Online-Bewertungen: Was darf ich schreiben? Was muss ich dulden?

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Ob Einzelhandel, Online-Shop, Arzt oder Friseursalon: Jeder Anbieter von Waren oder Dienstleistungen kann im Netz bewertet werden. Dies kann über berufsspezifische Plattformen wie z. B. Jameda oder über den Suchmaschinengiganten Google erfolgen. Letzterer erreicht mit seiner überlegenen Reichweite viele der Suchenden und konfrontiert diese unmittelbar mit der Bewertung eines Unternehmers.

Beeinflussung durch Online-Bewertungen nicht zu unterschätzen

Wer kennt das Problem nicht? Man ist neu in einer Stadt und sucht einen Arzt. Eine schnelle Suche im Internet bringt zwei Kandidaten in der Nähe hervor. Kandidat 1 ist eher mittelmäßig bewertet, während der vielversprechendere Kandidat 2 häufige wie auch sehr gute Bewertungen bekommen hat. Ohne die fachliche Kompetenz der Ärzte genauestens zu kennen, hat man sich unterbewusst bereits entschieden.

Der Marktanteil von Google liegt in Deutschland bei 90 %, man kann also guten Gewissens sagen, das nahezu jeder gelegentlich googelt. Die dabei auftauchenden Bewertungen haben regelmäßig zumindest unterbewusst einen Einfluss auf die eigene Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen. Sie geben einem jedenfalls eine Orientierung, ob man sich für oder gegen eine Dienstleistung entscheiden soll. Das ist oft sehr angenehm. Niemand stürzt sich gerne ins Unbekannte. 

Doch Bewertungen haben nicht nur positive Begleiterscheinungen. Negative Bewertungen beeinflussen oft mehr, als es positive Bewertungen können. So könnten bereits zwei negative Bewertungen die Entscheidungsfindung stärker lenken, als es acht positive könnten. Oft werden gar die negativen Bewertungen zuerst gelesen. Besonders ärgerlich sind negative Bewertungen für die Betroffenen. Nicht nur, weil solche Bewertungen den Kunden abschrecken. Vielmehr können diese „Spielwiese“ für falsche und verletzende Kommentare sein. Zudem kann die Bewertung von einer Person kommen, die die bewertete Leistung gar nicht in Anspruch genommen hat.

Die Dos und Don’ts bei Bewertungen

Aufgrund des großen Potenzials, geschäftliche Entscheidungen zu beeinflussen, sollte man sich beim Verfassen von Bewertungen stets an die (rechtlichen und plattformeigenen) Regeln halten. Hierbei kann einem das Bauchgefühl oft den richtigen Weg weisen. Dennoch ist damit nicht alles getan. Bevor man sich im Internet „verewigt“, sollte man sich über die Dos und Don’ts bei Bewertungen sowie die damit untrennbar verbundenen Rechtsfolgen vergewissern.

Was darf ich in einer Bewertung schreiben?

Es gilt der Grundsatz: Man darf alles schreiben, solange dies nicht unzulässig in die Rechte Dritter eingreift. Im Fokus steht hierbei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des oder der Betroffenen. Wichtig ist demnach, dass man stets eine sachliche Auseinandersetzung mit der Person oder dem Unternehmen führt, welche(s) man bewerten will. Von besonderer Relevanz sind hierbei die Oberbegriffe Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung.

Meinungsäußerung – grundsätzlich zulässig

Auf der einen Seite stehen zunächst die von Art. 5 Abs. 1 GG erfassten Meinungsäußerungen. Bei der Meinungsfreiheit handelt es sich um eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Meinungen sind durch die subjektive Beziehung des Einzelnen zum Inhalt seiner Aussage geprägt, wobei für sie das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens kennzeichnend ist.

Wie man den Medien allgemein entnehmen kann, wird der Umgangston im Internet immer rauer. Oft wird nach geschmacklosen Kommentaren versucht, sich hinter dem großen Schutzschild der Meinungsfreiheit zu verstecken. Auch von den Gerichten wird die Frage der Unterbindung von „kritischen“ Meinungsäußerungen sehr restriktiv gehandhabt. Letzteres ist auch grundsätzlich richtig so. Ob eine Meinungsäußerung letztendlich unterbunden werden kann oder nicht, ist ein schmaler Grat. 

Dem Grundsatz nach ist alles erlaubt, solange es einer Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen standhält. Eine Abwägung unterbleibt regelmäßig dann, wenn es sich um eine Schmähung oder eine Formalbeleidigung handelt und dabei eine Diffamierung der Person als solche im Raum steht. 

So ließ das LG Berlin im Jahr 2019 die auf Facebook an die Bundestagsabgeordnete Renate Künast gerichteten Äußerungen „Stück Scheiße“, „Drecksfotze“ und „Geisteskranke“ gelten. Die Entscheidung wurde jedoch zwischenzeitlich in Teilen durch das LG Berlin selbst revidiert.

Unwahre Tatsachenbehauptungen – grundsätzlich unzulässig

Tatsachenbehauptungen sind im Gegensatz zu Meinungsäußerungen dem Beweis zugänglich. Sie lassen sich also mit Fakten belegen und können wahr oder falsch sein. Dabei zählt nicht das eigene subjektive Empfinden von Wahrheit oder Unwahrheit. Vielmehr muss dies objektiv belegbar sein. Dementsprechend sind reine Tatsachenbehauptungen auch grundsätzlich nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. 

