Luftfahrtrecht: Beihilfenrechtlicher Rahmen für Vorteile, die Flughäfen Airlines gewähren

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Nationale Subventions- und Fördermaßnahmen zugunsten von Unternehmen unterliegen dem EU-Beihilfenrecht. Wenn durch solche Aktivitäten der Wettbewerb verfälscht und der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt werden kann, sind diese grundsätzlich verboten. Inwieweit eine Beihilfemaßnahme die Bedingungen einer Ausnahme erfüllt, hat grundsätzlich die Europäische Kommission festzustellen, die bestimmte Beihilfen genehmigen kann.

Rechtswidrig gewährte Beihilfen sind durch den betroffenen Mitgliedstaat vom Beihilfenempfänger effektiv zurückzufordern.

Im Bereich der Luftfahrt sind neben direkten staatlichen Zuwendungen an Flughäfen oder Airlines vor allem auch jene Fälle relevant, in denen einem Flughafen öffentliche Mittel zur Verfügung stehen und diese einem Luftfahrtunternehmen in besonderer Form zugutekommen – etwa durch Vereinbarungen über Ermäßigungen auf Flughafenentgelte

Der beihilfenrechtliche Rahmen für solche Zuwendungen wird in der Folge näher beleuchtet:


Rechtlicher Rahmen - Beihilfen von Flughäfen an Airlines

Staatliche Beihilfen müssen grundsätzlich (mit wenigen Ausnahmen) genehmigt werden. Die Europäische Kommission als zuständige Aufsichtsbehörde hat u.a. für die Beurteilung staatlicher Beihilfen von Flughäfen an Airlines Leitlinien verfasst. 

Zunächst muss freilich geprüft werden, ob überhaupt eine staatliche Beihilfe – ein wirtschaftlicher Vorteil – zugunsten einer Airline vorliegt. Nur wenn eine solcher Vorteil gegeben ist, kann es zur Genehmigungspflicht kommen. Voraussetzung ist zunächst, dass die von einem öffentlichen Unternehmen gewährten Maßnahmen dem Staat zuzurechnen sind – dies ist bei öffentlichen Flughäfen der Fall.

Ob dann in der Folge ein Unternehmen (die Airline) einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat, wird anhand des sogenannten Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten („market economy investor principle“, „MEIP“) geprüft.

a)    Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten

Nach Auffassung der Kommission können zwischen Luftverkehrsgesellschaften und einem Flughafen geschlossene Vereinbarungen als mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten im Einklang stehend betrachtet werden, wenn sie von einem Ex-ante-Standpunkt aus betrachtet inkrementell (also schrittweise aufbauend) zur Rentabilität des Flughafens beitragen. Der Flughafen sollte bei der Aufsetzung einer Vereinbarung mit einer Luftverkehrsgesellschaft (z.B. individueller Vertrag oder allgemeine Flughafenentgelt-Regelung) aufzeigen, dass er während der Laufzeit der Vereinbarung in der Lage ist, die Kosten aus der Vereinbarung mit einer angemessenen Gewinnmarge auf der Grundlage solider mittelfristiger Aussichten zu decken

Dabei sollen auch die durch die Tätigkeiten der Luftverkehrsgesellschaft voraussichtlich generierten Einnahmen aus nicht luftverkehrsbezogenen Tätigkeiten berücksichtigt werden. Ebenso sollten alle inkrementellen Kosten, die dem Flughafen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Luftverkehrsgesellschaft am Flughafen voraussichtlich entstehen, berücksichtigt werden. Wenn der Flughafen z.B. ein Terminal oder andere Einrichtungen insbesondere aufgrund der Bedürfnisse einer bestimmten Luftverkehrsgesellschaft neu errichten oder ausbauen muss, sollten die entsprechenden Kosten bei der Berechnung der inkrementellen Kosten berücksichtigt werden. 

b)    Anlaufbeihilfe

Gelangt man nach obigem Test jedoch zu keiner Kostendeckung und liegt sohin eine staatliche Beihilfe an eine Airline vor, kann diese dennoch als sogenannte „Anlaufbeihilfe“ zulässig sein und genehmigt werden.

