Motorrad – Blitzer und Fahrverbot bei Geschwindigkeitsüberschreitung – OLG Bamberg vom 22.10.2015

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Motorradfahrer unterliegen bei Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit den gleichen Bußgeldbestimmungen wie auch PKW-Fahrer. Außerhalb geschlossener Ortschaften gilt in Deutschland gemäß § 3 Abs. 3 c) StVO für PKW sowie andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 t eine Beschränkung auf 100 km/h. Richter, die über keinen Motoradführerschein verfügen, können das Verhalten des Fahrzeugs häufig nicht richtig einschätzen. Es genügt – gerade bei sportlichen Modellen – oft nur eine kurze Drehung am Gasgriff, um sich weit im illegalen Bereich zu befinden. Dies kann dann auch die Verhängung eines Regelfahrverbots bis zu drei Monaten bedeuten.  

Daher ist es umso wichtiger, einen in Bußgeldsachen erfahrenen Rechtsanwalt mit Motoraderfahrung zu konsultieren. Idealerweise ist dieser selbst Motorradfahrer oder verfügt – wie der Verfasser des Rechtstipps – seit 2001 über einen Motorradführerschein und Erfahrungen im Motorradfahren.

Ist dem Richter bewusst, wie schnell die Beschleunigung bei einem Überholvorgang auf der Landstraße ist, ergeben sich im Einzelfall wichtige Verteidigungsmöglichkeiten. Rechtsanwalt Steffgen konnte beispielsweise über diese Argumentation eine Reduzierung des Regelfahrverbots erreichen – und dies in Bayern. Bei nur leichter Fahrlässigkeit liegt kein Regelfall vor und somit auch kein Regelfahrverbot. Wird trotz Regelfall vom Fahrverbot abgesehen, ist die Regelgeldbuße grundsätzlich angemessen zu erhöhen.

Der Fall ist umso beachtlicher einzustufen, als er sich im Bereich der bayerischen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Bamberg ereignet hat. 

Das OLG Bamberg hat in einem anderen Verfahren einen Freispruch hinsichtlich des Geschwindigkeitsverstoßes eines Motorradfahrers mit Beschluss vom 22.10.2015 – 2 Ss OWi 641/15 – aufgehoben. Ein Amtsgericht hat den Betroffenen vom Vorwurf einer als Führer eines Motorrades begangenen fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 66 km/h aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil nach dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten infolge der nicht offengelegten Funktionsweise des Geschwindigkeitsmessgerätes ‚Riegl FG21-P‘ eine Fehlmessung nicht auszuschließen sei:

Selbst wenn sich das AG zu einer solchen Beurteilung der konkreten Messsituation nicht in der Lage gesehen haben sollte, hätte es gleichwohl den Betroffenen auf dieser Grundlage nicht freisprechen dürfen, sondern – nachdem der von ihm beauftragte Sachverständige die ihm gestellte Beweisfrage schlicht nicht beantwortet hatte – entweder nochmals an die PTB herantreten oder, wenn es sich hiervon keinen weiteren Aufklärungsgewinn versprochen hätte, einen anderen Sachverständigen beauftragen müssen. Aus einer Vielzahl von Bußgeldverfahren ist dem Senat bekannt, dass sich eine Reihe anderer Sachverständiger sehr wohl in der Lage sieht, nach detaillierter Auswertung der konkreten Messung unter Berücksichtigung insbesondere der örtlichen Gegebenheiten an der Messstelle, mögliche Fehlerquellen wie etwa eine Fehlzuordnung des Messwertes wegen des Phänomens der Messstrahlaufweitung aus technischer Sicht zu bewerten. Für die Problematik einer Stufenprofilmessung oder eines sog. Abgleiteffekts gilt im Übrigen nichts anderes. Der Zweifelsgrundsatz kommt jedenfalls erst nach abschließender Beweiswürdigung zum Zuge, nachdem der Tatrichter alle Mittel zur Sachaufklärung erschöpft hat, um zu eindeutigen Feststellungen zu gelangen (OLG Karlsruhe a. a. O.; BGH NStZ 2006, 650; LR-Sander StPO 26. Aufl. § 261 Rn. 103 ff.).

Wer nichts zu verbergen hat und wer korrekt fährt, wird auch nicht von der Polizei angehalten? 

Dies ist oft falsch. Der Autor, der mit vorschriftsmäßiger Geschwindigkeit hinter einem Polizeiwagen mit dem Motorrad fuhr, wurde von der Polizei aufgehalten. Als er nach Kontrolle der Papiere wieder fahren durfte, befragte er diese nach dem Grund der Kontrolle: „Sie sind uns aufgefallen, weil Sie korrekt hinter uns mit der vorschriftsmäßigen Geschwindigkeit gefahren sind. Dies ist für Motorradfahrer ungewöhnlich…“


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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