Wie organisiert man den Ausstieg aus einer Gruppen-Unterstützungskasse?

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Stand: Juni 2014 Verfasser: Rechtsanwalt Dr. Horst Metz und Rechtsanwalt Christoph Lindner

A. Einleitung und Fallbeispiele

Vermehrt fragen Inhaber mittelständische Unternehmen, Handwerksmeister oder Freiberufler, denen man in den 90er Jahren die Mitgliedschaft in einer pauschaldotierten Gruppen-Unterstützungskasse (nachfolgend PUK genannt) als „die ideale Form der betrieblichen Altersversorgung“ (nachfolgend bAV genannt) verkauft hat, wie man die Mitgliedschaft wieder los wird. Nach dem euphorischen Einstieg hat man festgestellt, dass die PUK ein Hemmschuh für den Verkauf der Firma ist und insgesamt hohe Kosten verursacht. Schließlich kamen viele zu der Erkenntnis, dass man bei der Einrichtung einem falschen Konzept für die bAV der Mitarbeiter vertraut hat.

Dazu gehen wir wie folgt vor:

• Kritische Analyse der bestehenden Verträge als Ausgangslage

• Erstellung individueller Vorschläge für die Neuordnung und klären die nachfolgenden Fragen der Mandanten und ihrer Steuerberater:

• Welche Rechtsverhältnisse wurden mit der PUK und den Beratern geschlossen und welche Risiken ergeben sich daraus?

• Welche Alternativen hat der Mandant, die bestehenden Versorgungsversprechen über andere Wege der bAV zu erfüllen?

Der nachfolgende Beitrag will nur einen Überblick zu den besonderen arbeits-, steuer-, schuld- sowie insolvenzrechtlichen Vorschriften geben und verzichtet auf komplexe Fachfragen der PUK und der entsprechenden Rechtsvorschriften im Einzelnen . Drei typische Beispiele aus unserer Beratungspraxis mögen die Fragen veranschaulichen:

• Dem Handwerksmeister H wurde empfohlen, seinen 7 Mitarbeitern eine Altersrente über eine PUK ab dem 67.Lebensjahr zu versprechen, die über die Entgeltumwandlung der Mitarbeiter selbst finanziert wird. H hat der PUK diese Gelder zugleitet, die die PUK an H als Darlehen zurückgegeben hat. Dabei hat H, den Mitarbeitern eine Mindestverzinsung von 3,25 % p. a. garantiert. H wurde empfohlen die Gelder auf einem Tagesgeldkonto zu 0,75 % p.a. bei einer Bank der PUK anzulegen. Der Berater ging jedoch in seiner Modellrechnung davon aus, dass H einen innerbetrieblichen Zinssatz von 8 % p.a. erzielen wird und hat so für H hohe Liquiditätsgewinne über 50 Jahre Laufzeit der PUK errechnet. Im Erstgespräch räumte H ein, dass er bereits über 50 Jahre alt ist und das bAV Konzept „gekauft“ hat, obwohl weder er noch seine Mitarbeiter das Konzept verstanden hätten. Der Steuerberater empfahl, aus der PUK auszusteigen, jedoch wusste er nicht zu sagen, wie das geht.

• Auch dem Unternehmer U wurde empfohlen, den Durchführungsweg der bAV für seine ca. 150 Mitarbeiter und 30 Betriebsrentner von der Direktzusage auf die PUK des Beraters zu wechseln. In diesem Fall legte die PUK in hoch verzinsliche Wertpapiere an. Die riskante Spekulation lief schief. Da die PUK keine Zinsen mehr erhielt, konnte sie die Zahlungen an die Betriebsrentner nicht mehr leisten. Somit musste U zusätzlich einspringen, deshalb will er aus der PUK aussteigen.

• Auch dem Zahnarzt Z und vielen Kollegen in Mitteldeutschland wurde empfohlen, ihren wenigen Helferinnen eine bAV in Form einer Rente oder einer Kapitalzahlung über eine PUK des Beraters zu versprechen. Z hat die Praxis verkauft, ist allerdings immer noch Mitglied der PUK und sucht nun nach einer Möglichkeit, die Versorgungsverpflichtung „loszuwerden“.