Fast selbstverständlich ist es dem Grunde nach zulässig, wahre Tatsachen in einer Bewertung wiederzugeben. Trotz allem sollte man im Hinterkopf behalten, dass man diese (wahren) Tatsachen im Zweifels-, das heißt im Streitfall, auch beweisen können muss. In wenigen Fällen können wahre Tatsachenbehauptungen unzulässig sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Äußerung dieser wahren Tatsachenbehauptung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unverhältnismäßig beeinträchtigt.

Dem Grunde nach unzulässig sind hingegen unwahre Tatsachenbehauptungen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn man behauptet 

„Arzt X hat mich falsch behandelt“,

man aber letztendlich von diesem nicht behandelt wurde oder die Behandlung nach medizinischem Verständnis korrekt war. Auch hier muss stets geprüft werden, ob durch die unwahre Tatsachenbehauptung tatsächlich eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen einhergeht.

Um Konfliktsituationen zu vermeiden, tut man also gut daran, nur wahre Tatsachen zu schreiben wie auch stets sachlich seine Meinung zu äußern. Ein Verstoß kann nämlich neben zivilrechtlichen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wie gehe ich gegen rechtswidrige Bewertungen vor?

Doch was kann man als Betroffener machen, sollte sich eine Bewertung nicht an die vorgenannten Voraussetzungen halten und demnach rechtswidrig sein?

Bevor der Weg vor die Gerichte eingeschlagen wird, hat man sich vorgerichtlich darum zu bemühen, die relevante Äußerung löschen zu lassen. Teilweise effektiv ist es, sich mit dem Portal in Verbindung zu setzen, auf dem die Bewertung eingestellt wurde (Google, Facebook, Jameda etc.), und nach den dort vorgegebenen Schritten (z. B. Online-Antragsformular) diese zur Löschung aufzufordern.

Ein unmittelbares Vorgehen gegen den Verletzer selbst ist dann empfehlenswert, wenn man dessen persönliche Daten kennt und sich direkt an diesen wenden kann. Vorteilhaft ist hierbei, dass man auf diesem Weg zukünftige gleichartige Bewertungen ebenfalls unterbinden lassen kann. 

Erfolgte die Bewertung anonym oder gibt der Verletzer auf dem Portal nicht ausreichend Daten zu einer vollständigen Identifizierung an, besteht grundsätzlich kein Auskunftsanspruch gegenüber dem Portalbetreiber auf Herausgabe der benötigten persönlichen Daten des Verletzers. Handelt es sich hingegen um eine strafrechtlich relevante Äußerung, sieht dies wieder anders aus. Das LG Berlin entschied, dass bei einem im strafrechtlichen Sinne rechtswidrigen Inhalt (z. B. Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung) der Diensteanbieter gemäß § 14 Abs. 3 TMG Auskunft zu erteilen hat.

Muss ich zur Löschung einen Anwalt einschalten?

Für das reine Löschungsverlangen gegenüber den Internetportalen bedarf es keines Anwaltes. Dennoch kann die Einschaltung eines Rechtsanwaltes bereits in diesem Stadium von Vorteil sein. 

Ob eine Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung zulässig ist, lässt sich für einen Laien oft nicht eindeutig beantworten. Dementsprechend ist es von Vorteil, vor der geplanten Löschung anwaltlichen Rat einzuholen. Dieser wird aufgrund seiner Erfahrung eine hilfreiche Einschätzung über die Erfolgsaussichten des Vorgehens abgeben können. Nicht zu unterschätzen ist hierbei, dass es sich bei dem Anwalt um eine neutrale Stelle handelt, der in die oft emotionsgeladene Situation Ruhe bringen und diese objektiv beurteilen kann.

Wird eine Streitigkeit vor Gericht ausgetragen, ist anwaltliche Hilfe in jedem Fall zu empfehlen bzw. vor den Landgerichten sogar vorgeschrieben. 

Bleibe ich auf meinen Kosten sitzen?

Richtet sich das Löschungsverlangen gegen den Verletzer selbst, hat dieser bei erfolgreicher Rechtsverfolgung die durch die Einschaltung eines Anwalts entstandenen Kosten zu ersetzen. Dementsprechend entstehen keine Nachteile, bereits hier zu Beginn einen Anwalt zu konsultieren. 

Bei einem Vorgehen gegen das Internetportal ist dieses zunächst nicht verpflichtet, die Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Die Betreiber eines Internetportals haften erst dann auf Zahlung von Anwaltsgebühren, wenn sie sich trotz legitimer Aufforderung weigern, den aufgezeigten Rechtsverstoß zu beseitigen.

Was bedeutet dies nun für mich?

Online-Bewertungen beeinflussen uns alle. Verfasser solcher Bewertungen sollten daher darauf achten, dass sie auf dem Boden der Rechtsordnung stehen. Dabei hat der Bewertende zum einen die Feinheiten zu beachten, die sich im Rahmen der Zulässigkeit von Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen ergeben. 

Aufseiten des Betroffenen ist es unerlässlich, einen Überblick über die bestehenden Bewertungen zu haben. Eine Google-Suche nach dem eigenen Namen oder Unternehmen ist dafür häufig bereits ausreichend. Zögern Sie bei unzulässigen Bewertungen nicht, sich gegen rechtswidrige Äußerungen unverzüglich zur Wehr zu setzen. Gerne unterstützen wir Sie hierbei. Wir besprechen mit Ihnen die für Sie im einzelnen erforderlichen und sinnvollen Schritte und freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

Rechtsanwalt Dennis Tölle

Tölle Wagenknecht Rechtsanwälte Partnerschaft mbB


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