LG Frankenthal 8 O 90/21 – alles anders bei der Auszahlung von Spielgewinnen bei online-Casinos ohne Lizenz?

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Bei den in letzter Zeit mehr und mehr relevanten Sachverhalten, welche die Rückzahlung verlorener Spieleinsätze bei online-Casinos betreffen, gab es kürzlich ein Urteil des LG Frankenthal, welches scheinbar ein wenig für Verwirrung sorgte.

Im Verfahren vor dem LG Frankenthal 8 O 90/21 ging es um die Frage, ob ein Spieler – neben seinem eingesetzten Grundbetrag – auch einen möglichen Gewinn einklagen kann, wenn er diesen Gewinn nicht ausgezahlt bekommen hat. Nun kam hier in der Kanzlei die Frage auf, ob diese Entscheidung im Vergleich zu all den positiven Urteile anderer Gerichte denn nun komplett anders zu werten ist. Vorweg und im Ergebnis: nein!


Ausgangspunkt war auch bei der Entscheidung des LG Frankenthal 8 O 90/21 die fehlende Lizenz des casino-Anbieters mit der Folge, dass der geschlossenen Teilnehmervertrag nichtig war. Daher bestand auch im Falle des LG Frankenthal unproblematisch der Rückforderungsanspruch auf verlorene Spieleinsätze. Allerdings hatte hier der Spieler zusätzlich einen nicht unerheblichen Gewinn erzielt, welcher ihm noch nicht ausgezahlt wurde. Diesen erspielten Gewinn wollte der Spieler nun ausgezahlt bekommen. Für die Auszahlung des erspielten Gewinns stellte das LG Frankenthal jedoch ebenso die Unwirksamkeit des Teilnehmervertrags entgegen. Wenn also der Casino-Betreiber keinen Anspruch darauf hat, verlorene Spieleinsätze zu behalten, weil der Teilnehmervertrag unwirksam ist, dann hat im Umkehrschluss auch der Spieler keinen Anspruch auf Auszahlung eines erspielten Gewinns, eben genau deshalb, weil dieser auf einem unwirksamen Teilnehmervertrag beruht. Damit führt das Gericht kurz und schmerzlos aus, dass

„(…) der zwischen den Parteien geschlossene Glücksspielvertrag wegen Gesetzesverstoßes als unerlaubtes Glücksspiel nichtig ist und dem Kläger deshalb hieraus auch keine Ansprüche auf Gewinnauszahlung erwachsen können, die er vor dem hiesigen Gericht durchsetzen kann.“

Das ist im Grunde jetzt keine wirklich überraschende Konsequenz eines nichtigen, sprich unwirksamen Teilnehmervertrags. Oder anders gesagt, „wer das eine will (Rückzahlung gezahlter Spieleinsätze aufgrund nichtigen Vertrags) muss das andere mögen (keine Auszahlung von erspielten Gewinnen aufgrund des nichtigen Vertrags).“

Merke: die Unwirksamkeit eines Teilnehmervertrags aufgrund fehlender Lizenz des Casino-Betreibers wirkt sich für beide Vertragsparteien aus. Damit steht dem Spieler ein Anspruch auf Rückzahlung des Spieleinsatzes zu, der Casino-Betreiber muss jedoch erspielte Gewinne nicht an den Spieler auszahlen.


Interessant ist es, wenn man das Ergebnis des LG Frankenthal einmal für weitere Fallgestaltungen nutzt. Dabei lässt sich das Urteil des LG Frankenthal im Grunde auf folgende Fallvarianten anwenden. Spielen wir diese einmal durch:


1. Im Rahmen eines nicht lizenzierten online-Glücksspiels erzielt der Spieler mit seinen Einsätzen einen Gewinn. Dieser wird – aus welchen Gründen auch immer – jedoch nicht ausgezahlt.

Das entspricht der Variante des LG Frankenthal. Ein Anspruch des Spielers aus Auszahlung des Gewinns besteht jedenfalls nicht, sofern der Teilnehmervertrag unwirksam war. Der Spieler kann bestenfalls seinen eingezahlten Spieleinsatz zurückerhalten.


