Muss mein ehemaliger Arbeitgeber meine Pension/Betriebsrente anpassen?
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Immer häufiger wird mir diese Frage gestellt: Muss mein Arbeitgeber meine Pension anpassen, nachdem die Preise erheblich gestiegen sind und das Geld immer weniger wird?
Der Sachverhalt ist dabei zumeist folgender:
Der Kläger war leitender Angestellter in der privaten Wirtschaft. Er ist nach einer langjährigen Betriebszugehörigkeit mit zumeist 63 oder 65 Jahren in den Ruhestand getreten. Neben seiner gesetzlichen Rente bekommt er eine Betriebsrente in Höhe von ca. 2.000,00 € aus einer betrieblichen Altersversorgung (bAV).
Nach Ablauf der ersten drei Rentenjahre hat er sich mit der Frage an seine alte Firma gewandt, wann die Rente erhöht wird, da alle Kosten gestiegen sind. Inzwischen sind bei der Firma neue Leute tätig, die der Rentner nicht mehr kennt. Seine mündlichen und schriftlichen Anfragen zur betrieblichen Altersvorsorge werden entweder gar nicht beantwortet oder mit wenigen Zeilen zurückgewiesen. Dabei sind die Argumente unterschiedlich. Zumeist wird gesagt, dass die wirtschaftliche Lage keinen Spielraum für eine Anpassung der bAV hergebe. Häufig wird eingewendet, dass eine bAV-Rückdeckungsversicherung, die zur Absicherung des Versorgungsversprechens abgeschlossen wurde, keine weiteren Überschüsse ergeben hat. Bei sogenannten Non-Profit-Unternehmen wird argumentiert, dass der Haushaltsplan keine Erhöhung der bAV vorsehe.
Die Sach-und Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. vertragliche Anpassungspflicht
Die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Betriebsrente mit einem festen Prozentsatz jährlich an die Steigerung der Lebenshaltungskosten anzupassen, ergibt sich häufig aus dem Text der Pensionsverträge oder Anstellungsverträge selbst. So findet sich u. a. folgender Text:
„Die Betriebsrente/Ruhegehalt erhöht sich jährlich um 1 bis 2 % gegenüber dem Vorjahr."
In diesem Fall ist der ehemalige Arbeitgeber verpflichtet, die zugesagte Rente von z. B. monatlich 2.000,00 € um 20,00 € monatlich anzupassen. Im Gegensatz zur gesetzlichen Verpflichtung hat der Arbeitgeber kein Ermessensspielraum, ob er sich die Anpassung leisten kann oder nicht. Im Falle der Insolvenz des alten Arbeitgebers ist auch der Pension-Sicherungs-Verein verpflichtet, die Rente nach der vertraglichen Anpassungsregelung jährlich zu erhöhen.
2. Gesetzliche Anpassungsprüfungspflicht gem. § 16 BetrAVG
Wenn der Versorgungsvertrag bzw. die Pensionszusage keine Regelung vorsieht, ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre nach Rentenbeginn zu prüfen, ob die Betriebsrente anzupassen ist. Dabei hat der Arbeitgeber die Interessen des Arbeitnehmers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Prüfung hat ermessensfehlerfrei zu erfolgen. In § 16 Gesetz zur Verbesserungen der betrieblichen Altersversorgung, kurz BetrAVG genannt, heißt es:
„Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der bAV zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen."
Die Pensionszusage dieser Angestellten sind, selbst wenn sie Geschäftsführer waren, geschützt. Auch ehemalige Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder sind gem. § 17 Abs. 1 S. 3 BetrAVG in den Schutzbereich des Gesetzes einbezogen, wenn sie für ein „fremdes" Unternehmen tätig waren.
Aus dieser Prüfungspflicht kann eine Anpassungspflicht der bAV entstehen. Sie muss es aber nicht. Der Arbeitgeber hat also die Interessen des Betriebsrentners zu berücksichtigen. Ein wichtiger Anhaltspunkt ist der Anstieg des Verbraucherpreisindexes oder der Anstieg der Nettolöhne im Betrieb. Diese Kriterien hat der Gesetzgeber in § 16 Abs.2 BetrAVG ausdrücklich benannt. Andererseits ist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu berücksichtigen. Es ist insbesondere abzustellen auf die Vermögens- und Ertragslage.
3. Anpassungsverpflichtung bei sog. Non-Profit-Unternehmen
Aus dem Wortlaut des BetrAVG ist bei sog. Non-Profit-Unternehmen der Eindruck entstanden, dass nur die Arbeitgeber die Anpassungsprüfung der Betriebsrente durchführen müssen, die über Vermögen und Erträge verfügen. Deshalb habe man diese Verpflichtung nicht. Diese recht verbreitete Meinung ist m. E. rechtsirrtümlich. In den letzten Wochen habe ich mehrere Klagen an verschiedenen Arbeitsgerichten erhoben.
Im Ergebnis würde die Gesetzesauslegung zu einer Ungleichbehandlung von ehemaligen Arbeitnehmern bzw. ihren Arbeitgebern führen. Deshalb ist zumindest die Fachliteratur der Ansicht, dass auch Non-Profit-Unternehmen verpflichtet sind, die Anpassungsprüfung durchzuführen und dann auch die Anpassung vorzunehmen, wenn dieses Ergebnis zugunsten des Betriebsrentners ausfällt. Da Non-Profit-Unternehmen nicht über Erträge verfügen, ist die Prüfung auf andere Grundlagen abzustellen.
