfristen müssen gemäß Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder § 622 BGB eingehalten werden.

3. Besonderer Kündigungsschutz

Bei Arbeitnehmern mit besonderem Kündigungsschutz (z. B. Schwangere, Schwerbehinderte) ist die Kündigung nur nach Zustimmung der zuständigen Behörden zulässig.

4. Risiken einer Kündigungsschutzklage beachten

Eine Kündigungsschutzklage ist für den Arbeitgeber mit erheblichen Risiken verbunden. Stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest, muss der Arbeitnehmer wiedereingestellt und ggf. entgangener Lohn nachgezahlt werden. Daher ist eine rechtssichere Vorbereitung der Kündigung entscheidend.

III. Wann steht einem Arbeitnehmer eine Abfindung zu?

1. Kein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung

Grundsätzlich gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung bei einer Kündigung. Viele Arbeitnehmer gehen jedoch davon aus, dass ihnen eine Abfindung zusteht – dies ist ein weitverbreiteter Irrtum. Eine Abfindung kommt meist nur in folgenden Fällen in Betracht:

  • Aufhebungsvertrag: Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich einvernehmlich auf eine Abfindung einigen, um das Arbeitsverhältnis zu beenden.
  • Sozialplan: In größeren Betrieben sind bei Restrukturierungen häufig Sozialpläne vorgesehen, die Abfindungen regeln.
  • Urteil oder Vergleich im Kündigungsschutzverfahren: Gerichte entscheiden selten direkt über Abfindungen, vermitteln aber häufig einen Vergleich, bei dem der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verzichtet.

2. Höhe der Abfindung

Die Höhe der Abfindung wird in der Regel nach der Faustformel berechnet: Bei betriebsbedingten Kündigungen werden 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr regelmäßig veranschlagt. Allerdings hängt die tatsächliche Abfindungshöhe von den Verhandlungen zwischen den Parteien ab.

3. Verhandlungsspielraum nutzen

Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber können die Möglichkeit einer Abfindung nutzen, um ein Kündigungsschutzverfahren zu vermeiden:

  • Für Arbeitnehmer: Eine Klage kann den Verhandlungsspielraum für eine Abfindung erhöhen, insbesondere wenn die Erfolgsaussichten der Klage gut sind.
  • Für Arbeitgeber: Eine Abfindung kann den Rechtsfrieden sichern und kostspielige Gerichtsverfahren vermeiden.

IV. Fazit und Handlungsempfehlungen

Für Arbeitnehmer:

  • Prüfen Sie die Kündigung auf formale und inhaltliche Mängel.
  • Reagieren Sie schnell und lassen Sie sich rechtlich beraten, insbesondere in den ersten drei Wochen nach Zugang der Kündigung.
  • Eine Klage kann nicht nur zur Weiterbeschäftigung führen, sondern auch den Verhandlungsspielraum für eine Abfindung verbessern.

Für Arbeitgeber:

  • Bereiten Sie Kündigungen sorgfältig vor, um unnötige Risiken und teure Verfahren zu vermeiden.
  • Achten Sie auf die Einhaltung aller formalen und rechtlichen Anforderungen, insbesondere bei betriebsbedingten Kündigungen und Sozialauswahl.

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist ein komplexes Thema, das oft rechtliche Streitigkeiten nach sich zieht. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sollten daher rechtzeitig rechtlichen Rat einholen, um ihre Rechte zu wahren und Risiken zu minimieren.

Foto(s): RITTER Rechtsanwälte

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