Kündigungsschutz für Führungskräfte und leitende Angestellte

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Kündigungsschutz für Führungskräfte und leitende Angestellte


Als Führungskraft oder leitender Angestellter sind Sie essentiell für Ihren Betrieb: Sie übernehmen Führungsaufgaben und Verantwortung, Sie bilden die Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und der restlichen Belegschaft. Entsprechend angemessen werden Sie auch vergütet. Doch was passiert, wenn es unerwartet zu einem Zerwürfnis kommt und der Arbeitgeber Ihnen kündigt? Sind die als Führungskraft oder leitender Angestellter genau so geschützt wie als üblicher Arbeitnehmer und können Sie gegen eine solche Kündigung effektiv vorgehen? Worin besteht ihr Kündigungsschutz als Führungskraft oder leitender Angestellter?


Was ist eine Führungskraft bzw. ein leitender Angestellter im arbeitsrechtlichen Sinne?


Ob Kündigungsschutz für Sie als leitender Angestellter oder Führungskraft besteht, hängt davon ab, zu welchem Personenkreis Sie zählen und wie Ihr Anstellungs- und Arbeitsvertrag im Einzelnen ausgestaltet ist.

Der Begriff der „Führungskraft“ ist zunächst von dem arbeitsrechtlichen Begriff des „leitenden Angestellten“ zu unterscheiden, da die Begriffe der „Führungskraft“ und des „leitenden Angestellten“ nicht deckungsgleich sind. Eine Führungskraft – wenngleich nicht arbeitsrechtlich ausdrücklich definiert – meint typischerweise solche Angestellte, denen (zumindest punktuell) Arbeitgeberfunktionen übertragen worden sind. Diese stellen eine Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und den übrigen Arbeitnehmern dar. Eine genaue Definition bzw. ein genauer Umriss des Pflichtenprogramms ist jedoch erst unter Rückgriff auf den konkreten Arbeits- bzw. Anstellungsvertrag möglich.

Davon unterscheidet sich der Begriff des leitenden Angestellten. Sowohl das Betriebsverfassungsrecht als auch das Kündigungsschutzrecht kennen den Begriff des „leitenden Angestellten“. Der Begriff des „leitenden Angestellten“ im Sinne des KSchG ist restriktiv: Leitende Angestellte im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sind Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

§ 5 Abs. 3 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz definiert den leitenden Angestellten dagegen als denjenigen,

  1. der nach Arbeitsvertrag und Stellung im Betrieb zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in    der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern beschäftigt ist oder
  2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
  3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines   Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei   entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst, wobei dies   auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit   mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein kann.


Kündigungsschutz für leitende Angestellte und Führungskräfte


Je nachdem, ob Sie Führungskraft oder leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sind, kann Ihnen durch Ihren Arbeitgeber unter einfacheren Voraussetzungen gekündigt bzw. das Anstellungsverhältnis beendet werden.

Als leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG sind Sie weiterhin Arbeitnehmer im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Sie sind als leitender Angestellter somit nicht schutzlos gestellt, da die Vorschriften des Kündigungsschutzes gemäß § 14 Abs. 2 KSchG mit nur wenigen Ausnahmen auch auf Sie Anwendung finden. Davon ausgenommen sind § 3 des Kündigungsschutzgesetzes (Kündigungseinspruch) sowie § 9 Abs. 1 S. 2 (Begründungserfordernis bei Auflösungsantrag).