4. Wegfall der Prüfungspflicht
Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Prüfung befreit. In § 16 Abs. 3 BetrAVG gibt es folgende Sonderregelung:
„Die Verpflichtung nach Absatz 1 entfällt, wenn
a. der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um 1 % anzupassen,
b. die bAV über eine Direktversicherung (...) durchgeführt wird, sämtliche Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden."
Soweit der Arbeitgeber z. B. eine bAV-Direktversicherung zugesagt hat, ist er nicht mehr verpflichtet, eine zusätzliche Anpassung gem. § 16 Abs. 1 durchzuführen.
5. Verlust der Anpassungsrechte
Viele Mandanten kommen zu mir, weil sie Sorge haben, dass sie ihre Anpassungsrechte mit der Zeit verloren gehen könnten, nachdem sie selbst vergeblich versucht haben, mit der alten Firma eine Einigung zu treffen. Diese Befürchtung ist teilweise berechtigt.
Gem. § 18a BetrAVG verjähren Ansprüche aus der Anpassung dem Grunde nach - wie der Jurist sagt - nach 30 Jahren. Das bedeutet jedoch nicht, dass die einzelne Anpassung nach 30 Jahren verjährt, sondern nur das Grundrecht auf Anpassung. Sollte also der Arbeitgeber die Anpassung nicht durchgeführt haben und der Betriebsrentner die Anpassung nicht gefordert haben, verliert der Rentner das Recht auf die Nachzahlung gem. § 18a BetrAVG für die letzten 3 Jahre. Für diesen Zeitraum kann er auch die Beträge nachfordern, die zu zahlen gewesen sind, aber vom Arbeitgeber nicht gezahlt wurden.
Eine besondere Verjährungsvorschrift gibt es für die Rentner, deren ehemaliger Arbeitgeber in den ablehnenden Schreiben gem. § 16 Abs. 4 S. 2 BetrAVG die wirtschaftliche Lage dargestellt hat und darauf hingewiesen hat, dass eine Verjährung eintreten kann. Erfreulicherweise ist dieses - nach meiner Praxiserfahrung - selten der Fall.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Pensionär die versäumte Nachzahlung der bAV gem. § 16 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG nachfordern kann. Jedoch ist der rückständige Anpassungsbetrag gem. § 18a Satz 2 BetrAVG i. V. m. § 197 BGB auf die letzten 3 Jahre begrenzt, wenn der ehemalige Arbeitgeber den Einwand der Verjährung erhebt. Dieses kann er tun, er muss es aber nicht.
6. Durchsetzung der Anpassung
Wer die genannten Voraussetzungen nachweisen kann, sollte der Pensionär nicht davor zurückschrecken, die ihm zustehende Zahlung einzufordern. In meinen Beratungsfällen empfehle ich zumeist eine außergerichtliche Aufforderung durch einen Anwalt, verbunden mit einer Klageandrohung zur betrieblichen Altersvorsorge. Private Schreiben bleiben leider zumeist erfolglos. In vielen Fällen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Arbeitgeber durchaus verhandlungsbereit sind, wenn die rechtliche Verpflichtung der bAV nachvollziehbar dargelegt wird, sodass eine Klage vermieden wird.
Falls kein Einvernehmen möglich ist, so ist für die Klage der Angestellten das Arbeitsgericht zuständig. Die ordentliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Ort der ehemaligen Arbeitsstätte. Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder müssen vor dem jeweils örtlich zuständigen Landgericht klagen.
Die Unterstützung eines fachkundigen Kollegen mit betriebswirtschaftlichem Verständnis ist auch vor Arbeitsgerichten ratsam. Die bAV kennt fünf verschiedene Durchführungswege. Bei Angestellten ist häufig eine Kombination aus einer Direktzusage, einer Direktversicherung und einer Mitgliedschaft in einer Pensions- oder Unterstützungskasse festzustellen. Denkbar ist auch, dass die Pensionszusage bereits auf einen Pensionsfonds oder an eine sog. Rentner-GmbH ausgegliedert wurde. Nur wer diese komplexen Sach-und Rechtslagen dem ehemaligen Arbeitgeber bzw. den Gerichten verständlich darlegen und die betriebswirtschaftlichen Einwände widerlegen kann, kann die gesetzliche Anpassung erfolgreich durchsetzen.
7. Kosten der Durchsetzung
Die Angestellten benötigen für die Klage keinen gerichtlichen Kostenvorschuss. Ehemalige Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder müssen bei den Landgerichten einen Kosten-Vorschuss zahlen.
Die Honorare der Anwälte richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder einer Honorarvereinbarung. Maßgeblich dabei ist das 36-fache des Anpassungsbetrages zzgl. des rückständigen Betrages der letzten 3 Jahre. Sollte die Klage in der 1. Instanz verloren werden, so hat der Angestellte nur die Kosten des eigenen Anwaltes zu tragen, die z. B. von einer Rechtsschutzversicherung übernommen würden. Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder tragen das Kostenrisiko auch für den Anwalt der Gegenseite, wenn sie keine Rechtsschutzversicherung haben.
8. Fazit
Die gestellte Frage, muss mein alter Betrieb meine Pension aus der bAV anpassen oder nicht, ist grundsätzlich zu bejahen. Nur in seltenen Ausnahmefällen, in denen der alte Arbeitgeber in eine wirtschaftliche Notlage geraten ist, ist der Betrieb nicht verpflichtet, eine jährliche Anpassung mindestens um den Verbraucherpreisindex durchzuführen.
Ich rate daher die erforderlichen Nachweise zu sammeln und mindestens ein sog. Erstgespräch mit einem - in diesem Sachgebiet vertrauten - Rechtsanwalt zu führen.
Rechtsanwalt Dr.Metz
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