OLG Zweibrücken gibt privaten Bauherren im Streit mit Handwerkern Recht

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Liegt auch dann ein Ver­brau­cher­bau­ver­trag vor, wenn der Bauherr bei seinem Neu­bau eines Wohn­hau­ses verschiedene Ge­wer­ke an ein­zel­ne Hand­werks­un­ter­neh­men ver­gibt? Die Frage, ob ein Verbraucherbauvertrag vorliegt oder nicht, wird beispielsweise dann relevant, wenn das Handwerksunternehmen im Streit um die Bezahlung der erbrachten Leistungen vom Kunden eine Sicherheit oder Bankbürgschaft für ausstehende Rechnungsbeträge verlangt. Denn wenn es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt, hat das Handwerksunternehmen nach aktueller Gesetzeslage keinen Anspruch auf die Sicherheitsleistung durch den Kunden. Das Oberlandesgericht Zweibrücken gab nun mit seinem Urteil vom 29.03.2022 (Az. 5 U 52/21) einem Bauherren-Ehepaar Recht und entschied, dass auch dann von einem Verbraucherbauvertrag auszugehen ist, wenn die Gewerke einzeln vergeben werden. Worum es in dem Urteil genau ging und wie sich Bauherren vertraglich absichern können, lesen Sie im nachfolgenden Rechtstipp.

Der Fall kam zunächst vor das Landgericht Landau, weil ein Handwerksbetrieb mit einem Bauherren-Ehepaar um die Stellung einer Bauhandwerkersicherung stritt. Die Bauherren waren mit der Qualität der erbrachten Bauleistungen unzufrieden und verweigerten daraufhin die Zahlung eines Restbetrages von ca. 8000 Euro. Das Bauunternehmen verlangte für die ausstehende Summe dann eine Sicherheitsleistung, zum Beispiel in Form einer Bankbürgschaft. Dies verweigerten die Bauherren aber und vertraten die Ansicht, dass hier ein Verbraucherbauvertrag vorliege. Und in diesem Fall komme eine Ausnahmeregelung nach dem BGB zur Anwendung, wonach kein Anspruch auf eine solche Sicherheitenstellung bestünde. Das Landgericht Landau sah das anders und verurteilte das Bauherren-Ehepaar. Die Eheleute fanden das Urteil ungerecht und legten dagegen Berufung ein. Mit Erfolg!

Typischerweise erteilen private Bauherren den Bauauftrag an einen einzigen Generalunternehmer, der dann selbst oder durch Subunternehmer die beauftragten Bauleistungen für die Bauherren ausführt. In vielen Fällen entscheiden sich die Bauherren aber auch dafür, die Gewerke für ihren Hausbau einzeln zu vergeben. Das Oberlandesgericht Zweibrücken musste nun die bis dahin umstrittene Frage entscheiden, ob die Ausnahmeregelung zur Sicherheitenstellung zugunsten des Verbrauchers auch dann gilt, wenn die Bauaufträge vom Bauherrn für verschiedene Gewerke an mehrere unterschiedliche Bauunternehmen vergeben werden. Das OLG Zweibrücken hob die Fehlentscheidung des Landgerichts Landau auf und urteilte hier klar zugunsten des Bauherren-Ehepaars. Der Verbraucherschutzgedanke müsse dazu führen, dass es keinen Unterschied machen dürfe, ob der private Bauherr die einzelnen Gewerke einzeln bei verschiedenen Bauunternehmern beauftrage oder ein Baugeneralunternehmer alle Leistungen aus einer Hand erbringe. Das OLG Zweibrücken betonte, dass es nicht gerechtfertigt sei, Bauherren schlechter zu stellen, die die Bauleistungen einzeln vergeben. Zudem bestünde bei anderer Rechtsanwendung die Gefahr, dass Bauträger und Generalunternehmer die Verbraucherschutzvorschriften umgehen könnten, indem gezielt bestimmte Leistungen aus dem Generalauftrag gestrichen werden und Bauherren zur gesonderten Vergabe von bestimmten Aufträgen gezwungen wären. Auch dann müsse der Verbraucherschutz greifen.

Der Handwerksbetrieb hat zwischenzeitlich Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Ob sich auch der BGH auf die Seite der Verbraucher schlägt, bleibt abzuwarten.

Unser Tipp: Vertragliche Regelungen im Bauvertrag schaffen Sicherheit

Wann der Bundesgerichtshof die umstrittene Frage zum Vorliegen des Verbraucherbauvertrages abschließend entscheidet, ist unklar. Deshalb empfehlen wir Bauherren ohne Generalunternehmer, die also einzelne Gewerke bei verschiedenen Bauunternehmern beauftragen wollen, stets vorsorglich eine ausdrückliche Klausel im Bauvertrag aufzunehmen, wonach sich Bauherr und Handwerksunternehmen einig sind, dass es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt und die entsprechenden Vorschriften zur Anwendung kommen sollen. 

Betroffenen Bauherren, die insoweit Beratungsbedarf haben, stehen wir anwaltlich gerne schon bei der Vertragsgestaltung und Bauträgervertragsprüfung zur Seite. Bauherren, die sich in derselben oder einen ähnlichen Situation befinden wie das Bauherren-Ehepaar in dem vom OLG Zweibrücken entschiedenen Fall, beraten wir ebenfalls gerne zu ihren Rechten und unterstützen anwaltlich bei der Durchsetzung. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.



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