Musterklage gegen VW – OLG Braunschweig zweifelt einige Feststellungsziele an

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Im Abgasskandal wird mit der Musterfeststellungsklage gegen VW juristisches Neuland betreten. Das macht Prognosen über den Ausgang schwierig. Schon jetzt weist der für die Musterklage zuständige 4. Zivilsenat des OLG Braunschweig darauf hin, dass die Klage möglicherweise über das Ziel hinaus geht und einige Feststellungsziele unzulässig sein könnten.

Ziel der Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen ist die Feststellung, dass Volkswagen die Käufer durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und daher zum Schadensersatz verpflichtet ist. „Es geht um die grundsätzliche Klärung, ob VW schadensersatzpflichtig ist. Der persönliche Schadensersatzanspruch müsste nach dem Musterverfahren noch individuell eingeklagt werden“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Nun teilte der 4. Zivilsenat des OLG Braunschweig mit, dass einige der Feststellungsziele zu weit gefasst und daher unzulässig sein könnten. Im Musterfeststellungsverfahren sollten lediglich konkrete Tatsachen- und Rechtsfragen geklärt werden, die für die Verbraucheransprüche maßgeblich sind, so der Senat. Außerdem wies der Senat darauf hin, dass Schadensersatzansprüche von Ausländern in dem Verfahren ggf. nicht geklärt werden können, da sich möglicherweise nicht dem deutschen Schadensersatzrecht unterliegen.

Laut Senat haben sich zahlreiche Verbraucher mit Wohnsitz im Ausland der Musterklage angeschlossen. Ob ihre Ansprüche überhaupt geklärt werden können, ist unklar. Die Parteien können sich noch bis zum 16. August zu den Hinweisen äußern.

Das Musterfeststellungsverfahren wird am 30. September 2019 eröffnet. „Man darf gespannt sein, was bis dahin von der Klage noch übrig ist und welche Ansprüche überhaupt geklärt werden können, nachdem das OLG Braunschweig nun die Details absteckt“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.

Vom Abgasskandal geschädigte Verbraucher haben noch bis Ende September die Möglichkeit, sich der Musterklage anzuschließen. Ebenso können sie sich bis dahin auch wieder abmelden und individuell klagen. Es ist davon auszugehen, dass es mehrere Jahre dauern wird bis im Musterfeststellungsverfahren eine Entscheidung fällt. Anschließend muss der persönliche Schadensersatzanspruch ohnehin individuell eingeklagt werden.

„Nachdem das OLG Braunschweig schon jetzt einige der geplanten Feststellungsziele und offenbar auch Verbraucher mit Wohnsitz im Ausland ausklammern möchte, ist fraglich, was überhaupt mit der Musterklage erreicht werden kann. Die Einzelklage führt wesentlich schneller zum Ziel und kann auch auf den Einzelfall zugeschnitten geführt werden“, sagt Rechtsanwalt Dr. Hartung.

Nachdem der BGH klargestellt hat, dass unzulässige Abschalteinrichtungen einen Sachmangel darstellen und das OLG Koblenz entschieden hat, dass die Käufer durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurden und Anspruch auf Schadensersatz haben, sind die Aussichten Schadensersatzansprüche durchzusetzen besser denn je.

„Während das OLG Braunschweig im Abgasskandal bisher noch nicht durch verbraucherfreundliche Rechtsprechung aufgefallen ist, sieht das in weiten Teilen der Republik ganz anders aus und die Gerichte sprechen den geschädigten Käufern Schadensersatz zu. Diese Ansprüche sollten jetzt nach Möglichkeit individuell eingeklagt werden und nicht in einem langwierigen Musterverfahren“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.

Mehr Informationen: www.pkw-rueckgabe.de


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