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Mehrere Sperrzeiten bei ALG I wegen unterlassener Bewerbungen rechtswidrig

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Regelmäßig kommt es in der Praxis vor, dass bei Arbeitslosengeld I (ALG I) wegen sogenanntem „versicherungswidrigen Verhalten“ eine Sperrzeit verhängt wird. Unter versicherungswidrigem Verhalten versteht das Gesetz z. B. die Eigenkündigung des Arbeitsvertrages oder den Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Weiter ist in der Praxis unter versicherungswidrigem Verhalten eine Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, unzureichenden Eigenbemühungen, Ablehnung oder Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, Meldeversäumnis oder verspäteter Arbeitsuchendmeldung zu verstehen.

In einer Grundsatzentscheidung zu der Frage, ob bei der Unterbreitung von mehreren Arbeitsangeboten auch mehrere Sperrzeiten verhängt werden dürfen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 03.05.2018 – B 11 AL 2/17 R:

„(…) Bei mehreren Arbeitsangeboten, die in einem so engen zeitlichen Zusammenhang ergehen, dass sie der arbeitslosen Person gleichzeitig vorliegen und diese hierauf zu reagieren hat, ist von einem einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt auszugehen. Reagiert der Arbeitslose in einer solchen Situation gar nicht, muss auch dies nach allgemeiner Lebensanschauung als eine einheitliche Verhaltensweise gewertet werden. (…)“

Hinweis des Anwalts für Sozialrecht:

Das Urteil des BSG stellt eine wichtige Entscheidung zu Sperrzeiten im Bereich ALG I für die Praxis dar. Gegenstand des Verfahrens ist die Verhängung mehrerer Sperrzeiten aufgrund unterlassener Bewerbung auf drei zeitnah angebotene Beschäftigungsmöglichkeiten. Dem Kläger wurden an einem Tag zwei Stellenangebote unterbreitet, der dritte Vorschlag folgte einen Tag später. Nachdem er sich auf keine der Stellen beworben hatte, erließ die Beklagte drei Sperrzeitbescheide gegen ihn. Es wurde zunächst eine dreiwöchige Sperrzeit, dann eine sechswöchige Sperrzeit und zuletzt eine zwölfwöchige Sperrzeit anordnet. Das BSG hob den zweiten und dritten Sperrzeitbescheid mit der Begründung auf, es handele sich um einen einheitlichen Vorgang.

Die Rechtsprechung gilt auch für die Vergangenheit! Auch wenn ein Sperrzeitbescheid schon bestandskräftig geworden ist, kann dieser heute noch angegriffen werden. Selbst nach Ablauf der Widerspruchs- oder Klagefristfrist kann bei der Bundesagentur einen Antrag auf Überprüfung gestellt werden.

Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten.

Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit!


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