Kündigung wegen übler Nachrede per WhatsApp

  • 4 Minuten Lesezeit

Heutzutage geht nichts mehr ohne WhatsApp! Dabei sind beleidigende Äußerungen gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten immer wieder Anlass, dass Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen. Dies gilt auch dann, wenn die Ehrverletzung nicht in einer herabsetzenden Bewertung (z.B. „Penner", "Versager"), sondern in einer unzutreffenden rufschädigenden Tatsachenbehauptung besteht, z.B. „Spesenbetrüger „, „Alkoholiker „).

Achtung: Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beleidigung oder rufschädigende Tatsachenbehauptung gegenüber dem Betroffenen oder aber in dessen Abwesenheit gegenüber Dritten geäußert wird.

Über einen derartigen Fall einer rufschädigenden Äußerung über einen Arbeitskollegen per WhatsApp hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu entscheiden und zwar durch Urteil vom 14. März 2019. Dabei stellt sich die Frage, wie weit geht die Vertraulichkeit eines Gespräches unter Kollegen, und zwar dann, wenn eine Arbeitnehmerin per WhatsApp das Gerücht an einen Kollegen weitergibt, der im Betrieb beschäftigte Vater des Geschäftsführers sei ein verurteilter Vergewaltiger.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg kurz und knapp: Verbreitet eine Arbeitnehmerin per WhatsApp das Gerücht, ein Kollege sei wegen Vergewaltigung verurteilt worden, kann dies eine fristlose Übung Kündigung rechtfertigen.

Der Streitfall im Einzelnen: Eine Arbeitnehmerin, die erst seit ein paar Tagen beim Arbeitgeber beschäftigt war, hat an eine Kollegin, die bereits längere Zeit am beim Arbeitgeber beschäftigt war, das unzutreffende Gerücht mitgeteilt, der im Betrieb als Arbeitnehmer beschäftigte Vater des Geschäftsführers sei wegen Vergewaltigung verurteilt worden.

Die WhatsApp Kommunikation sah wie folgt aus:

„Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber er soll ein verurteilter Vergewaltiger sein, deswegen will ganz L. nichts mehr mit ihm zu tun haben."

Die Arbeitskollegin antwortete, sie werde jetzt alles unternehmen, dass beide dort rauskommen, sie sei geschockt, sie wisse zwar, dass er viel Scheiße gebaut habe, aber das …

Daraufhin die erst kurzfristig beschäftigte Arbeitnehmerin und Klägerin: „Ich habe auch die Augen aufgerissen, habe erzählt, wo ich arbeite und die Leute erzählen mir sowas."

Die Arbeitskollegin fragte dann: "Ja gibt's da irgendein Urteil oder so und wann soll das denn gewesen sein?"

Daraufhin die Klägerin: „Keine Ahnung, das haben die Leute nicht dazugesagt, aber ganz ehrlich EHRLICH für so jemanden werde ich nicht arbeiten. Und DU auch nicht."

Die Arbeitskollegin daraufhin: Ich lasse mir etwas einfallen, Mäuschen. Sowas ist schon eine krasse Behauptung.

Die Klägerin daraufhin: „Das haben mir mehrere Leute unabhängig voneinander erzählt. Er soll früher wohl auch Betrug in der Versicherungsbranche durchgeführt haben. Das soll aber nie angezeigt worden sein. Ich weiß es auch nicht, aber die Leute, die mir das erzählt haben, haben noch nie Mist erzählt. Bin auch schockiert gewesen, als ich das gehört habe. Habe sogar kurzfristig überlegt, ihn mit den Behauptungen zu konfrontieren."

Die WhatsApp Gesprächspartnerin, also die bereits seit längeren Jahren beschäftigte Arbeiternehmerin offenbarte sich daraufhin dem Geschäftsführer, der der erst seit kurzem beschäftigten Arbeitnehmerin daraufhin fristlos kündigte. Hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung erklärte er eine ordentliche Kündigung, und zwar mit 2-wöchiger Frist, da die Parteien eine Probezeit vereinbart hat.

Die Klägerin erhob darauf gegen die fristlose Kündigung Kündigungsschutzklage und hatte damit vor dem Arbeitsgericht Stuttgart Erfolg. Das Arbeitsgericht bewertete dabei die Vertraulichkeit der Kommunikation zugunsten der Klägerin, da sie nur mit einer Gesprächspartnerin per WhatsApp kommuniziert hatte, und nicht im Gruppenchat.

Das Landesarbeitsgericht hob das Urteil aber auf und wies die Klage ab.

Im Urteil heißt es wie folgt:

Die Klägerin hatte eine sehr schwerwiegende sogenannte üble Nachrede begangen, d. h. sie hatte unrichtige und (extrem) rufschädigende Tatsachenbehauptungen über den Vater des Geschäftsführers verbreitet. Dabei verwies das Gericht darauf, dass das hier gestreute Gerücht einer (Verurteilung wegen) Vergewaltigung immerhin ein erhebliches, mit einer Mindestfreiheitsstrafe von 2 Jahren bedrohtes Verbrechen betraf.

Aufgrund der kurzen Beschäftigungsdauer sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin außerdem, nämlich als weiteres Gerücht, behauptet hatte, der Vater des Geschäftsführers habe schon einmal einen Versicherungsbetrug begangen, bewertete das Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung als wirksam.

Dabei äußerte sich das Landesarbeitsgericht zu einer möglichen Vertraulichkeit der WhatsApp-Kommunikation nicht, obwohl es dazu aufgrund der BAG-Rechtsprechung Anlass gehabt hätte. Es liegt aber kein Widerspruch zum Bundesarbeitsgericht vor, und zwar aus folgendem Grund:

Wer gegenüber einem Kollegen im „vertraulichen Gespräch" (unwahre) Gerüchte weitergibt, ein anderer Betriebsangehöriger sei wegen eines Verbrechens (!) verurteilt worden, bringt seinen Geschäftspartner in einen Gewissenskonflikt. Denn der mit einer solchen Information konfrontierte Gesprächspartner wird sich nicht mehr in der Lage sehen, die Vertraulichkeit des Gesprächs zu wahren, sondern er wird vielmehr in Betracht ziehen, den Gesprächsinhalt Dritten zu offenbaren, um dadurch die Berechtigung der Anschuldigungen zu klären. Unter solchen Umständen kann sich der Arbeitnehmer nicht mehr auf die Vertraulichkeit des Gespräches berufen.

Welche Schlussfolgerung muss man daraus ziehen?

Wer eine gravierende üble Nachrede begeht, d. h. (sehr) rufschädigende unwahre Tatsachenbehauptungen über Arbeitskollegen, Vorgesetzte oder Kunden verbreitet, muss auch dann mit einer fristlosen Kündigung rechnen, wenn er diese (strafbaren) Äußerungen in einem (vermeintlich) vertraulichen Gespräch vorbringt.

Haben Sie Probleme im Arbeitsrecht?

Fachanwältin für Arbeitsrecht Ulrike Ludolf

Telefon:

02365/42475

02362/9961567

Kanzlei im Netz:

www.mandantundanwalt.de

post@mandantundanwalt.de


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Ulrike Ludolf

Beiträge zum Thema