B. Analyse der Rechtsverhältnisse

1. Risiken aus den Verträgen mit dem Berater

H, U und Z haben sich in den Verträgen mit dem Berater zumeist verpflichtet, hohe Beratungs-, Einrichtungs-und Betreuungsgebühren zu zahlen, die unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg und der Dauer der empfohlenen bAV Lösung fällig geworden sind. Die Honorare wurden zumeist als Gebühren deklariert und entweder als fester Satz bis zu 3 % auf die kapitalisierten Betriebsrenten abgerechnet oder als Kopfpauschalen mit 250,00 € bis zu 750,00€. Die einmalige Leistung bestand in der Beratung, Konzeptionierung und Abwicklung der Einrichtung, wobei häufig standardisierte Modellrechnungen verwendet wurden, so dass Fehlschläge des bAV-Konzeptes über die PUK zumeist vorprogrammiert waren.

Die individuelle Lage des Unternehmens wurde selten hinreichend beachtet, da der Anbieter oft nicht auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens eingeht. Bilanzkennziffern wie Eigenkapitalrendite, Gesamtkapitalrendite bzw. Tilgungsdauer schon vorhandener Verbindlichkeiten wurden nicht ermittelt. Die Hochrechnungen basieren meist auf Annahmen, die häufig zum Zeitpunkt der Einrichtung des Versorgungswerkes nicht haltbar waren. Die Zinssätze in den Musterberechnungen entsprechen oft nicht der Realität, insbesondere der Anlagezins im Unternehmen. So war es kaum ein Zufall, dass der Mandant im Nachhinein feststellen musste, dass die eingegangenen Versorgungsverpflichtungen überhaupt nicht so erwirtschaftet werden können, wie in den Berechnungen dargestellt worden war.

Die Einrichtungsgebühren im Einzelfall bis zu 80.000€ sind zumeist verloren, da Rückforderungsansprüche verjährt sind. Daneben erhebt die PUK oder ihr Dienstleister monatliche Verwaltungsgebühren zwischen 6 bis 12,00 € pro Mitarbeiter, solange die Mitgliedschaft in der PUK besteht. Insgesamt gesehen also eine teurere bAV-Lösung.

2. Risiken aus den Verträgen mit der PUK

Die komplexe Vertragskonstruktion der PUK führt häufig zu dem Ergebnis, dass die Mandanten das bAV-Konzept nicht verstehen, so dass wirtschaftlichen Risiken nicht ausreichend erkannt werden. Man vertraute dem Berater mit seriösem Namen. Die PUK wurde von Großbetrieben jahrzehntelang als firmeneigene U-Kasse genutzt. Der besondere Vorteil der PUK ist die steuerlich zulässige selbständige Vermögensverwaltung. Die PUK kann die vom Arbeitgeber erhaltenen Finanzmittel dem Arbeitgeber in Form eines Darlehens zurückgewähren, soweit dieses marktüblich verzinst ist. Somit fließt kein Geld an Dritte wie Versicherungen oder Banken. Es entstehen wenig Kosten für die laufende Betreuung.

Im Ergebnis bedeutet dies eine unternehmensinterne Finanzierung der bAV mit eigenen oder zum Teil mit Geldern der Arbeitnehmer. Wie bei jeder bAV darf der Arbeitgeber die Zahlungen an die PUK als Betriebsausgaben absetzen, jedoch die Zuführung der Mittel wird immer begrenzt durch das sogenannte zulässige Kassenvermögen. Aufgrund dieser steuerlichen Begrenzung ist die PUK latent unterfinanziert, so dass die Großbetriebe dieses bAV-Modell längst durch andere ersetzt haben.

