Kuwait Airways muss einen israelischen Staatsbürger nicht befördern! Empörend oder rechtmäßig?

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Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 16. November 2017 (2-24 O37/17) entschieden, dass die Fluggesellschaft Kuwait Airways einen israelischen Staatsangehörigen nicht befördern muss. Dieses Urteil hat bei einer Vielzahl von Zeitungsjournalisten, aber auch in Leserbriefen für Empörung gesorgt. Eine große deutsche Zeitung machte den Beitrag mit der Überschrift „Wen wollen Sie als nächstes diskriminieren – Herr Richter?“ auf. Auch in anderen – seriöseren – Zeitungen wurde Diskriminierung und Antisemitismus als Ursache des Gerichtsurteils gesehen.

Hierzu meine Anmerkungen:

Empörend ist nicht das Urteil, sondern das Verhalten Einiger, die ohne die Urteilsbegründung zu kennen, massive Urteilsschelte betreiben. Ein Urteil besteht bekanntermaßen nicht nur aus dem Tenor, sondern es setzt sich aus diesem und den Entscheidungsgründen zusammen. Vor diesem Hintergrund ist jegliche Kritik am Urteil oder Zustimmung dazu rein spekulativer Natur, denn erst mit Kenntnis der Entscheidungsgründe wird das Urteil verständlich. Wer nur aufgrund des Urteilstenors, der auch nur verständlich ist im Zusammenhang mit dem Klageantrag, die Qualität eines Urteils bzw. des Richters, der das Urteil zu verantworten hat, beurteilt, darf nicht ernst genommen werden. Ich gehe davon aus, dass die Urteilsgründe der breiten Masse, die darüber befindet, inhaltlich nicht bekannt sind, denn schließlich dürfte es noch nicht einmal den Parteien des Rechtsstreits zugestellt sein.

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt liegt mir im Volltext vor und ich habe es bereits durchgearbeitet. Ich möchte hieraus kurz zitieren: Der Kläger verlangt mit seiner Klage nach Annullierung seines Tickets von Kuwait Airways auf einem künftigen Flug auf der Strecke von Frankfurt am Main über Kuwait nach Bangkok befördert zu werden und zudem eine billige Entschädigung in Geld in Höhe von mindestens 15.000 € (in Worten: fünfzehntausend Euro).

Im Verfahren wurde lediglich vorgetragen, dass der Kläger israelischer Staatsangehöriger ist. Seine Religionszugehörigkeit wurde mit keinem Wort erwähnt. Auch die Beklagte hat sich zur Begründung ihres Verhaltens nicht auf irgendeine Religionszugehörigkeit, sondern auf das kuwaitische Gesetz Nummer 21 aus dem Jahr 1964 (Einheitsgesetz zum Israel-Boykott) berufen. Nach diesem Gesetz ist es allen kuwaitischen Unternehmen bei Gefängnisstrafe und harter Arbeit verboten, Vereinbarungen mit Personen zu schließen, die israelische Staatsangehörigkeit besitzen. Das Landgericht hat das die Klageabweisende Urteil damit begründet, dass dem Kläger kein Anspruch auf Beförderung zusteht, denn es sei der Kuwait Airways rechtlich unmöglich, den geschuldeten Erfolg (die Beförderung über Kuwait nach Bangkok) herbeizuführen. Der Fluggesellschaft sei es verboten, die geschuldete Leistung zu erbringen.

Das Gericht hat betont, dass es unerheblich sei, dass das kuwaitische Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland nicht gültig ist. Maßgeblich ist für das Gericht, dass sich Kuwait Airways nach dem Gesetz des Heimatlandes strafbar machen würde, wenn das Landgericht Frankfurt die Verpflichtung ausspräche, die Leistung zu erbringen. Die Begehung eines Gesetzesverstoßes sei Kuwait Airways nicht zumutbar.

Das Gericht hat es ferner für unbeachtlich gehalten, dass sich die Fluggesellschaft schadenersatzpflichtig gemacht hat, denn der Kläger hat einen Ersatz von materiellen Schäden im Prozess nicht verlangt.

Das Landgericht hatte zudem zu würdigen, dass es dem Kläger durchaus möglich war, sein Ziel Bangkok über alternative Beförderungswege zu erreichen, sodass kein sachlicher Grund bestand, nach Kündigung des Beförderungsvertrages durch Kuwait Airways dessen Einhaltung durchzusetzen. Dem Kläger wurde von Kuwait Airways ausdrücklich eine Beförderung durch eine andere Fluggesellschaft ohne Zwischenlandung in Kuwait angeboten. In mehreren Schriftsätzen hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, Kuwait Airways höchstpersönlich habe ihn auf dem vertraglich vereinbarten Weg zu befördern. Die Beförderung durch andere Fluggesellschaften hat der Kläger somit – zumindest stillschweigend – abgelehnt.

Die Beförderungspflicht der Fluggesellschaft folgt nach der Ansicht des Landgerichts auch nicht aus dem in unserer Rechtsordnung verankerten Diskriminierungsverbot. Embargogesetze, wie Kuwait sie gegen den Staat Israel praktiziert, seien auch der deutschen Rechtsordnung nicht fremd.

Die verlangte Mindestentschädigung wegen behaupteter Diskriminierung in Höhe von 15.000 € steht dem Kläger nach Auffassung des Landgerichts nicht nach § 19 AGG zu, denn dieses Gesetz knüpft nicht an Benachteiligung wegen der Staatsangehörigkeit an. Im vorliegenden Fall kann nicht unterstellt werden, dass die Diskriminierung israelischer Staatsangehöriger durch das kuwaitische Gesetz Nummer 21 religiöse oder ethnische Hintergründe hat, denn für das Gesetz spielt es keine Rolle, ob die israelischen Staatsangehörigen jüdischen, christlichen oder sonstigen Glaubens sind.

Nicht thematisiert wurde in dem Urteil, ob der Fluggast überhaupt ein Einreise- bzw. Transitvisum für den Staat Kuwait hatte. Dem Tatbestand des Urteils ist hierzu nichts zu entnehmen. Wenn der Fluggast in das Land nicht einreisen darf (einschließlich Transit), dann durfte ihn die Fluggesellschaft auch nach deutschen Regelungen nicht befördern.

Nicht das Urteil des Landgerichts Frankfurt ist skandalös, denn dieses beruht nur auf der Anwendung der gesetzlichen Vorschriften. Skandalös ist es vielmehr, dass es vom Verkehrsministerium der Bundesrepublik Deutschland versäumt wurde, die Company Rules der Fluggesellschaft Kuwait Airways vor Erteilung bzw. Verlängerung der Verkehrsrechte für Deutschland zu überprüfen. Das wäre aber dringend geboten gewesen, um die Diskriminierung israelischer Staatsangehöriger zu verhindern bzw. zu vermeiden, dass diese von deutschem Boden ausgehen muss.

Vermutlich wird der Rechtsstreit in die zweite Instanz gehen. Es bleibt abzuwarten, wie das Oberlandesgericht Frankfurt – wenn es denn mit der Entscheidung bemüht wird– entscheiden wird.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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