LIEB-Tipps für Arbeitnehmer: Kündigung – wie läuft es dann eigentlich vor dem Arbeitsgericht?

  • 2 Minuten Lesezeit

Erhält man eine Kündigung, sollte man in 99,9 % der Fälle entweder selbst über die Rechtsantragsstelle oder über einen Anwalt Kündigungsschutzklage erheben. Das wissen die meisten.

Die Klage muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang eingereicht werden. Auch das wissen die meisten.

Was viele nicht wissen? Wie es vor Gericht so läuft.

Hier ein Überblick:
Ist die Kündigungsschutzklage einmal in der "Pipeline" des Gerichts, läuft zunächst alles von selbst. Das Gericht stellt die Klage dem Arbeitgeber zu und bestimmt – jedenfalls vor Corona – recht flott einen sog. Gütetermin. Sind beide Parteien anwaltlich vertreten, "treffen" sich meistens nur die Anwälte vorm Richter. Natürlich ist es keiner Partei verwehrt auch selbst mitzukommen, man muss es nur nicht. Es sei denn, es wäre vom Gericht das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet worden, was für den Gütetermin allerdings meistens nicht gemacht wird.

Die Arbeitsrichter vergeben an ihren Sitzungstagen Gütetermin im 10-Minuten-Takt. Das heißt, besonders viel passiert hier nicht. Das Gericht fragt zunächst, was die Kündigungsgründe sind und versucht dann, auf einen Vergleich hinzuwirken. Die meisten arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten werden nämlich verglichen. Das ist für alle Seiten eine Win-win-Situation:

  • der Arbeitnehmer geht mit einer Abfindung und einem guten Zeugnis in der Tasche und kann sich einen neuen, besseren Arbeitgeber suchen;
  • der Arbeitgeber ist den ungeliebten Arbeitnehmer – idealer Weise zu seinem angepeilten Datum – los und kauft sich mit der Abfindung vom Annahmeverzugslohnrisiko frei (stellt das Gericht nach mehreren Monaten Prozessdauer fest, dass die Kündigung unwirksam war, muss der Arbeitgeber den gesamten Zeitraum nachbezahlen);
  •  der Richter kann die Akte schließen und muss kein Urteil schreiben;

 die Anwälte verdienen eine Anwaltsgebühr (=Einigungsgebühr) mehr.



Alle sind glücklich…

…natürlich ist das nicht immer so und verschärft sich nun auch durch Corona. Da hängt man schonmal mehr an seinem Arbeitsverhältnis.

Besteht nun Einigkeit über die Vergleichspunkte, sind die Anwälte aber ohne ihre Mandanten vor Gericht, wird der Vergleich in der Regel widerruflich abgeschlossen. Das heißt, beide Parteien haben zwei Wochen Zeit sich zu überlegen, ob sie den Vergleich abschließen wollen. Wenn nicht, kann dieser innerhalb der Frist widerrufen werden. Dann vergibt das Gericht Schriftsatzfristen für die Klageerwiderung (= Darstellung der Kündigungsgründe), worauf der Arbeitnehmer dann nochmals erwidern darf. Gleichzeitig wird in der Regel der Kammertermin bestimmt.

Im Kammertermin müssen normalerweise beide Parteien erscheinen. Außerdem sitzt vorne dann nicht nur der Vorsitzende, ein Berufsrichter, sondern auch zwei Laienrichter (einer von Arbeitnehmer-, einer von der Arbeitgeberseite). Dann wird über den Inhalt der Schriftsätze verhandelt und das Gericht gibt eine rechtliche Einschätzung hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung ab. Auch im Kammertermin ist ein Vergleich noch möglich. Sollte das Gericht eine Beweisaufnahme für nötig erachtet, erfolgt diese meist in einem weiteren, gesondert angesetzten Termin.

Steht schon im Gütetermin fest, dass kein Vergleich zustande kommt, gibt es gleich die Schriftsatzfrist und den Kammertermin "zum Mitnehmen". Danach läuft es, wie oben beschrieben. 

Wenn Sie einen Anwalt für das Arbeitsgericht benötigen, stehen wir zur Verfügung. Für einen Kündigungsrechtsstreit sollte man als Arbeitnehmer unbedingt rechtsschuzzversichert sein. Denn unabhängig vom Ausgang trägt man in der ersten Instanz seine eigenen Anwaltskosten. 

Foto(s): LIEB

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