Obwohl das Model kaum noch zeitgerecht ist und Betriebe, wie H, U und Z zu klein für eigene PUK sind, haben die Berater dieser Zielgruppe empfohlen, eine Beitrittserklärung zu einer Gruppenunterstützungskasse abzugeben, die sie zumeist selbst gegründet haben bzw. mittelbar in Personalunion steuern und für die sie auch andere Unternehmen geworben haben.

Unterstützungskassen sind aufgrund der Satzung rechtlich selbständige Versorgungseinrichtungen, die in der Regel als Verein – wie ein Fußball- oder Schützenverein – geführt werden. Die Arbeitnehmer haben keinen Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistung. Es gibt im Gegensatz zu Pensionskassen keine staatliche Aufsicht. Trotz der Schwächen dieses bAV-Modells haben zahlreiche bAV – Berater diese Form der PUK dem Mittelstand und den Freiberuflern als Idealform der bAV „verkauft“.

Auf die nachfolgenden Risiken der PUK wird in den uns vorliegen Konzepten selten hingewiesen:

• Nach der Rechtsprechung des BAG kann sich der Arbeitgeber trotz der formalen Übertragung der Versorgungsverpflichtungen auf die PUK nicht der Haftung entziehen. Die Übertragung auf die PUK ist rechtlich nur ein Schuldbeitritt und keine Schuldübernahme durch die PUK.

• Nach dem Vereinsrecht haben die Mitglieder – trotz der fehlender staatlichen Aufsicht – nur eine begrenzte Kontrolle über den Vorstand der PUK. Deshalb sollte ein Bewerber prüfen, ob der Vorstand der PUK ein zuverlässiger, finanztechnisch erfahrener Kaufmann ist, der die latente Steuerpflicht und die Insolvenz der PUK abwendet.

• Im Falle einer denkbaren Insolvenz der PUK wird der Insolvenzverwalter das Darlehen an dem Arbeitgeber kündigen und die Darlehenssumme einziehen.

3. Risiken aus den Verträgen gegenüber den Mitarbeitern

Arbeitgeber wie H, U und Z haften gegenüber den Mitarbeitern für die Erfüllung der Versorgungszusagen – unabhängig davon welchen Durchführungsweg der bAV sie gewählt haben. Sollte die PUK insolvent werden, so haftet auch nicht der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV a.G.), wie häufig geglaubt wird. Dieser zahlt erst bei Insolvenz des Arbeitgebers und nicht der PUK, soweit eine nach dem BetrAVG berechnete unverfallbare Anwartschaft gegeben ist. Da H mit der Zusage den Mitarbeitern eine Verzinsung von 3,25 % p. a. zugesagt hat, ist er ein volles Haftungsrisiko eingegangen, wenn der Betrieb diesen Zins nicht verdient.

H, U und Z haben lebenslange Rentenzahlungen versprochen. Somit besteht das sogenannte Langlebigkeitsrisiko, d.h. lebt der Rentner länger als das kalkulierte Rentenalter, so sind die Rentnerkollektive i. d. R. viel zu klein, um dieses Risiko aufzufangen. H, U und Z H haften auch hier nach.

4. Risiken gegenüber möglichen Käufern und Nachfolgern

Die vorliegenden Konzepte vernachlässigen häufig, dass sich Probleme bei Veräußerung des Unternehmens ergeben können. Eine bAV über eine PUK war in vielen Verhandlungen, die wir begleitet haben, ein typischer „deal breaker“. Unternehmen mit hohen Versorgungsverpflichtungen sind wenn überhaupt nur mit drastischen Preiszugeständnissen verkäuflich.

B. Alternativen zur Neuordnung

Auch die nachfolgende Übersicht ist nicht abschließend und ersetzt nicht die anwaltliche Beratung im Einzelfall.

