Opferschutzrecht: Opfer einer Straftat – welche Rechte und Möglichkeiten haben Geschädigte?

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Wer Opfer einer Straftat geworden ist, steht meist nicht nur vor finanziellen Schäden. Auch die emotionalen Folgen der Straftat haben meist tiefgreifende Spuren beim Opfer hinterlassen. Nicht selten werden die Geschädigten auch eingeschüchtert und haben Angst vor der Einleitung rechtlicher Schritte.

Wie setzen Geschädigte von Straftaten ihre Interessen effektiv und bestmöglich durch? Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick über die Rechte der Geschädigten geben.

Zunächst ist empfehlenswert, dass sich die Geschädigten einer Straftat professioneller Unterstützung durch Opferschutzorganisationen – wie etwa dem Weißen Ring – oder eines Rechtsanwalts bedienen.

Ermittlungsverfahren

Sofern die Straftat noch nicht zur Anzeige gebracht worden ist, sollte dies getan werden – auch dann, wenn das Opfer eingeschüchtert ist und möglicherweise ein erneutes Zusammentreffen mit dem Täter vermeiden möchte. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich der Täter für seine Straftat verantworten muss. Aber auch im Hinblick auf mögliche Entschädigungen ist eine Strafanzeige unerlässlich.

Die Strafanzeige kann bei jeder Polizeidienststelle persönlich oder schriftlich gestellt werden. Auch ist es möglich sich direkt an die Staatsanwaltschaft zu wenden. Bestimmte Delikte werden nur auf Antrag verfolgt, sodass es erforderlich ist zusätzlich einen sog. Strafantrag zu stellen. Dazu sollte jedoch auf die Dreimonatsfrist geachtet werden.

Nachdem die Strafanzeige erstattet und/oder der Strafantrag gestellt ist, werden Ermittlungen eingeleitet. Dazu wird der Beschuldigte vernommen und auch etwaige Zeugen.

Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt und Anklage erhoben bzw. die Strafe im Strafbefehlsverfahren verhängt werden soll oder ob das Verfahren eingestellt werden soll. 

Nicht jede Verfahrenseinstellung bedeutet, dass kein hinreichender Tatverdacht vorliegt. Auch kann aus anderen Gründen das Ermittlungsverfahren eingestellt werden. Sofern nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens ein hinreichender Tatverdacht besteht, wird Anklage gegen den Beschuldigten erhoben. Nachdem das zuständige Gericht diese zur Hauptverhandlung zulässt, muss sich der Täter vor Gericht für seine Taten verantworten.

Nebenklage

Wenn eine Anklage erhoben worden ist, kann das Opfer einer Straftat im Rahmen einer Nebenklage aktiv Einfluss auf das Strafverfahren nehmen. Die Nebenklage ist jedoch nur für die in § 395 StPO aufgezählten Straftaten möglich. Dazu zählen beispielsweise sexueller Missbrauch, Körperverletzung, Mord u. a.

Zeugenbeistand

Sofern es zur Vernehmung des Betroffenen im Gericht kommt, kann dieses sich gemäß § 68 b StPO eines Zeugenbeistandes bedienen. Dieser sorgt dafür, dass die rechtlich geschützten Interessen des Opfers gewahrt bleiben und sitzt direkt neben dem Zeugen bei der gerichtlichen Hauptverhandlung.

Adhäsionsverfahren

Falls der Geschädigte durch die Straftat einen finanziellen Schaden erlitten hat oder Schmerzensgeld beanspruchen möchte, ist dies im Rahmen eines sog. Adhäsionsverfahrens möglich. Dabei handelt es sich um ein zivilrechtliches Verfahren, welches in das gerichtliche Strafverfahren integriert ist. Selbstverständlich ist es dem Geschädigten auch möglich die zivilrechtlichen Ansprüche in einem zivilrechtlichen Verfahren geltend zu machen. 

Weitere Rechte

Opferentschädigungsgesetz

Betroffene, die durch eine Gewalttat gesundheitliche Schäden erlitten haben, können über das sog. Opferentschädigungsgesetz staatliche Leistungen erhalten. Dies gilt beispielsweise für ärztliche Behandlungen, Versorgung mit Hilfsmitteln oder Rentenleistungen. Auch hier ist es wichtig, dass rechtzeitig alle Aspekte der Straftat mitgeteilt werden, umso sicherzustellen, dass eine vollständige Entschädigung stattfindet.

Gewaltschutzgesetz

Als Opfer häuslicher Gewalt oder auch in Stalkingfällen ist es möglich vor dem Familiengericht einen Beschluss zu erwirken, wonach es dem Täter verboten ist, sich dem Opfer zu nähern oder zu kontaktieren. Auch ist die Zuweisung einer bisher gemeinsam genutzten Wohnung allein an das Opfer durch Beschluss möglich. Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz sind Eilverfahren, sodass den Betroffenen schnell geholfen werden kann.

Psychosoziale Prozessbegleitung

Psychosoziale Prozessbegleitung eröffnet Kindern und Jugendlichen, die Opfer einer Sexual- oder Gewaltstraftat geworden sind die Möglichkeit während des gesamten Verfahrens professionell begleitet und betreut zu werden – meist durch Opferschutzorganisationen. Auch ist diese Unterstützung für Erwachsene Opfer derartiger Straftaten im Einzelfall möglich.

Kosten

Grundsätzlich hat der Geschädigte die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwaltes zunächst zu tragen. In vielen Fällen besteht jedoch die Möglichkeit staatliche Unterstützung für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes zu beantragen oder eine Opferhilfeorganisation kann bei der Kostenübernahme behilflich sein. 

Es empfiehlt sich, für die Wahrnehmung der Rechte möglichst frühzeitig einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Rechte bestmöglich wahrgenommen werden können.

Rechtsanwältin Sandra Baumann aus Oldenburg ist schwerpunktmäßig im Straf- und Opferschutzrecht tätig. Sie berät auch überregional jeden Mandanten auf seine individuelle Situation abgestimmt.


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