Nachlass überschuldet ? Erbe ausschlagen, Nachlassverwaltung oder Insolvenz?

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1. Nachlass: nicht nur Guthaben zählt

Zum Erbe gehören nicht nur die Vermögenswerte wie Bankguthaben, Wertpapiere, Grundstück sondern auch die Verbindlichkeiten z. B Bestattungskosten, Kredite Unterhaltsrückstände etc.

2. Wer wäre Erbe?

Vorrangig muss geklärt werden, wer überhaupt Erbe wäre.

Das erste Prinzip des gesetzlichen Erbrechts ist das sog. Parentelsystem: Solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, sind die Verwandten nachfolgender Ordnung von der Erbschaft ausgeschlossen (§ 1930).

Es gehören zur

1. Ordnung: die Abkömmlinge des Erblassers, § 1924 Abs.1 BGB.

An die Stelle des weggefallenen Abkömmlings treten dessen Abkömmlinge.

2. Ordnung: die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1925 Abs.1 BGB.

3. Ordnung: die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1926 Abs. 1 BGB.

4. Ordnung: die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1928 Abs. 1 BGB.

3. Kann man das Erbe ausgeschlagen?

Wenn sicher ist, dass man gar nicht erben will oder der Nachlass eindeutig überschuldet ist, kann man das Erbe ausschlagen.

Die Ausschlagung erfolgt in schriftlicher Form. Die Unterschrift muss von einem Notar beglaubigt werden. Danach ist diese Erklärung dem Nachlassgericht vorzulegen. Die Ausschlagung kann auch zur Niederschrift des Nachlassgerichts erklärt werden.

Eine Ausschlagung darf nicht unter einer Bedingung erklärt werden (z. B. um einer bestimmten Person das Erbe zukommen zu lassen). Es empfiehlt sich, die Gründe der Ausschlagung (z. B. Überschuldung des Nachlasses) in der Erklärung anzugeben. Ferner kann es zweckmäßig sein, die Ausschlagung ausdrücklich „ aus allen Berufungsgründen ", das heißt, aufgrund gesetzlicher und auch testamentarischer Erbfolge, zu erklären.

4. Welche Frist gilt für die Ausschlagung?

Die Ausschlagung ist nur wirksam, wenn die Erklärung innerhalb einer Frist von sechs Wochen dem Nachlassgericht zugeht. Fristbeginn ist der Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat. Wie die Kenntnis erlangt wurde, ist nicht von Bedeutung. Es ist also nicht erforderlich, dass ein Schreiben des hiesigen Gerichts vorliegt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) berufen, so beginnt die Frist nicht vor Eröffnung der Verfügung von Todes wegen durch das Gericht.

Für einen Erben, der erst durch die Ausschlagung einer zunächst zur Erbschaft berufenen Person Erbe geworden ist, beginnt die Frist mit Kenntnis dieser Tatsache.

5. Welches Gericht ist für die Ausschlagung zuständig?

Als Nachlassgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Maßgeblich ist der tatsächliche - nicht nur kurzfristige - Aufenthalt.

6. Welche Wirkung hat die Ausschlagung?

Grundsätzlich ist die Ausschlagung unwiderruflich. Die Wirkungen der Ausschlagung sind in § 1953 BGB geregelt:

(1) Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.

(2) Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.

(3) Das Nachlassgericht soll die Ausschlagung demjenigen mitteilen, welchem die Erbschaft in-folge der Ausschlagung angefallen ist.

Einfacher ist die rechtliche Folge der Ausschlagung nachfolgend ausgedrückt:

Der Ausschlagende wird quasi so behandelt, als sei er bereits verstorben, sein Erbteil geht (mit Ausnahmen in Spezialfällen) an seine Erben.

7. Beschränkung der Haftung auf den Nachlass (Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz)

Wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen überwiegen oder nur Verbindlichkeiten vorhanden sind, gibt es die Möglichkeit, die Haftung auf die Höhe des Nachlasses zu beschränken.

Die ist möglich durch Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.

Die Nachlassverwaltung wird vom Nachlassgericht auf Antrag der Erben eingeleitet. Bei der Nach-lassverwaltung übernimmt ein Dritter die gesamten Geschäfte des Erben zur Abwicklung des Nachlasses treuhänderisch. Zu beachten ist, dass die Beantragung der Nachlassverwaltung nicht mehr möglich ist, wenn der Erbe bereits unbeschränkt haftet.

Das Nachlassgericht bestellt zunächst einen Nachlassverwalter, vorausgesetzt der Nachlass deckt zumindest die Kosten der laufenden Verwaltung und der Bestellung. Ansonsten würde die Nach-lassverwaltung mangels Masse abgelehnt werden. Wenn eindeutig feststeht, dass der Nachlass mehr Schulden als Masse bietet, also überschuldet ist, muss zur Vermeidung der unbeschränk-ten Haftung der Erben unverzüglich bei dem zuständigen Amtsgericht Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens gestellt werden.

Hermann Kulzer MBA
Rechtsanwalt
kulzer @pkl.com


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