OLG Hamm bestätigt kaufrechtlichen Rückgabeanspruch eines PKW VW Tiguan mit dem darin verbauten Motor EA288

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Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 16.11.23 in einem durch uns geführten Verfahren auch nunnmehr zweitinstanzlich bestätigt, dass die Klägerseite einen kaufrechtlichen Anspruch auf Rückgabe eines im Jahre 2015 gekauften PKW Tiguan mit dem Motor EA288 - bezogen auf die Bewertung der Sachlage im Zeitraum 2015 bzw. 2017 - gegen den Verkäufer hat (sog. "Frühkauf").

Was war geschehen?

Die Klägerseite führte vor dem Landgericht ein Verfahren auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen PKW VW Tiguan u.a. mit der Begründung, dass der im Fahrzeug verbaute Dieselmotor der Entwicklungsstufe EA288 über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfüge. Dem gab das erstinstanzliche Landgericht seinerzeit statt.

Die dagegen seitens des Verkäufers eingereichte Berufung blieb überwiegend ohne Erfolg.

Das Oberlandesgericht in Hamm urteilte jetzt, dass das Landgericht im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben und einen kaufrechtlichen Anspruch der Klägerseite gegen die Beklagte auf Rückabwicklung des über den PKW Tiguan geschlossenen Kaufvertrages bejaht habe. Die vorgetragenen Berufungsgründe der Verkäuferin seien – im Lichte der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs zu Abschalteinrichtungen – nicht geeignet, in dem zu beurteilenden Einzelfall (sog. „Frühkauf“) eine abweichende, der Beklagten günstigere Entscheidung zu tragen. Das streitgegenständliche Fahrzeug habe sowohl bei Übergabe im November 2015 als auch im Zeitpunkt des Rücktritts im September 2017 einen Sachmangel in Gestalt einer unzulässigen Abschalteinrichtung aufgewiesen, der sich im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung – die Überprüfung des Motors EA 288 durch das Kraftfahrt-Bundesamt („KBA“) war zu dieser Zeit noch nicht abgeschlossen – auch nicht als unerheblich dargestellt habe. Der Annahme eines zum Rücktritt berechtigenden Sachmangels stehe zudem die für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp erteilte EG-Typgenehmigung nicht entgegen.

Damit kann die Klägerseite das Fahrzeug zurückgeben und erhält den Kaufpreis zurück abzgl. einer Entschädigung über die gefahrenen Kilometer.

Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist, dass das OLG nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 26.06.23 in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung in dem hier zu entscheidenen Einzelfall davon ausging, dass dem PKW bei Übergabe 2015 aufgrund einer eingebauten unzulässigen - und auch nicht ausnahmsweise zulässigen - Abschalteinrichtung ein Sachmangel anhaftete.

Weiter stellte der Senat u.a. klar, dass es für die Frage der Berechtigung eines Rücktritts und des Vorliegens eines Sachmangels auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung und nicht auf den Zeitpunkt der (späteren) gerichtlichen Entscheidung ankomme. Insoweit vermochte der Senat jedenfalls für den Zeitraum 2015 bzw. 2017 eine latente Gefahr einer Betriebsuntersagung des Fahrzeuges nicht zu verneinen, weil (s.o.) die Prüfungen beim KBA hinsichtlich des Motos noch nicht abgeschlossen waren (sog. "Frühkauf").

Im Übrigen halte der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung zur sog. Tabestandswirkung der EG-Typengennehmigung nicht mehr fest, denn die Möglichkeit der Annnahme einer unzulässigen Abschalteinrichtung stünde die für das Fahrzeug erteilte Genehmigung nicht entgegen.

Im Ergebnis lässt sich daher zusammenfassen, dass die Rechtsprechung bzgl. der rechtlichen Einordnung der Verwendung von (unzulässigen) Abschalteinrichtungen in Motoren weiterhin in Bewegung ist und gerade in jüngster Zeit wieder einige Entscheidungen zugunsten der Käuferseite getroffen worden sind.



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