Nur ausnahmsweise kein Haftpflichtversicherungsschutz für Foulspiel beim Fußball

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Dass es sich beim Fußball um ein Kampfspiel handelt, in dem die Gegner gelegentlich die Regeln überschreiten und bei dem man sich aufgrund des normalen Spielverlaufs auch ohne Foul des Gegners verletzen kann, ist allgemein bekannt. Daher geht die Rechtsprechung auch davon aus, dass jeder Mitspieler in einem organisierten Spiel sein Einverständnis zu bestimmten Angriffen des Gegners erklärt, die außerhalb des Spiels unproblematisch als Körperverletzung einzuordnen wären. Durch das Einverständnis wird das Verhalten jedoch rechtmäßig, auch wenn die Regeln in gewissem Maße überschritten werden, es sich also um ein Foul handelt. Dabei liegt allerdings die Annahme zugrunde, dass nur solche Verletzungen von dem Einverständnis mit gedeckt sind, die fahrlässig erfolgen, z.B. weil man „zu spät kommt", der foulende Spieler aber keinen Vorsatz hat, den anderen zu verletzen. Dennoch kommt es regelmäßig sowohl im Amateur- als auch im Leistungsbereich zu derart schweren Verletzungen mit auch materiellen Folgen, dass sich die Frage stellt, ob der foulende Spieler hierfür zum Schadenersatz verpflichtet ist.

Während früher die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs die absolute Ausnahme war, häufen sich in den letzten Jahren die Fälle, in denen der Verletzte von dem Schädiger Schadenersatz verlangt.

Da der Schadenersatzanspruch des Geschädigten grundsätzlich unter den Schutz einer privaten Haftpflichtversicherung fällt, erfolgt die Regulierung des Schadens über den Haftpflichtversicherer. In der Praxis kommt es dabei häufig zu abweichenden Darstellungen der angehörten Beteiligten, so dass der Versicherer sich kein abschließendes Bild darüber machen kann, ob vorliegend ein fahrlässiges Verhalten, das Voraussetzung der Einstandspflicht des Versicherers ist, vorliegt. Gerade bei höheren Schadensummen wird der Versicherer dann geneigt sein, den Schadenersatzanspruch abzulehnen, damit der Sachverhalt evtl. im gerichtlichen Verfahren geklärt wird, sofern der Geschädigte Klage erhebt.

Anders sieht es aus, wenn der Geschädigte den Schadenhergang so schildert, dass der Eindruck entsteht, der Schädiger hätte vorsätzlich gehandelt und zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Geschädigte sich bei einem Foulspiel verletzt. Denn Versicherungsschutz für vorsätzlich herbeiführte Schäden genießt der Schädiger nicht.

Gerade die Frage, ob fahrlässiges, aber noch kein vorsätzliches Verhalten vorlag, beschäftigt daher die Gerichte. Kürzlich hat dabei das OLG Karlsruhe in seinem Urteil vom 27.09.2012 (9 U 162/11) ausführlich und sehr dezidiert zu der Problematik Stellung genommen und dabei die (versicherungsnehmerfreundlichen) Abgrenzungskriterien herausgearbeitet.

Der klagende Spieler unterhielt bei dem beklagten Versicherer eine private Haftpflichtversicherung und verfolgte mit der Klage Versicherungsschutz für Schadenersatzansprüche, den die Beklagte abgelehnt hatte.

Der Kläger hatte an einem Landesligaspiel des DFB teilgenommen. Während des Spiels verließ er seine Position im Mittelkreis und rannte ca. 20 bis 30 m auf den ballführenden Geschädigten zu, der den Ball mit seinem Körper und rechten Fuß abschirmte. Der Kläger traf den Geschädigten aus vollem Lauf mit gestrecktem Bein von seitlich hinten am Fuß und fügte ihm dadurch einen Wadenbeinbruch, eine Sprunggelenksverletzung und mehrere Bänderrisse zu. Der Kläger wurde für das Foul mit der roten Karte bestraft und des Feldes verwiesen.

Dies äußere Geschehen soll trotz der Tatsache, dass der Kläger nach der Einschätzung sowohl des Landgerichts als auch des Senats nicht ausreichen, um eine vorsätzliche Schädigung, auf die sich die Beklagte berufen hat, nachzuweisen. Zwar stelle das Verhalten eine grobe Verletzung der Spielordnung des DFB dar und der Kläger habe auch seine Sorgfaltspflichten gegenüber dem Geschädigten verletzt, dies alleine genüge aber nur für den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit, da daraus nicht hergeleitet werden könne, dass der Kläger die Verletzung des Geschädigten beabsichtigt oder zumindest billigend in Kauf genommen habe. Letzteres wäre Voraussetzung für die Annahme eines Verletzungsvorsatzes.

Dementsprechend führte das Gericht in seinem Leitsatz aus:

Im Fußball lässt der äußere Hergang eines groben Foulspiels grundsätzlich nicht auf einen die Leistungspflicht des Haftpflichtversicherers ausschließende Verletzungsvorsatz gem. § 103 VVG schließen. Dies gilt auch dann, wenn der Spieler mit 20 bis 30m Anlauf und gestrecktem Bein von hinten in seinen Gegner hineingrätscht, ohne den Ball erreichen zu können.

Zum Verhängnis wurde dem Kläger jedoch sein loses Mundwerk. Denn er hatte dem Geschädigten kurz vor dem Foulspiel gedroht, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen. Diese Drohung soll nach Ansicht des Senats in Zusammenschau mit dem späteren Ablauf des Foulspiels den Schluss auf einen entsprechenden Verletzungsvorsatz zulassen.

Im Ergebnis ist dem Urteil zuzustimmen. Allein aus der schwere des Foulspiels kann schlechterdings nicht darauf geschlossen werden, dass der Schädiger den Vorsatz hatte, seinen Gegenspieler körperlich zu verletzen. Hierzu gibt die Lebenserfahrung keinen Raum. Dies gilt insbesondere, da Regelüberschreitungen leicht auf die mit einem Spiel verbundenen Emotionen und körperlichen Anstrengungen zurückgeführt werden können. Dies ändert sich jedoch dann, wenn der spätere Schädiger gerade die Verletzung ankündigt. Wird dies festgestellt, so rechtfertigt dies nach den Beweislastregeln im Zivilprozess, von einem Vorsatz auszugehen. Ebenso kann aber auch das Verhalten nach dem Foulspiel als Indiz für die innere Motivation des Schädigers herangezogen werden.

Rechtsanwalt Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht



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