1. Wechsel des Durchführungsweges zur Direktzusage

Der Arbeitgeber kann den Durchführungsweg der bAV jederzeit wechseln. Aus den mittelbaren Zusagen über die PUK werden wieder Direktzusagen. Diese Wechsel ist den Betriebsrentnern mitzuteilen. Der Arbeitgeber kann die Mitgliedschaft in der PUK kündigen und die an die PUK geleisteten Beträge zurück fordern. Anschließend muss er in der Bilanz eine Pensionsrückstellung bilden, soweit er zur Aufstellung von Bilanzen verpflichtet ist. Dadurch könnte sich das Gesamtgefüge der Bilanz verändern. Deshalb sollte vor der Entscheidung für diesen Weg eine Planbilanz aufgestellt werden. Der Nachteil dieser Alternative ist, dass die Rentenverwaltung an den Arbeitgeber zurückfällt und die Pensionsrückstellung das Eigenkapital belastet, so dass sich das Kreditrating bei Banken verschlechtern könnte.

2. Übertragung des Versorgungswerkes an eine andere PUK

Der Arbeitgeber kann den Durchführungsweg der bAV auch beibehalten, aber den Versorgungsträger wechseln, indem er einer anderen Gruppenunterstützungskasse beitritt oder eine eigene Unterstützungskasse gründet. Der Vorteil ist, dass der Arbeitgeber steuerlich abzugsfähige Zuwendungen an eine PUK vornehmen kann, die ihm dann als Darlehen zurückgewährt werden. Bei der firmeneigene PUK ist ein Insolvenzrisiko weitgehend ausgeschlossen, das „Geld bleibt im eigenen Hause“. In Anbetracht der Verwaltungskosten insbesondere durch einen fachkundigen Dipl. Mathematiker ist die Entscheidung von der Anzahl der Anwärter und Rentner abhängig. Die Übertragung auf die Unterstützungskasse einer Versicherungsgesellschaft ist bei kleineren Unternehmen mit Fallstricken verbunden. Diese weigern sich in der Regel, Einmalzahlungen für den bisher dotierten sogenannten Past Service anzunehmen. Zudem ist die steuerliche Anerkennung als Betriebsausgabe begrenzt. Diese Form einer Kasse kann daher nur für den sog. Future Service genutzt werden, d.h. für die in der Zukunft neu entstehenden Anwartschaften.

3. Auslagerung auf einen Pensionsfonds

Der Arbeitgeber kann den Durchführungsweg der bAV jederzeit wechseln. Die mittelbaren Zusagen über die PUK bleiben erhalten, wenn der Arbeitgeber die Versorgungsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds überträgt. Dabei handelt es sich um spezielle Versicherungsgesellschaften im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Die Übertragung ist nach dem EStG für den Arbeitnehmer steuerfrei, soweit der Arbeitgeber beim Finanzamt einen entsprechenden Antrag stellt. Empfehlenswert ist diese Lösung – analog der Auslagerung einer Pensionszusage – vor allem für den Past Service der Versorgungsverpflichtungen.

4. Abschluss von Direktversicherungen

Der Arbeitgeber kann den Durchführungsweg der bAV – wie bereits erwähnt – jederzeit wechseln. Die Versorgungszusagen bleiben erhalten, wenn der Arbeitgeber für die Versorgungsverpflichtungen bei einer Lebensversicherungsgesellschaft Direkt-versicherungen im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage abschließt. Eine solche Lösung bietet sich für den Future Service der Versorgungsverpflichtungen an. Eine vollständige Übertragung ist im Fall der Liquidation des Unternehmens in Betracht zu ziehen. Die Übertragung der Versorgungsverpflichtungen aus einer PUK auf eine Direktversicherung ist ohne Zustimmung des Mitarbeiters möglich. Diese Übertragung ist für den versorgungsberechtigten Mitarbeiter steuerfrei.

C. Lösungen in den Fallbeispielen

Alle Mandanten haben die Mitgliedschaft in der PUK mit unserer Unterstützung gekündigt.

H hat sich mit Unterstützung seines Versicherungsmaklers für die Übertragung des Future Services auf Direktversicherungen entschieden und die geringen Anwartschaften der Vergangenheit in den bestehenden Arbeitsverhältnissen abgefunden.

U hat – mit unserer Unterstützung – eine eigene PUK gegründet.

Z hat – mit unserer Unterstützung – Direktzusagen erteilt.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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