Kündigung während der Probezeit – Kann sich eine Kündigungsschutzklage lohnen?

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Entgegen der weit verbreiteten Ansicht kann eine Kündigungsschutzklage gegen eine während der ersten 6 Monate des Beschäftigungsverhältnisses zugegangene Kündigung durchaus zum Erfolg führen. Zwar ist das Kündigungsschutzgesetz während der sogenannten Wartefrist von 6 Monaten nicht anwendbar. Für die Wirksamkeit der Kündigung bedarf es somit nicht eines persönlichen, verhaltensbedingten oder betrieblichen Grundes. Jedoch bestehen neben dem Kündigungsschutzgesetz weitere Vorschriften und Voraussetzungen, deren Nichteinhaltung oder ein Verstoß gegen diese eine Kündigung unwirksam machen. Die Punkte werden in der Praxis nicht selten von Arbeitgebern übersehen mit der Folge, dass die Kündigungen angreifbar sind. Gern gebe ich Ihnen einen kurzen Überblick:

  1. Formale Anforderungen an eine wirksame Kündigung

Auch bei einer Kündigung während der ersten sechs Monate eines Beschäftigungsverhältnisses sind die formalen Anforderungen an eine Kündigung einzuhalten. Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen. Eine bloße mündliche Erklärung oder eine Zusendung per E-Mail reichen nicht aus. Weiter muss die Kündigung von einem ordnungsgemäß Bevollmächtigten durch Originalunterschrift unterzeichnet sein. Bevollmächtigte sind grundsätzlich bei Einzelunternehmen der Inhaber und bei juristischen Personen die Personen, die im Handelsregister als Vertreter der Gesellschaft eingetragen sind. Zum Beispiel bei einer GmbH sind das die Geschäftsführer und die Prokuristen, sofern sie laut Handelsregister alleinvertretungsberechtigt sind. Sofern der Arbeitgeber einen Personalchef hat, ist auch dieser berechtigt, eine Kündigung zu unterschreiben. Bei allen anderen Personen ist es grundsätzlich erforderlich, dass sie der Kündigungserklärung eine Originalvollmacht beifügen, aus der sich ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung ergibt.

Insbesondere bei Kündigungen, die in den letzten Tagen der Wartefrist ausgesprochen werden, hat der Arbeitnehmer gute Chancen, gegen die Kündigung vorzugehen, da der Arbeitgeber aufgrund der Enge der Zeit schwer eine weitere Kündigung an den Arbeitnehmer übermitteln kann. Hier habe ich in meiner Praxis schon für Arbeitnehmer gute Erfolge erzielt, beispielsweise durch Abschluss eines Vergleiches. Wichtig ist, dass die mangelnde Bevollmächtigung unverzüglich gegenüber dem Arbeitgeber gerügt wird, damit der Arbeitnehmer sich darauf im Prozess berufen kann. Somit sollte sich ein Arbeitnehmer unmittelbar nach dem Erhalt einer Kündigung beraten lassen.

  1. Beteiligung des Betriebsrates

Sofern sich beim Arbeitgeber ein Betriebsrat gebildet hat, ist für die Wirksamkeit einer Kündigung dessen vorherige ordnungsgemäße Beteiligung erforderlich und zwar unabhängig von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Sollte der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sein, ist die Kündigung unwirksam.

  1. Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung

Vor Ausspruch der Kündigung eines schwerbehinderten oder diesen gleichgestellten behinderten Menschen hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß zu beteiligen. Diese Pflicht gilt auch vor Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist. Ob der Arbeitgeber Kenntnis von der Schwerbehinderung oder Gleichstellung hat, ist nicht maßgeblich. Die Pflicht des Arbeitgebers, die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß zu beteiligen, ist lediglich an den Tatbestand der Schwerbehinderung oder Gleichstellung angeknüpft, nicht an die Kenntnis. Eine Kündigung, die ohne ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt, ist unheilbar unwirksam.

 

  1. Kündigung einer nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) geschützten Person ohne die Zustimmung des Amtes für Arbeitsschutz

Der Schutz nach dem Mutterschutzgesetz gilt mit Beginn des Arbeitsverhältnisses. Eine Kündigung ist nur zulässig, sofern vor Ausspruch der Kündigung das Amt für Arbeitsschutz diese ausnahmsweise für zulässig erklärt hat. Auch diese Wirksamkeitsvoraussetzung gilt für Kündigungen während der ersten sechs Monate des Beschäftigungsverhältnisses.

  1. Mindestkündigungsschutz auch für Kündigungen innerhalb der Wartefrist

Bei jeder Kündigung, auch solche innerhalb der Wartefrist oder in einem Kleinbetrieb, wird ein gewisser Mindestkündigungsschutz gewährt. Eine Kündigung darf nicht gegen die guten Sitten oder gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Weiter gilt bei jeder Kündigung ein Verbot des Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot, gegen die Meinungsfreiheit, gegen das Grundrecht der Koalitionsfreiheit, gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie ein Diskriminierungsverbot. Schließlich kann eine Kündigung durch vertragliche oder tarifvertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen sein.

Ob in Ihrem Fall die Kündigung gegen den Mindestkündigungsschutz verstößt, hängt von dem zu Grunde liegenden Sachverhalt ab. Zum Beispiel wäre eine Kündigung einen Tag nachdem Sie Ihr Streikrecht ordnungsgemäß ausgeübt haben, wohl ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit und somit wohl unwirksam.  

Zusammenfassung

Es gibt somit gute Gründe, eine Kündigung, die vor Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist zugegangen ist, juristisch überprüfen zu lassen. Bitte beachten Sie, dass eine Kündigung als wirksam gilt, sofern der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung vor dem zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben hat. Weiter kann es zum Erhalt von Einwendungen – zum Beispiel die nicht ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Unterzeichners - erforderlich sein, unverzüglich tätig zu werden.

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