Lohnerhöhung 10 Jahre rückwirkend?

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Das deutsche Urlaubsrecht sieht in § 7 BUrlG vor, dass im Urlaubs-(Kalender-)Jahr nicht eingebrachter Urlaub in das folgende Kalenderjahr übertragen werden kann, wenn die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen vorliegen.

Werden Urlaubsansprüche übertragen, so sieht § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG vor, dass nur das 1. Quartal für die Nachholung in Betracht kommt, dann aber Verfall eintritt.

Diese strikte Regelung des BUrlG ist durch Urteil des BAG vom 19.02.2019 (9 AZR 423/16 unter http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=22739) nach vorheriger Vorlage des Prozesses an den EuGH stark relativiert worden:

Der Arbeitgeber darf sich auf einen Verfall übertragener Ansprüche nicht berufen, wenn er nicht zuvor darauf hingewirkt hat, dass der Arbeitnehmer noch im alten Urlaubsjahr oder spätestens im Übertragungszeitraum die Einbringung in Natur nachholt.

Es sei eine Obliegenheit des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer darüber zu belehren, dass Verfall eintritt, wenn die Einbringung nicht erfolgt.

Erfolgt eine solche Belehrung nicht, so kommt es nicht einmal auf das Vorliegen von Übertragungsgründen an.

Nur wenn der Arbeitnehmer „aus freien Stücken“ seinen Urlaub nicht einbringt, kann Verfall eintreten.

Hat der Arbeitgeber seine Obliegenheiten nicht erfüllt, ist die Folge, dass der nicht eingebrachte Urlaubsanspruch dem aktuellen Anspruch zuzurechnen ist („er tritt dem Urlaubsanspruch hinzu“ – BAG vom 19.02.2019 – 9 AZR 423/16 Rn. 44).

Dieses „Hinzutreten“ kann sich gegebenenfalls über Jahre hinweg wiederholen. Folge: Der Urlaubsanspruch, der nicht abgebaut wird, wächst immer weiter und ist Bestandteil des aktuellen Anspruchs, d. h. diesen zu den aktuellen Bedingungen zuzurechnen.

Gegebenenfalls hat der Arbeitnehmer also Anspruch auf Urlaubsentgelt zu Lohnverhältnissen, die im Zeitpunkt der Entstehung des übertragenen Anspruchs noch gar nicht aktuelle waren.

Also: Doppelte Vorsorge des Arbeitgebers im alten Urlaubsjahr auf die Erfüllung zu drängen und im Übertragungszeitraum über die Folgen der nicht Einbringung bis Ende des Übertragungszeitraums zu belehren.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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