Anlaufbeihilfen sind staatliche Beihilfen für Luftverkehrsgesellschaften für die Eröffnung einer neuen Strecke zur besseren Anbindung eines Gebiets. Für deren Zulässigkeit müssen die nachstehenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: 

  • Beitrag zu einem genau definierten Ziel von gemeinsamem Interesse: Z.B. Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht.

  • Erforderlichkeit staatlicher Maßnahmen: Die staatliche Beihilfe darf nur dann gewährt werden, wenn sie wesentliche Verbesserungen bewirken kann, die der Markt selbst nicht herbeiführen kann.

  • Geeignetheit der Beihilfemaßnahme: Die Beihilfemaßnahme muss ein geeignetes Instrument für die Verwirklichung des Ziels von gemeinsamem Interesse sein (Wirtschaftsplan).

  • Anreizeffekt: Die Beihilfe muss dazu führen, dass die betreffenden Unternehmen ihr Verhalten ändern und zusätzliche Tätigkeiten aufnehmen, die sie ohne die Beihilfe nicht, nur in geringerem Umfang, auf andere Weise oder an einem anderen Standort ausüben würden. 

  • Angemessenheit der Beihilfe: Beschränkung der Beihilfe auf das erforderliche Minimum.

  • Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten: Die negativen Auswirkungen der Beihilfe müssen in ausreichendem Maße begrenzt sein, damit die Gesamtbilanz der Maßnahme positiv ausfällt. 

  • Transparenz der Beihilfe: Die Mitgliedstaaten, die Kommission, die Wirtschaftsbeteiligten und die interessierte Öffentlichkeit müssen einfachen Zugang zu allen einschlägigen Vorschriften und zu relevanten Informationen über die auf ihrer Grundlage gewährten Beihilfen haben.

Schlussfolgerungen 

Sollten konkrete Anhaltspunkte vorgefunden werden, dass ein öffentlicher Flughafen Luftverkehrsgesellschaften Beihilfen gewährt, könnten diese als „Anlaufbeihilfen“ für die Aufnahme neuer Strecken uU für zulässig erachtet werden. Dies setzt jedoch eine vorherige Anmeldung bei der und Prüfung durch die Kommission voraus. 

Nicht genehmigte Beihilfen wären vom Beihilfenempfänger zurückzuzahlen!

Ob aber überhaupt die Kriterien einer staatlichen Beihilfe erfüllt sind, ergibt sich aus dem Maßstab des „marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten“: 

Danach läge z.B. eine staatliche Beihilfe vor, wenn ein öffentlicher Flughafen während der Laufzeit der Vereinbarung mit der jeweiligen Luftverkehrsgesellschaft nicht in der Lage wäre, die Kosten aus der Vereinbarung mit einer angemessenen Gewinnmarge auf der Grundlage solider mittelfristiger Aussichten zu decken. 

Bei dieser Rechnung wären neben den Flughafenentgelten (abzüglich eventueller Nachlässe, Marketingunterstützung oder Anreizsysteme) auch die durch die Tätigkeiten der Luftverkehrsgesellschaft voraussichtlich generierten Einnahmen aus nicht luftverkehrsbezogenen Tätigkeiten sowie alle inkrementellen Kosten zu berücksichtigen. 

Als Merkmale, die für die Einhaltung des Maßstabes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten sprechen, wären hier etwa auch eine Risikominderung durch Diversifizierung (Erweiterung des Kundenstammes des Flughafens), bessere Ressourcenverteilung, Verringerung von Überkapazitäten sowie (unentgeltliche) Werbemaßnahmen zum Vorteil des Flughafens zu nennen. 

Stünde unter dem Strich jedoch kein wirtschaftlich vernünftiges Plus, wäre von einer Beihilfe auszugehen.

Artikel auf shb-law.at



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