2. Im Rahmen eines nicht lizenzierten online-Glücksspiels erzielt der Spieler mit seinen Einsätzen einen Gewinn. Der Spieler lässt sich diesen Betrag nicht auszahlen, sondern setzt den Betrag kurz darauf unmittelbar wieder ein und verspielt am Ende alles.

Bei dieser Variante wäre zunächst daran zu denken, dass das Geld, welches der Spieler zuvor gewonnen hat, jetzt als „Spieleinsatz“ zu werten ist und damit an den Spieler zurückgezahlt werden muss. Zwar hat der Spieler das gewonnene Geld nicht extern beim Casino-Betreiber eingezahlt, allerdings hat über den Spielgewinn über sein Spielerkonto als bereitgehaltenes Guthaben frei verfügen können.

Ein Anspruch auf Rückzahlung des verlorenen Gewinns wäre trotzdem fraglich, denn das Geld hat de facto den Spieler nie erreicht. Er nutzte nur die Option in Höhe des erzielten Gewinns unverändert weiterzuspielen. Damit wäre im Sinne der von der Rechtsprechung angewandten sogenannten Differenzmethode zu schauen, was der Spieler über die gesamte Spielzeit auf der einen Seite eingesetzt hat und was er am Ende effektiv über die gesamte Spielzeit hinweg wirklich verloren hat. Allen Gewinnen werden also alle Verluste gegenübergestellt. Neben dem reinen Spieleinsatz entspricht der Verlust nach dem Weiterspielen in der Höhe genau dem zuvor erzielten Gewinn. Damit gleichen sich der erhaltene Gewinn und der spätere Verlust komplett aus, übrig bleibt auf der Verlustseite nur der eingezahlte Grundbetrag. Nur diesen kann der Spieler zurückfordern. Man könnte diese Fallvariante also auch als durchgehendes Spielen über den eingezahlten Grundbetrag sehen, welches lediglich zeitlich an dem Moment unterbrochen wurde, zu dem ein Gewinnguthaben bestanden hat. Damit käme es auf die weiteren Fragen der ersten Fallkonstellation gar nicht weiter an.

Ergebnis auch dieser Variante wäre: der Spieler erhält seinen Einsatz wieder, nicht jedoch den zwischenzeitlichen Gewinn, welchen er für das Weiterspielen eingesetzt und dann wieder verloren hat.


3. Im Rahmen eines nicht lizenzierten online-Glücksspiels erzielt der Spieler mit seinen Einsätzen einen Gewinn. Der Spieler lässt sich diesen Betrag auf sein Bankkonto auszahlen. Wenige Tage später zahlt er das erhaltene Geld neu ein und verspielt am Ende alles.

Das dürfte die vielleicht interessanteste Variante sein. Hier hat der Spieler den Gewinn tatsächlich durch Einzahlung auf seinem Bankkonto erhalten. Durch Auszahlung ist der Gewinn mit seinem eigenen Vermögen auf dem Konto vermischt worden. Mit späterer Neueinzahlung als Spieleinsatz wäre nicht mehr zu sagen, ob dies nun genau der Betrag ist, welchen der Spieler zuvor gewonnen hat. Verzockt der Spieler nun seinen gesamten „gezahlten neuen Einsatz“, wäre der Rückzahlungsanspruch gegen den Casino-Betreiber wohl gegeben.

Allerdings hätte mit Blick auf die Nichtigkeit des Ausgangsvertrags der Casino-Betreiber möglicherweise einen eigenen Anspruch auf Rückzahlung des zuvor ausgezahlten Spielgewinns. Denn wenn der eingezahlte Spieleinsatz durch die Nichtigkeit des Teilnehmervertrags „ohne Rechtsgrund“ erfolgt war, dann dürfte klar sein, dass auch die Auszahlung des Gewinns „ohne Rechtsgrund“ vorgenommen wurde.

