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Linie überfahren vs. sorglose Rückwärtsfahrt

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Normalerweise dienen Abbiegeverbote durch durchgezogene Linien nur dem Gegenverkehr. Mitunter können sie aber auch andere Verkehrsteilnehmer schützen.

Erst prallen Fahrzeuge aufeinander, später die Meinungen vor Gericht - besonders dann, wenn jeder Unfallbeteiligte Verkehrsregeln verletzt hat. Welcher Verstoß dann letztendlich schwerer wiegt, ist natürlich einzelfallabhängig. Aufgrund der Rechtsprechung lassen sich jedoch Konstellationen erkennen, wie sich was zueinander verhält. So haftet etwa ein Linksabbieger bei der Kollision mit dem Gegenverkehr auch dann weit überwiegend, wenn sein Unfallgegner gerade noch bei Rot über die Kreuzung huschen wollte. Auf der anderen Seite belastet den die Mittellinie überfahrenden Verkehrsteilnehmer der Zusammenstoß mit einem aus einer nicht vorfahrtsberechtigten Straße einbiegenden Fahrzeugführer kaum. Denn das Rechtsfahrgebot dient in aller erster Linie nur denen, die sich auf der gleichen Straße befinden.

Durchgezogene Linie sollte Einfahren in die Tankstelle verhindern

In diesem Zusammenhang hat nun das Landgericht (LG) Saarbrücken einen Fall entschieden, in dem es um das Überfahren einer durchgezogenen Linie auf der eine Seite und unachtsames Rückwärtsfahren auf der anderen Seite ging. Die durchgezogene Linie sollte dabei das Linksabbiegen auf ein Tankstellengelände verhindern. Der dort befindliche Rückwärtsfahrer, der mit dem unerlaubterweise einbiegenden Pkw zusammengestoßen war, meinte deshalb, dessen Fahrer trage eine Mitschuld. Die Videokamera hatte dabei alles genau festgehalten, sodass es keinen Streit um den Unfallhergang gab. Der Rückwärtsfahrer war ungebremst auf das bereits zum Stehen gekommene Auto aufgefahren, was das LG zu seinen Lasten wertete.

Abbiegeverbot diente auch dem Schutz der Tankstellenbesucher

Entscheidend für die Schuldfrage war aber auch, welche Rolle das nicht erlaubte Überfahren der durchgezogenen Linie hatte. Dem Gericht zufolge dient ein Abbiegeverbot grundsätzlich nur dem Schutz des Gegenverkehrs, zu dem der in der Tankstelle befindliche Beklagte augenscheinlich nicht mehr zählte. An dieser Stelle sollte die durchgezogene Linie aber Verkehrsteilnehmer auch dazu zwingen, eine weiter hinten liegende Einfahrt zur Tankstelle zu nutzen. Somit war es zumindest auch zum Schutz der dort befindlichen Personen gedacht. Weil aber Rechtsabbieger hier anders als Linksabbieger hätten einfahren können, half dieses Argument dem ungebremst auf den bereits anhaltenden Einbieger aufgefahrenen Beklagten wenig. Für das Gericht war dieser Umstand dermaßen entscheidend, dass es ihm die Alleinschuld gab. Fest steht aber damit auch, dass durchgezogene Linien nicht immer nur den Gegenverkehr schützen.

(LG Saarbrücken, Urteil v. 30.11.12, Az.: 13 S 140/12)

(GUE)

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