OLG Stuttgart stellt klar: Amazon-Händler haftet für Wettbewerbsverstöße der von ihm genutzten ASINs

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Verkäufer bei Amazon nutzen in der Regel Artikelbeschreibungen (ASINs), die bereits vorhanden sind. Wenn ein Produkt bereits im Produktkatalog von Amazon gelistet ist, besteht die Verpflichtung, diese Artikelbeschreibung (ASIN) zu nutzen.

Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG Stuttgart Urteil vom 04.11.2021 Az.: 2 U 49/21) hat klargestellt, dass ein Amazon-Verkäufer ohne Wenn und Aber für Wettbewerbsverstöße der von ihm genutzten ASIN haftet.

In der Sache selbst ging es um wettbewerbswidrige Aussagen nach Health Claims (HCVO). Der Beklagte Händler hatte sich damit verteidigt, dass die von ihm genutzte ASIN nicht seine sei, sondern er sich lediglich angehangen habe.

Dieser Verteidigungsstrategie erteilte das OLG eine Absage:

„Unbehelflich ist schließlich der Einwand der Beklagten, die Unterlassungsverfügung sei unverhältnismäßig, weil sie sich mit ihrem Angebot lediglich an eine von ihr nicht zu beeinflussende Produktbeschreibung auf der Internetplattform Amazon angehängt habe. Ein Händler, der auf einer Internet-Handelsplattform in seinem Namen ein Verkaufsangebot veröffentlichen lässt, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Änderung der beschreibenden Angaben vorbehalten ist, haftet er als Täter für den in Folge unzutreffender Angabe irreführenden Inhalt seines Angebotes. Die zurechenbare Gefahr, in dieser Konstellation für falsche Angaben Dritter zu haften, stellt keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den Händlern in Anspruch genommenen Vorteile einer internetbasierten, allgemeinen zugänglichen und weitreichenden Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattformen darstellt. Wenn es zur Wahrung der Einheitlichkeit und der Übersichtlichkeit des Produktangebotes im Internetportal erforderlich ist, identische Produkte unter einer Identifikationsnummer aufzulisten, und Händler sich in diesem Zusammenhang einer inhaltlichen Einflussnahmemöglichkeit des Plattformbetreibers unterwerfen, müssten Sie auch mit der hiermit potenziell verbundenen Verfälschung Ihres Angebotes rechnen.“

Diese Ansicht des OLG Stuttgart ist nichts neues. Der Bundesgerichtshof hatte die Haftung der Händler z. B. in der Entscheidung „Herstellerpreisempfehlung bei Amazon“ bereits 2016 bestätigt.

Die Rechtsprechung zeigt auf der anderen Seite jedoch auch, wie weitreichend eine Abmahnung wegen einer wettbewerbswidrigen Artikelbeschreibung bei Amazon ist:

In einer Abmahnung wird immer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert. Eine Unterlassungserklärung sollte jedoch nur dann abgegeben werden, wenn der abgemahnte Verkäufer diese auch ohne Wenn und Aber einhalten kann. Dies ist bei Amazon-Angeboten naturgemäß schwierig: Amazon selbst oder Händler mit Schreibrechten können die genutzten ASINs jederzeit verändern. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass es in einer Abmahnung in der Regel nicht um eine bestimmte Artikelbeschreibung geht, sondern um ganz grundsätzliche produktbezogene Aussagen.

Wer somit als Amazon-Verkäufer wegen einer fehlerhaften Artikelbeschreibung abgemahnt wird, sollte es sich sehr genau überlegen, ob es Sinn macht, eine Unterlassungserklärung abzugeben.

Rechtsfolgen einer Unterlassungserklärung sind häufig weiter, als gedacht

Die Rechtsfolgen sind im Übrigen noch weitergehend: Denkbar ist auch, dies kenne ich aus meiner jahrelangen Beratungspraxis, dass ein Händler wegen einer Artikelbeschreibung bei eBay oder in seinem Internetshop abgemahnt wird, gleichzeitig jedoch auch über Amazon verkauft. Die geforderte Unterlassungserklärung gilt ganz grundsätzlich und zwar unabhängig von der genutzten Plattform. Dies wird häufig übersehen. Somit kann auch eine Abmahnung, die sich z. B. auf eBay oder Internetshop bezieht, durchaus Auswirkungen auf die Angebote des Verkäufers bei Amazon haben.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen. 

Sie haben auch eine Abmahnung erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung wegen angeblich wettbewerbswidriger Inhalte einer ASIN erhalten haben, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an.
  • Schicken Sie mir eine E-Mail.
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.

Johannes Richard
 Rechtsanwalt
 Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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