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Mietwagenkosten nach Unfall – Schwacke, Fraunhofer, Fracke oder was?

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Wer sein Fahrzeug nach einem Unfall nicht nutzen kann, hat regelmäßig Anspruch darauf, dass der Schädiger die Kosten für einen Mietwagen übernimmt. In welcher Höhe, darüber wird anschließend häufig gestritten, weil die gegnerische Versicherung die Mietwagenkosten oft nur teilweise übernimmt. Dabei kommen auch die Gerichte zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wesentlicher Grund dafür ist, dass diese mit Schwacke-Automietpreisspiegel und Fraunhofer-Marktspiegel unterschiedliche Schätzgrundlagen anwenden. Und obendrein ist auch eine Kombination aus Schwacke und Fraunhofer zulässig, die sogenannte „Fracke“-Lösung.

Von Region zu Region verschieden

Während das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf beispielsweise den Fraunhofer-Marktpreisspiegel anwendet, lehnt das OLG Hamm dies ab und hält den Mittelwert aus Schwacke- und Fraunhofer-Liste für geeignet. Diese Abweichung ist nur eine unter vielen, aber zulässig. Denn bei Streit darüber, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich dieser beläuft, darf jedes Gericht nach freier Überzeugung entscheiden. Ein Richter darf den Schadensersatz lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festsetzen. Außerdem darf er für die Entscheidung wesentliche Tatsachen nicht außer Betracht lassen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) 2010 in einem Urteil betont und hielt dabei sowohl Schwacke- als auch Fraunhofer-Liste für geeignete Schätzgrundlagen. Ausdrücklich zugelassen hat der BGH sogar die Bildung eines Mittelwerts aus beiden Listen, die inoffiziell mit „Fracke“ bezeichnete Mittelwert-Lösung.

Wirtschaftlichkeitsgebot beachten

Fest steht: Geschädigte können nicht einfach den nächstbesten Mietwagen anmieten und darauf vertrauen, dass die gegnerische Versicherung die Mietwagenkosten ersetzt. Stattdessen müssen sie das sogenannte Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. Demnach darf ein Geschädigter für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren wählen. Entscheidend ist, inwieweit er die Tarife kennt und welche Anstrengungen zumutbar sind. Dazu gehört insbesondere die Nachfrage nach einem günstigeren Tarif. Eine wichtige Rolle spielt, welche Zeit zwischen Unfall und Anmietung des Ersatzfahrzeugs vergangen ist. Im Streitfall muss der Geschädigte dann beweisen, dass ihm kein günstigerer Tarif zugänglich war. Das gilt besonders bei der Wahl eines teureren Unfallersatztarifs. Zweifelt der Versicherer die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten an, muss er darlegen und beweisen, dass dem Geschädigten passende Angebote zu niedrigeren Preisen zur Verfügung gestanden haben. Inwieweit die Kosten gerechtfertigt sind, hat dann der mit dem Fall befasste Richter zu schätzen. Da es stark auf den Einzelfall ankommt, sollten Betroffene Kürzungen der Mietwagenkosten durch die gegnerische Versicherung nicht einfach akzeptieren.

Erhebliche Abweichungen

Problematisch bei der Schätzgrundlage in Form des Schwacke- oder Fraunhofer-Marktspiegels ist die erhebliche Abweichung. Im Ergebnis fallen die Mietwagenkosten nach der Fraunhofer-Liste für Versicherer günstiger aus als nach Schwacke. Beide Zahlenwerke haben dabei ihre Schwächen. Der Schwacke-Liste wird insofern vorgeworfen, dass sie nicht anonym erstellt werde. Mietwagenunternehmen würden daher aus Eigeninteresse höhere Preise angeben. Der insofern anonym ermittelten Fraunhofer-Liste wird dagegen eine zu starke Berücksichtigung im Voraus zu buchender Mietwagenangebote im Internet angekreidet. Das ist wenig praxisnah, wenn man nach einem Unfall kurzfristig ein Auto benötigt. Beide Listen sind zwar nach Postleitzahlenbereichen eingeteilt, wobei diese bei der Fraunhofer-Liste zu groß und daher zulasten der Vergleichbarkeit ausfallen. Schließlich herrschen zwischen Stadt und ländlichem Raum erhebliche Unterschiede. In der Praxis bilden Gerichte daher zunehmend den arithmetischen Mittelwert aus Schwacke- und Fraunhofer-Spiegel, um die beidseitigen Schwächen zu verringern.

Fazit: Bei der Schätzung von Mietwagenkosten sind Richter in ihrer Entscheidung weitgehend frei, nutzen aber, von Gericht zu Gericht unterschiedlich, die von Schwacke und vom Fraunhofer-Institut erstellten Marktspiegel. Dabei bilden Gerichte zunehmend einen Mittelwert aus beiden, die sogenannte „Fracke“-Lösung.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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