Nachteilige Verkürzungsberechnung im Steuerstrafverfahren: Steuerhinterziehung auch ohne Verkürzung!

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Eine Steuerhinterziehung kann auch ohne Verkürzung begangen werden, da wegen des Kompensationsverbotes im Steuerstrafverfahren eine für den Steuerpflichtigen nachteilige Verkürzungsberechnung erfolgt.

Das Kompensationsverbot – oftmals auch als Vorteilsausgleichsverbot bezeichnet – wurde in der Reichsabgabenordnung (RAO) 1919 eingeführt und mit der Neufassung durch die AO 1977 sprachlich modifiziert, ohne dass der Gesetzgeber eine inhaltliche Änderung beabsichtigte. Nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO ist für die Beurteilung der Tat der Steuerhinterziehung unerheblich, ob die Steuer aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können. 

Steuerermäßigungsgründe, die erst im Steuerstrafverfahren eingewendet werden, lassen den Tatvorwurf unberührt. D. h., dass abweichend von der Verkürzungsberechnung des materiellen Steuerrechts unter strafrechtlichen Gesichtspunkten eine für den Steuerpflichtigen nachteilige Verkürzungsberechnung vorgenommen wird. Rein steuerlich kann statt der unrichtigen Abgabe der Steuererklärung im Ergebnis keine Verkürzung vorliegen und steuerstrafrechtlicher (trotzdem) eine Steuerhinterziehung angenommen werden. Die Tat und die individuelle Folge werden unabhängig von anderen Steuereffekten betrachtet. Der Strafrichter wird zur Beurteilung der Tat gerade nicht den gesamten Steuerfall nachvollziehen. Er wird sich (lediglich) auf die Tathandlung und das daraus folgende Verkürzungsergebnis konzentrieren.

Das Kompensationsverbot begegnet im Fall der Tatbegehung durch Unterlassen jedoch seiner Grenze. So z. B., wenn ein Steuerpflichtiger es unterlässt die Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben, obwohl grundsätzlich eine Umsatzsteuer vereinnahmt wurde, aber durch einen überschießenden Vorsteuererstattungsanspruch im Ergebnis ein Guthaben des Steuerpflichtigen besteht. In diesem Fall verneint die Rechtsprechung regelmäßig den Vorsatz. Nach dem Bundesgerichtshof könne der Täter über das Bestehen eines Steueranspruchs irren und sich infolgedessen bei der Tat in einem Tatbestandsirrtum befunden haben, der den Verkürzungsvorsatz ausschließe.

Jedenfalls muss eine steuerlich mögliche Saldierung auf der Ebene der Strafzumessung Berücksichtigung finden.

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