Obliegenheiten des Versicherungsnehmers in der Wohngebäudeversicherung
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1. Das Sanktionssystem im Obliegenheitenrecht
Obliegenheiten legen bestimmte Verhaltensregeln für den Versicherungsnehmer fest, deren Verletzung zu rechtlichen Nachteilen führen kann. Obwohl Obliegenheiten nicht einklagbar sind, ziehen ihre Verletzungen spezifische, gesetzlich oder vertraglich geregelte Rechtsfolgen nach sich.
Die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers können gesetzlich geregelt sein, wie zum Beispiel:
- Die vorvertragliche Anzeigepflicht
- Die Gefahrstandspflicht
- Die Schadensabwendungs- und Minderungsobliegenheit
- Die Pflicht zur Anzeige der Veräußerung der versicherten Sache
Zusätzlich können im Versicherungsvertrag weitere Obliegenheiten vereinbart werden. Werden diese wirksam festgelegt und vom Versicherungsnehmer nicht eingehalten, kann der Versicherer sich auf vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit berufen.
Zu den vertraglichen Obliegenheiten zählen insbesondere Sicherheitsvorschriften, die eine zentrale Rolle spielen. Beispiele hierfür sind Vorgaben zur Brandvorsorge und Frostvorsorge.
a) Brandvorsorge
Im Bereich der Brandvorsorge sind bauordnungsrechtliche Sicherheitsvorschriften von besonderer Bedeutung. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass Klauseln, welche den Versicherungsnehmer verpflichten, „alle gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften“ einzuhalten, wirksam sind.
Im betreffenden Fall führte ein nicht gemäß Landesbauordnung abgenommener Pizzaofen zu einem Brand, der einen erheblichen Sachschaden verursachte.
b) Frostvorsorge
Zur Vermeidung von Leitungswasserschäden schreiben Sicherheitsvorschriften Maßnahmen zur Frostvorsorge vor, wie die Beheizung und Kontrolle von Gebäuden. Unter bestimmten Umständen besteht auch die Pflicht, Wasserleitungen zu entleeren, insbesondere bei leerstehenden Gebäuden, um das Risiko von Schäden zu minimieren.
2. Die Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen
Wird eine vertraglich vereinbarte Obliegenheit vor Eintritt des Versicherungsfalls verletzt und liegt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vor, kann der Versicherer den Vertrag kündigen. Tritt der Versicherungsfall ein, darf der Versicherer nach dem Gesetz seine Leistungen verweigern oder kürzen, sofern ein kausaler Zusammenhang besteht.
3. Konkurrenz von Vorschriften
Sicherheitsvorschriften dienen der Gefahrenminderung oder der Vermeidung einer Gefahrerhöhung. Sie können mit Gefahrerhöhungsvorschriften oder dem Vorwurf der vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls konkurrieren. Dies erschwert die Feststellung der Rechtsfolgen und die Prüfung der Wirksamkeit einer Leistungsablehnung. Eine anwaltliche Expertise ist in solchen Fällen ratsam.
4.Leitungswasserversicherung: Leerstehendes Haus
In der Wohngebäudeversicherung wird oft vereinbart, dass ungenutzte Gebäude oder Gebäudeteile regelmäßig kontrolliert und wasserführende Anlagen abgesperrt sowie entleert gehalten werden müssen.
In der Praxis ist bereits streitig, ob es sich um ein „nicht genutztes“ bzw. „nicht benutzten“ Haus handelt. Es empfiehlt sich zu prüfen, ob die Rechtsauffassung der Wohngebäudeversicherung und ihre ablehnende Haltung im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung stellt. So wird in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass ein Haus, in dem der Versicherungsnehmer, dessen Freude und Bekannten zeitweise Wohnen, genutzt wird. Sodass in diesem Fall der Versicherer leistungspflichtig bleibt und die Ablehnung bzw. Leistungskürzung unwirksam ist.
Steht hingegen fest, dass das Gebäude „nicht benutzt“ ist, sollte geprüft werden, ob die Ablehnung der Versicherung mit der aktuellen Rechtsprechung im Einklang steht. Der BGH entschied 2008, dass Kontrollintervalle nach Verkehrsanschauung und Lebenserfahrung individuell zu bestimmen sind, basierend auf Faktoren wie Bauart, Alter, Funktionsweise, Wartung und Störanfälligkeit der Heizung.
Hat Ihre Wohngebäudeversicherung Leistungen gekürzt oder abgelehnt, weil Sie angeblich vorsätzlich gehandelt oder Sicherheits- bzw. Gefahrerhöhungsvorschriften nicht eingehalten haben, empfiehlt es sich, die Entscheidung durch eine spezialisierte Kanzlei überprüfen zu lassen.
5. Fazit
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte einzufordern und prüfen, ob die Kürzung oder Ablehnung ihrer Wohngebäudeversicherung rechtmäßig ist.
Rechtsanwältin Julia Kleyman, Fachanwältin für Versicherungsrecht, berät Versicherungsnehmer in vergleichbaren Fällen. Unsere Kanzlei vertritt ausschließlich Versicherungsnehmer und hat bereits zahlreiche Ansprüche erfolgreich durchgesetzt. Sprechen Sie uns an – auf Wunsch übernehmen wir auch die Kommunikation mit Ihrer Rechtsschutzversicherung.
https://www.saleo-recht.de/lp-versicherungsrecht
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