Grundsätzlich besteht für Sie als leitender Angestellter Kündigungsschutz, es sei denn, Sie fallen unter die Vorschrift des § 14 Abs. 1 KSchG. Fallen Sie unter die Regelung des § 14 Abs. 1 KSchG, weil Sie Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs einer juristischen Person (z.B. Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft oder GmbH-Geschäftsführer) oder eine durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung berufene Person im Betrieb einer Personengesamtheit sind (z.B. persönlich haftender Gesellschafter einer GbR, OHG oder KG) sind, besteht kein Kündigungsschutz für leitende Angestellte. Dabei versteht sich die Regelung des § 14 Abs. 1 KSchG, bei welcher es sich nach überwiegender Auffassung um eine negative Fiktion handelt, eigentlich von selbst: Die dort genannten Personen stehen nämlich regelmäßig nicht in einem abhängigen Arbeitsverhältnis, womit das Kündigungsschutzgesetz bereits keinerlei Anwendung finden kann. Sollte dies wider Erwarten – wegen abweichender Ausgestaltung des Anstellungsvertrages – nicht zutreffen und der Anstellungsvertrag ausnahmsweise einen Arbeitsvertrag darstellen, so enthält § 14 Abs. 1 KSchG eine negative Fiktion dahingehend, dass in diesem Fall das Kündigungsschutzgesetz dennoch keine Anwendung findet. Sprich: Sie genießen keinen Kündigungsschutz als leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 1 KSchG nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn Sie im Rahmen Ihres Arbeitsvertrages mit Ihrem Arbeitgeber die Anwendbarkeit der Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes individualvertraglich vereinbaren. So hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10.05.2010 – Az. II ZR 70/09 für GmbH-Geschäftsführer entschieden, dass im Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers vereinbart werden kann, dass die materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes zugunsten des Organmitglieds gelten sollen, womit der Anstellungsvertrag der Auslegung zugängig ist, ob sich die Gesellschaft in Anlehnung an §§ 9 ff. KSchG – wie bei den leitenden Angestellten – gegen Zahlung einer Abfindung vom Vertrag lösen kann. In diesem Fall besteht ein eingeschränkter Kündigungsschutz für leitende Angestellte. Der Kündigungsschutz für leitende Angestellte ist in diesem Sinne disponibel.

Die Möglichkeit des Arbeitnehmers nach § 3 des Kündigungsschutzgesetzes binnen einer Woche nach der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einzulegen, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung für sozial ungerechtfertigt und deswegen für nichtig erachtet, bleibt leitenden Angestellte somit verwehrt. Anders als bei üblichen Arbeitnehmern muss der Arbeitgeber gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG den Auflösungsantrag nach § 9 KSchG auch nicht begründen. Das bedeutet für Sie als leitender Angestellter, dass sich Ihr Arbeitnehmer trotz – gerichtlich festgestellter – Unwirksamkeit der Kündigung gegen die Zahlung einer Abfindung von Ihnen trennen kann. In diesem Sinne besteht kein unbeschränkter Kündigungsschutz für leitende Angestellte, sondern vielmehr ein eingeschränkter Kündigungsschutz im Sinne eines „Abfindungsschutzes“. Die Höhe der Abfindung richtet sich dabei nach der Vorschrift des § 10 des Kündigungsschutzgesetzes.

Im Gegensatz zu leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG lässt sich keine allgemeingültige Aussage über den Kündigungsschutz von Führungskräften treffen, da dieser von der individuellen Ausgestaltung Ihres Arbeits- bzw. Anstellungsvertrages abhängig ist. Bleiben Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Führungskraft – soweit im Einzelnen vorstellbar – unterhalb der Schwellen des § 14 Abs. 1 sowie Abs. 2 KSchG, genießen Sie vollumfänglichen Kündigungsschutz als Führungskraft nach dem Kündigungsschutzgesetz wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Das bedeutet, dass sie sich wirksam gegen unwirksame Kündigungen zur Wehr setzen können und Sie im Ernstfall nicht auf die Zahlung einer Abfindung bei gleichzeitiger Aufhebung des Arbeits- bzw. Anstellungsverhältnisses verwiesen werden können.

Soweit Sie als in den Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 KSchG fallende Person beim Abschluss des Arbeits- bzw. Anstellungsvertrages keine Initiative ergreifen und auf eine Anwendung der Vorschriften des Kündigungsschutzes auf Ihr Anstellungsverhältnis hinwirken, gehen Sie des Schutzes des Kündigungsschutzgesetzes verlustig.


Was können Sie tun?


Ob Kündigungsschutz für Führungskräfte und leitende Angestellte besteht, ist häufig eine Frage des konkreten Arbeits- bzw. Anstellungsvertrages. Als Anwalt mit arbeitsrechtlicher Expertise berate ich Sie gerne und helfe Ihnen dabei sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite angemessene Lösungen bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu finden und rechtliche Auseinandersetzungen so weit wie möglich zu vermeiden. Zu meinem Beratungsspektrum gehört auch die Gestaltung rechtssicherer Arbeits- und Anstellungsverträge, die rechtliche Auseinandersetzungen bereits im Vorfeld verhindern können.

 

Foto(s): Rechtsanwalt Patrick Baumfalk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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