LG Heidelberg bestätigt: Miete ist auch bei Geschäftsschließung zu zahlen

  • 3 Minuten Lesezeit

Der abermalige "Lock-Down" stellt für viele Gewerbemieter eine wirtschaftlich bedrohliche Situation dar. Restaurantbetreiber beispielsweise dürfen keine Gäste mehr in ihren Lokalen bewirten. Dabei sind es gerade die Gastronomen, die vorwiegend über den zusätzlichen Verzehr von Getränken ihr Auskommen sicherstellen. Stattdessen sind die Restaurantbetreiber wieder darauf beschränkt, ihre Speisen auszuliefern oder zum Mitnehmen anzubieten. 

Dennoch bestehen die Vermieter jeden Monat auf eine pünktliche sowie vollständige Mietzahlung. 

Zu Recht?

Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Heidelberg zu befassen.

Worum ging es in besagtem Verfahren?

Der Mieter musste seinen Geschäftsbetrieb in der Zeit vom 18.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 aufgrund behördlicher Anordnung schließen und zahlte in der Folgezeit u,a. die Miete für den Monat April 2020 nicht. Der Vermieter klagte daraufhin die rückständigen Mieten im Ergebnis erfolgreich ein. 

Das Gericht stellte jedoch im Rahmen seiner Urteilsbegründung eine umfassende Abwägung ein, welche mit diesem Rechtstipp auszugsweise dargestellt werden soll.

1. Das Recht zur Mietminderung

Das LG Heidelberg nimmt im vorliegenden Fall keine Berechtigung zur Minderung der Miete an. 

Die Parteien hatten - so in fast allen Gewerbemietverträgen üblich - keine vertraglichen Regelungen für den Fall einer behördlichen Schließung getroffen, weswegen sich das Gericht sodann mit der Frage beschäftigte, ob die allgemeinen Mängelrechte des Mietrechts (§§ 536 ff. BGB) zur Anwendung zu bringen sind. DAS Gericht lehnt die Mängelrechte im vorliegenden Fall jedoch ab. Als Begründung wird angeführt, "dass Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, in dessen Risikobereich fielen" (LG Heidelberg - Az.: 5 O 66/20).    

Das LG Heidelberg lehnt eine Mietminderung also vordergründig deshalb ab, da die behördlichen Maßnahmen nicht an die konkrete Beschaffenheit der Mietsache anknüpfen, sondern alleinig an den Betrieb des jeweiligen Mieters.

2. (K)ein Fall der Unmöglichkeit?

Das Gericht beschäftigt sich anschließend mit der Argumentation, dass die Pflicht des Mieters zur Zahlung der Miete dann entfiele, wenn es dem Vermieter nicht möglich sei, eine zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Mietsache zur Verfügung zu stellen, §§ 275, 326 Abs. 1 BGB.

Immer wenn der Mieter die Sache nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen kann, weil sie selbst nicht nutzungstauglich ist, verlieret der Vermieter nach § 326 Abs. 2 oder 536 BGB seinen Anspruch auf die Miete. Wenn jedoch die Nutzungstätigkeit des Mieters nicht möglich ist (durch eine behördliche Schließung), bleibt der Mieter zur Zahlung der Miete verpflichtet. 

Die Auffassung lässt sich deshalb hören, da die Mietsache trotz des Ausschlusses der Bewirtung in den Lokalen dennoch zum Betrieb eines Restaurants geeignet ist. So kann der Gastwirt beispielsweise noch in seinem Restaurant die Speisen zubereiten und diese im Wege der Auslieferung oder im Wege der Abholung an den Gast bringen. Demnach verbleibt die Mietsache also vordergründig in einem den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglichenden Zustand.

3. Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage?

Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. 

Auch diese Möglichkeit hat das Gericht im vorliegenden Fall verworfen, da es nach seiner Auffassung alleinig dem Risikobereich des Mieters unterfällt, mit den gemieteten Räumlichkeiten Gewinne zu erzielen. 

Fazit:

In jedem individuellen Fall wird die Frage der Unzumutbarkeit zu erörtern sein. Wo bzw. wann genau ist die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschritten? Letztlich wird eine Unzumutbarkeit nur bei substantiierter Darlegung des Mieters anzunehmen sein. Dieser muss dem Gericht also unter Beweisantritt darlegen, in der eigenen Existenz gefährdet (vgl. Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185) oder jedenfalls in einem solchen Ausmaß wirtschaftlich betroffen zu sein, das ein weiteres Festhalten am unveränderten Mietvertrag unter Berücksichtigung aller übrigen Umstände als unzumutbar erscheinen lässt (LG Heidelberg a.a.O.).

Es ist darauf hinzuweisen, dass das vorstehend zitierte Urteil nicht rechtskräftig geworden ist. Es bleibt insbesondere abzuwarten, wie andere Gerichte gleichgelagerte Fälle entscheiden werden. 

Sollten Sie ebenfalls durch die behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie betroffen sein, so stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite. Vertrauen Sie unserer umfangreichen Expertise im Miet- und WEG-Recht. 


Marc Barnewitz

Rechtsanwalt

Fachanwalt Miet- und WEG-Recht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Marc Barnewitz

Beiträge zum Thema