Namensnennung in Zeitungsberichten und Online-Artikeln – unzulässige Prangerwirkung

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Was tun bei unzulässiger Namensnennung in Zeitungsberichten?

Printmedien und Onlinemedien berichten tagtäglich über die unterschiedlichsten Ereignisse, welche die Öffentlichkeit interessieren und bewegen.

Medien tragen zur Meinungsvielfalt bei und verarbeiten tagesaktuelle Geschehnisse. Solange die Medien und deren Vertreter die journalistischen Sorgfaltspflichten und Persönlichkeitsrechte Dritter beachten, ist ein Großteil der verbreiteten Beiträge unproblematisch von den Medien- und Kommunikationsfreiheiten, insbesondere der Pressefreiheit, der Meinungsfreiheit und der Informationsfreiheit gedeckt. In vielen Fällen wird jedoch leider nicht sauber recherchiert und es wird in unwahrer, tendenziöser Weise über Personen und Unternehmen berichtet, mit der Folge, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Ruf der Betroffenen teilweise schwerwiegend und nachhaltig verletzt werden.

Die Gefahr der Namensnennung/identifizierenden Berichterstattung

Immer wieder vertrete ich Mandanten, welche ohne ihr Zutun unverschuldet durch Medienberichte in Printmedien, Onlinemedien und Fernsehen ans Licht der Öffentlichkeit geraten sind.

Dabei erfolgen in vielen Fällen eine Namensnennung, die Mitteilung des Wohn- oder Arbeitsortes sowie weitere personenbezogene Angaben, welche die betroffene Person identifizierbar machen. Die Betroffenen haben nicht selten lange mit einer Rufschädigung zu kämpfen, insbesondere wenn in einem negativen Zusammenhang über sie berichtet wird. Im mittlerweile fortgeschrittenen Internetzeitalter bleibt es schon lange nicht mehr dabei, dass eine Zeitungsausgabe sich auf einen Tag im Printmedium beschränkt. 

Vielmehr landen Beiträge in den Mediatheken und Onlinearchiven der Zeitungsverlage, mit der Folge, dass rufschädigende Beiträge über viele Jahre im Internet öffentlich zugänglich gemacht und somit einer Vielzahl von potentiellen Lesern zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere auf Facebook kommt es immer wieder zu regelrechten Hetzkampagnen gegen die durch Medienberichte verunglimpften Medienopfer, unter welchen letztere in erheblichem Maße leiden.

Aktueller Fall identifizierender Berichterstattung in den Medien

Aktuell habe ich gegen einen bekannten Zeitungsverlag eine einstweilige Verfügung für meine Mandantin erwirkt, welche Opfer identifizierbarer Berichterstattung geworden ist. Die verzerrte, unwahre und reißerische Darstellung eines Sachverhalts hat dazu geführt, dass meine Mandantin im Internet, insbesondere auf Facebook, übel beleidigt und sogar bedroht wurde. Die gegnerische Zeitung hat diese Hasskommentare wochenlang auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht, obwohl die Kommentare Straftatbestände erfüllten und das allgemeine Persönlichkeitsrecht meiner Mandantin schwerwiegend verletzten. Der Beitrag führte zudem dazu, dass auch andere Medien/Zeitungsverlage sowie Rundfunk und Fernsehen die unwahren Tatsachenbehauptungen übernahmen und negativ über meine Mandantin berichteten. So wurde eine für meine Mandantin unerträgliche Breitenwirkung erzielt, u.a. durch Verlinkung auf den streitgegenständlichen Ursprungsbeitrag. Daher soll die Frage diskutiert werden, wann Personen in Zeitungsartikeln und Medienberichten generell erkennbar/identifizierbar sein dürfen.

Namensnennung in Zeitungsberichten – Wann darf in identifizierbarer Weise über Personen berichtet werden?

Für die von einem rufschädigenden Medienbericht betroffenen Personen stellt sich zunächst die berechtigte Frage, ob sie es dulden müssen, dass ihre Identität einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird und ihr Name in einem Zeitungsbeitrag oder Online-Artikel genannt wird, obwohl sie bis dahin nicht in der Öffentlichkeit standen. Schließlich umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht, anonym zu bleiben und die eigene Person vor der Öffentlichkeit zu schützen.

