Milderungsgründe und minderschwere Fälle bei sexuellem Missbrauch von Kindern § 176, 176a StGB

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Eine Vorladung und mögliche spätere Anklage wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kindern bürgt stets die Gefahr einer Freiheitsstrafe ohne Aussetzung zur Bewährung. Ein Ansatz der Verteidigung kann die Konzentration auf rechtlich anerkannte minderschwere Fälle und Milderungsgründe sein. Als Fachanwalt für Strafrecht steht zunächst die Analyse der Ermittlungsakte an, danach kann eine Strategie für dein Einzelfall entwickelt werden. Die folgenden Informationen dienen nur einem kurzen Überblick zu möglichen Konstellationen.

Kind ist im Sinne des Strafgesetzbuches jede Person unter 14 Jahren. Im Falle des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 StGB) sowie im Falle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176a StGB) kann die Haftstrafe auf bis zu 10 Jahre angesetzt werden. Milderungsgründe bzw. minderschwere Fälle können den Strafrahmen jedoch senken.

Minderschwere Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Minderschwere Fälle sind solche, die bei der Gesamtbetrachtung der Tat, von den durchschnittlichen Fällen so abweichen, dass eine Strafrahmensenkung als geboten erscheint. Im Folgenden werden einige Beispiele zur Veranschaulichung aufgezeigt.

Liebesbeziehung zwischen „Täter“ und „Opfer“

Die Tatbestände werden nicht nur dann erfüllt, wenn nicht-einvernehmlicher Geschlechtsverkehr oder sonstige sexuelle Handlungen stattfinden. Es gibt auch Fälle, die zur Anklage (zum Beispiel von den Eltern) führten, obwohl beidseitig freiwillig gehandelt worden ist, z. B. In Folge einer Liebesbeziehung. Dies könnte einen Milderungsgrund darstellen, der sich Strafrahmen senkend auf die Strafe auswirken kann. Auch Freundschaft oder andere Beziehungen zwischen Opfer und Täter, die zur Einvernehmlichkeit führten, können sich mildernd auswirken (BGH, Beschl. v. 5. 6. 2013 – 2 StR 189/13 (LG Gera)).

Das knapp unter der Schutzgrenze liegende Alter und sexuelle Erfahrungen

Ebenso kann berücksichtigt werden, wenn das Alter des Opfers bei Begehung der Tat knapp unter dem 14. Lebensjahr lag und es bereits vorher sexuelle Erfahrungen gemacht hat. Damit entspricht es körperlich und geistig-seelisch nicht mehr einem üblichen Kind, sondern eher einem jugendlichen Menschen (NStZ-RR 2009, 308).

Oralverkehr (am und nicht vom Opfer vorgenommen)

Handelte es sich bei der sexuellen Handlung um die des Oralverkehrs, der am Opfer vorgenommen wurde, so kann auch dies als minderschwerer Fall Beachtung finden. Oralverkehr, der vom Täter am Opfer vorgenommen wird, ist von geringerem Gewicht, als Oralverkehr, der vom Opfer am Täter vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 23.06.2009 – 5 StR 189/09 (LG Berlin)).

Vertypte Milderungsgründe

Vertypte Milderungsgründe sind besondere Umstände, die eine Strafrahmenverschiebung ermöglichen oder sogar zwingend machen. § 21 StGB regelt die verminderte Schuldfähigkeit als solchen Milderungsgrund. Diese müsste bei der Tatbegehung erheblich vermindert gewesen sein. Im Falle eines sexuellen oder schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern muss etwa eine schwere psychische Störung festgestellt werden, die zu eben dieser Milderung führen könnte. Auch ein bloßer Versuch der Tat oder die bloße Beihilfe zu dieser, könnte zur Milderung des Strafrahmens nach § 49 I StGB führen.

Als Beschuldigter wenden Sie sich schnellstmöglich an einen Fachanwalt für Strafrecht. Nur so vermeiden Sie Fehler im Ermittlungsverfahren.


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