Möglicherweise könnte aber eine Kenntnis des Casino-Betreibers über die Nichtigkeit des Vertrags entgegengehalten werden. Wie hier bereits angedeutet, ist eines der Hauptargumente der Spieleanbieter in Rückzahlungsprozessen eine behauptete Kenntnis des Spielers von der Nichtigkeit des Vertrags. Diesem Argument muss der Spielebetreiber sich allerdings ebenso aussetzen. Vermutlich sogar mit Erfolg für den Spieler, denn wer sonst sollte über die fehlende Lizenz für den Geltungsbereich Deutschland und die daraus resultierende Konsequenz wissen, wenn nicht der Casino-Anbieter selbst. Dann wäre die Auszahlung in voller Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit erfolgt, sodass eine Rückforderung ausgeschlossen wäre, § 814 BGB.

Ob es auf diese Fragen ankommen würde, bleibt offen. Bislang haben sich die Gerichte mit einer solchen Fallgestaltung noch nicht eingehend beschäftigen müssen. Die Königsfrage wäre daneben auch: würde ein Casino-Anbieter einen solchen Rückzahlungsanspruch von ausgezahlten Gewinnen mit Verweis auf einen eigenen unwirksamen Teilnehmervertrag tatsächlich vor Gericht durchsetzen wollen? Würde das passieren, dann würde der Casino-Betreiber eigens in die Offensive gehen und höchst selbst von der grundsätzlichen Unwirksamkeit seiner Verträge ausgehen. Damit würde er den Weg frei machen für bedenkenlose Rückforderungen sämtlicher weiterer Teilnehmer. Auf vertiefende Prüfungen käme anschließend schon fast nicht mehr an.


Im Ergebnis ergeben sich aus dem Urteil des LG Frankenthal drei Konsequenzen.

  1. Auch das LG Frankenthal verschließt sich nicht der Rückforderung von getätigten Spieleinsätzen, sofern zum Zeitpunkt des jeweiligen Einsatzes keine gültige Lizenz für das Casino bestanden hat. Im Gegenteil, bestätigt das LG Frankenthal einen Rückzahlungsanspruch von verlorenen Spieleinsätzen sogar ausdrücklich.
  2. Sofern ein Glücksspielvertrag aufgrund fehlender Lizenz nichtig und damit unwirksam ist, besteht im Umkehrschluss aber auch kein Anspruch auf Auszahlung von erzielten Gewinnen. Diese sind ebenso auf Grundlage eines nichtigen Vertrags und damit ohne Rechtsgrund erzielt worden.
  3. Theoretisch wäre korrespondierend zum Anspruch des Spielers auf Rückzahlung des Spieleinsatzes wohl ein eigener Anspruch des Casino-Betreibers auf Rückzahlung zuvor tatsächlich ausgezahlter Spielgewinne wenigstens denkbar. Auch das wäre die Folge des für beide Vertragsparteien nichtigen Teilnehmervertrags.


Damit reiht sich also auch das Urteil des LG Frankenthal 8 O 90/21 in die sich weiter häufenden Fälle von Rückzahlungen von verlorenen Spieleinsätzen ein. Es steht in keinerlei Hinsicht der bisherigen breiten Masse an Urteilen entgegen, welche den Spielern die Rückzahlung von getätigten Spieleinsätzen zugesprochen haben. Es stellt lediglich anschaulich heraus, dass die Unwirksamkeit des Teilnehmervertrags nicht einseitig zu bewerten ist und es eben keinen Anspruch auf Auszahlung von nicht erhaltenen Gewinnen gibt. Daran ist im Grundsatz sicherlich erst einmal nichts zu bemängeln, denn am Ende dürfte es bei der Mehrzahl an Spielern eher um die Minimierung von Verlusten gehen, weniger um die Durchsetzung fiktiver Gewinne. Ob die eingelegte Berufung zum OLG Zweibrücken ein grundsätzlich abweichendes Ergebnis bringen wird, bleibt dennoch abzuwarten.


Sollten Sie Rückfragen zu diesem oder einem anderen Sachverhalt haben, können Sie mich gern kontaktieren. Sie erreichen mich über das Kontaktformular oder per Email.

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