Nutzungsausfallentschädigung für Fahrrad - Erfolgreiche Schadensersatzklage gegen Kfz-Haftpflichtversicherung

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Zum Sachverhalt

Das Fahrrad der Mandantin wurde bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigt und war nicht mehr fahrtüchtig. Der Mandantin fehlten die finanziellen Mittel, um die Reparaturkosten selbst aufzubringen. Nach Vorlage des Kostenvoranschlags der Reparaturwerkstatt zahlte der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners die Reparaturkosten erst mit erheblicher Verzögerung. Nachdem die Mandantin die Reparatur sodann durchführen ließ, weigerte sich die Versicherung, eine Nutzungsausfallentschädigung für die gesamte Zeit zu bezahlen, in der die Mandantin ihr Fahrrad nicht nutzen konnte.

Amtsgericht Köln verurteilt Kfz-Haftpflichtversicherer zur Zahlung von Nutzungsausfallentschädigung

Im Januar 2023 wurde die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners nach Einreichung einer entsprechenden Schadensersatzklage des Unterzeichners mit Urteil des Amtsgericht Köln daher rechtskräftig zur Zahlung von Nutzungsausfallentschädigung an die Mandantin verurteilt. Das Gericht sprach der Mandantin die Nutzungsausfallentschädigung für die gesamte Zeit zu, ab der Mitteilung der Mandantin an die Versicherung, dass sie die Reparaturkosten aus eigenen finanziellen Mitteln nicht aufbringen kann, bis zur Fertigstellung der Reparatur.

Das Gericht entschied, dass Nutzungsausfall zu erstatten ist, wenn das Fahrrad als tägliches Transportmittel genutzt wird. Unerheblich ist, ob der Geschädigte auf die tägliche Nutzung angewiesen war; maßgeblich ist allein die tatsächliche Nutzung, auch wenn der Geschädigte hierauf möglicherweise nicht angewiesen war. Die Nutzung des Fahrrads muss dem Geschädigten dabei unfallbedingt tatsächlich entzogen sein. Daran fehlt es, wenn der Geschädigte das Fahrrad unrepariert weiternutzt oder es schon vor Ablauf der prognostizierten Reparaturdauer zurückerhält. 

Dem Geschädigten steht eine Nutzungsausfallentschädigung nur zu, wenn er sein Fahrrad während der Reparaturzeit benutzen wollte und hierzu auch in der Lage war. In der Regel spricht die Lebenserfahrung dafür, dass der Besitzer eines Fahrrades dieses während eines unfallbedingten Ausfalls benutzt hätte (so auch die herrschende Rechtsprechung für Kraftfahrzeuge).

Nach Teilen der Rechtsprechung fehlt ein Nutzungswille, wenn der Geschädigte nach einem Unfall über längere Zeit keine Reparatur durchführen lässt bzw. kein Ersatzfahrzeug angeschafft hat. Zumindest begründet der lange Zeitraum eine von dem Geschädigten zu entkräftende tatsächliche Vermutung für einen fehlenden Nutzungswillen. Allerdings kann von einem fortbestehenden Nutzungswillen ausgegangen, mithin die Vermutung widerlegt werden, wenn der Geschädigte konkret nachweisen kann, dass die finanziellen Mittel für eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung fehlen.

Vorliegend konnte das Gericht von dem Bestehen des erforderlichen Nutzungswillens der Mandantin im Rahmen der Durchführung einer Beweisaufnahme überzeugt werden.

Der Ersatzanspruch ist auf die erforderliche Ausfallzeit beschränkt. Neben der erforderlichen Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer ist hier auch die Zeit für vorbereitende Maßnahmen zu berücksichtigen. So ist der Geschädigte zwar zur Schadensbehebung in angemessener Zeit und damit zur unverzüglichen Einleitung der Wiederherstellung verpflichtet, er darf aber grundsätzlich die Schadensfeststellung abwarten und ggf. eine angemessene Überlegungszeit für sich in Anspruch nehmen, wenn Wiederherstellungsalternativen bestehen. 

Den für den Nutzungsausfall des Fahrrades maßgeblichen Tagessatz setzte das Gericht mit 10,00 EUR pro Tag an. Da es Tabellenwerte für Fahrräder nicht gibt, ist die Höhe des Ausfallschadens in Abhängigkeit von Alter, Neupreis und Erhaltungszustand des Fahrrades zu ermitteln. Vorliegend betrug der Tagessatz nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Mandantin 10,00 EUR pro Tag.

Achtung: Schadensminderungspflicht des Geschädigten!

Fehlen dem Geschädigten wie hier der Mandantin die finanziellen Mittel, um die Reparaturkosten selbst aufzubringen, muss er den Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung hierauf hinweisen.

Wenn der Geschädigte zur Vorfinanzierung der Reparatur bzw. der Ersatzbeschaffung nicht in der Lage ist und sich daher die Wiederherstellung verzögert, verletzt er seine Schadensminderungspflicht dann, wenn er den Schädiger nicht rechtzeitig davon in Kenntnis setzt und auf die Gefahr einer Schadensvergrößerung hinweist (OLG Köln, Urteil vom 14. März 2019 – I-15 U 109/18).


Anwaltsbüro Kia Noghrekar

Herr Rechtsanwalt Kia Noghrekar




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