Dem Grunde nach hat ein jeder ein sogenanntes informationelles Selbstbestimmungsrecht, welches eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG darstellt. Somit kann jeder grundsätzlich selbst entscheiden, welche Informationen und Daten er von sich Preis gibt.

Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Das in den Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht wird jedoch nicht grenzenlos gewährt. Vielmehr ist bei jeder Äußerung, welche Inhalt einer Medienberichterstattung ist, eine umfangreiche Interessenabwägung dahingehend vorzunehmen, ob im Einzelfall das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen auf der einen Seite oder das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Pressefreiheit auf der anderen Seite schützenswerter sind und somit Vorrang haben.

Interessenabwägung zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und öffentlichem Informationsinteresse sowie Pressefreiheit

Ob ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen vorliegt, ist anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen. Nicht jede Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts führt bereits zu einer Rechtsverletzung. Vielmehr sind die gegenseitigen schützenswerten Interessen miteinander in Abwägung zu bringen, sodass im Einzelfall zu entscheiden ist, welches Interesse überwiegt.

Recht auf Anonymität/Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht einer Person, insbesondere einer nicht in der Öffentlichkeit stehenden Person, gehört das Recht auf Anonymität. Das Recht eines Einzelnen, anonym zu bleiben, ist Teil des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Grundsätzlich hat daher jeder einen Anspruch darauf, zu verhindern, dass persönliche Lebenssachverhalte der Öffentlichkeit präsentiert werden und seine Person auf diese Weise der Öffentlichkeit insbesondere durch Identifizierung und Namensnennung zur Verfügung gestellt werden. Danach kann der Einzelne grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden.

Informationsinteresse der Öffentlichkeit 

Das Recht des Einzelnen, anonym zu bleiben, ist jedoch nicht grenzenlos. Vielmehr können dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berechtigte Interessen entgegenstehen, welche es im Einzelfall rechtfertigen, den Anspruch des Einzelnen auf Anonymität zu durchbrechen. Dies führt dazu, dass der Einzelne mit Einschränkungen seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts leben muss, wenn berechtigte Gründe dafür vorliegen, welche im Rahmen einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der berechtigten Gründe die Grenze des Zumutbaren noch wahren.

Namensnennung in Medienberichten bei überwiegendem Informationsinteresse der Öffentlichkeit zulässig

Die namentliche Benennung einer Person im Rahmen einer berechtigten Berichterstattung setzt aufgrund der Tatsache, dass die betroffene Person für die Öffentlichkeit identifizierbar wird und somit einer nachhaltigen, für sie einschneidenden Kritik ausgesetzt ist, voraus, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit daran, zu erfahren, um wen es sich bei der betroffenen Person handelt, das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen, identifizierbaren Person überwiegt.

 Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Berichterstattung über das Ereignis, welches die Öffentlichkeit interessiert, auch dergestalt erfolgen könnte, dass eine Namensnennung nicht erfolgt. Die Presse muss lediglich berücksichtigen, dass sorgfältig abzuwägen ist, ob eine Namensnennung und eine identifizierbare Berichterstattung erforderlich sind, um das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu befriedigen oder ob es im Einzelfall unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen geboten ist, von einer Namensnennung abzusehen, etwa weil die Rufschädigung und Kritik in keinem Verhältnis stehen. 

Hier trägt die Presse eine besondere Sorgfaltspflicht. Im Rahmen der Gesamtabwägung ist unter anderem auch zu berücksichtigen, ob es sich bei der betroffenen Person um eine Person des öffentlichen Lebens oder um eine bislang unbekannte Person handelt.

Namensnennung unzulässig bei Prangerwirkung 

Unzulässig ist eine identifizierende Berichterstattung unter Nennung des Namens der betroffenen Person in jedem Fall, wenn eine unzulässige Prangerwirkung durch den Bericht entfaltet wird. Von einer Prangerwirkung spricht man, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf das Ansehen und die Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (BGH, Urteil vom 13.1.2015 – VI ZR 386/13 (KG); BVerfG, GRUR 2010, 544 Rn. 25).


Ansprüche bei Persönlichkeitsrechtsverletzung

Erfahren Sie im Beitrag, welche Ansprüche Sie bei Verletzung Ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts haben und wie Sie Ihre Ansprüche durchsetzen:

Ansprüche bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts





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