Mangelhafte Zustellung, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und Verjährung

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Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg hatte jüngst über Fragen der Zustellung eines Vollstreckungsbescheides, der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist und der Verjährung von Ansprüchen zu entscheiden.

Die Klägerin, eine Kfz-Haftpflichtversicherung, verlangte die Rückzahlung eines Betrages im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, an dem die Beklagte beteiligt war. Die Beklagte hatte im November 2014 das bei der Klägerin versicherte Fahrzeug ihres Vaters auf einem Verkehrsübungsplatz beschädigt. Aufgrund eines Missverständnisses übernahm die Klägerin den Schaden und zahlte an die Beklagte, die den Betrag umgehend an ihren Vater weiterleitete.

Nachdem die Klägerin zunächst ihren Vater erfolglos auf Rückzahlung verklagt hatte, nahm sie anschließend die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung in Anspruch.

Gegen die Beklagte wurde im Dezember 2017 ein Vollstreckungsbescheid erlassen, der ihr angeblich am 15.12.2017 zugestellt wurde. Tatsächlich wohnte die Beklagte bereits seit April 2016 an einer anderen Adresse und war dort auch gemeldet. An der alten Adresse wohnt ihre Mutter. Von dem Vollstreckungsbescheid und seinem Inhalt erfuhr die Beklagte erst im Februar 2023 im Rahmen einer Zwangsvollstreckung durch ein Schreiben des Gerichtsvollziehers, dem lediglich eine Fotokopie des Vollstreckungsbescheids ohne Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war.

Im März suchte die Beklagte unsere Kanzlei auf und es wurde unverzüglich Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO beantragt und die Einrede der Verjährung erhoben.


Kernproblem war die Frage der ordnungsgemäßen Zustellung des Vollstreckungsbescheides, aber auch des Mahnbescheides und einer Streitverkündung.

Durch die mangelhafte Zustellung des Vollstreckungsbescheides war die Beklagte an der rechtzeitigen Einspruchseinlegung gehindert, die nunmehr nachgeholt wurde. Dies setzt jedoch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus. Der Wiedereinsetzungsantrag

muss innerhalb von zwei Wochen gestellt werden. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag fast einen Monat nach Zustellung der Kopie des Vollstreckungsbescheids gestellt.

Das Gericht sieht die Wiedereinsetzungsfrist dennoch als gewahrt an, da diese erst mit dem Tag zu laufen beginnt, an dem die Partei die Versäumung der Rechtsmittelfrist erkannt hat oder hätte erkennen müssen. Da die Kopie des Vollstreckungsbescheides hier jedoch keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, begann die Frist erst mit dem Tag der Beratung durch unsere Kanzlei zu laufen.

Aufgrund der mangelhaften Zustellung trat hier auch keine Hemmung der Verjährung ein, weshalb der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage wegen Verjährung abgewiesen wurde.


Die Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg zeigt die Komplexität juristischer Verfahren, insbesondere im Hinblick auf korrekte Zustellungsverfahren und die Wahrung von Verjährungsfristen. Die Zustellungsprobleme und die mögliche Verjährung des Anspruchs spielten eine entscheidende Rolle für den Ausgang des Verfahrens und unterstreichen die Wichtigkeit einer genauen Beachtung rechtlicher Details.


AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 09.01.2024 – 919 C 50/23

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