Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft - was wirklich droht

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Rechtsanwalt Andreas Kempcke

Wenn nach einer Abmahnung ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wird, dann wird mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder der Klage beantragt, ein bestimmtes Verhalten gerichtlich zu untersagen und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro oder Ordnungshaft anzudrohen. Im nachfolgenden Beitrag erläutere ich, was das bedeutet:

Was es mit der Androhung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft auf sich hat

Wenn es eine Rechtsverletzung gab, z.B. durch einen Wettbewerbsverstoß oder die unzulässige Benutzung einer Marke, dann besteht aus rechtlichen Gründen die Vermutung der Wiederholungsgefahr. In einem solchen Fall erfolgt mit dem Ausspruch einer Abmahnung eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Mit einer solchen Erklärung soll versprochen werden, dass das rechtswidrige Verhalten zukünftig unterlassen wird und dass für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe gezahlt wird. Deshalb wird eine entsprechende Erklärung häufig auch als strafbewehrte Unterlassungserklärung oder als Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bezeichnet. Wer eine solche Erklärung abgibt, der gibt hiermit zu erkennen, dass er sein Versprechen ernst meint (und sei es auch nur, weil er natürlich keine Vertragsstrafe zahlen möchte). Wenn das rechtswidrige Verhalten ohne Abgabe einer Unterlassungserklärung lediglich eingestellt wird, reicht dies dagegen nicht aus, um den Fall außergerichtlich beizulegen. Es gibt schließlich nichts, was von einem erneuten rechtswidrigen Verhalten abhalten würde. Also folgt üblicherweise ein gerichtliches Verfahren.

Ein Abmahner, der keine Unterlassungserklärung erhält, kann entweder versuchen, eine einstweilige Verfügung zu erwirken (also eine gerichtliche Eilentscheidung) oder eine normale Klage einreichen. Egal, für welchen Weg der Abmahner sich entscheidet, beantragt wird üblicherweise

  • dass das Gericht das rechtswidrige Verhalten untersagt und
  • dass das Gericht für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsanordnung die Verhängung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro oder Ordnungshaft androht.

Die Androhung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft für den Fall eines Verstoßes gegen die gerichtliche Untersagungsanordnung entspricht also dem Versprechen der Zahlung von Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes gegen die vertragliche Unterlassungsverpflichtung aus der Unterlassungserklärung. Die Androhung soll also letztlich davon abhalten, gegen die gerichtliche Untersagungsanordnung zu verstoßen.

Die Ordnungsmittelandrohung gibt einen Rahmen vor

Zugegeben: Die Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro oder Ordnungshaft macht Eindruck. Genau das soll sie auch. Schließlich soll deutlich werden, dass ein Verstoß gegen die Untersagungsanordnung empfindliche Konsequenzen haben kann. Nun könnte man meinen, dass dafür auch die Androhung von Ordnungsgeld in einer deutlich niedrigeren Größenordnung ausreichend wäre. Und so ist die Ordnungsmittelandrohung auch gemeint: Entscheidend sind insoweit die Worte

Ordnungsgeld   bis zu   250.000,00 Euro.

Die Ordnungsmittelandrohung gibt also einen flexiblen Rahmen vor, damit die Abschreckungswirkung auch gegenüber größeren Unternehmen oder Konzernen erreicht werden kann.

Nach welchen Kriterien die Gerichte über die Verhängung von Ordnungsmitteln entscheiden

Verhängung eines Ordnungsmittels nur bei Vorliegen eines schuldhaften Verstoßes gegen die gerichtliche Untersagungsanordnung

Zunächst einmal kommt es natürlich ganz grundsätzlich darauf an, ob überhaupt ein Verstoß gegen die gerichtliche Untersagungsanordnung vorliegt. Das klingt zwar nach einer Selbstverständlichkeit, aber ganz so einfach ist die Sache nicht: Eine gerichtliche Untersagungsanordnung bezieht sich auf ein bestimmtes Verhalten und erfasst darüberhinausgehend auch ein sogenanntes im Kern gleichartiges Verhalten. Ich hatte in meiner Praxis jedoch wiederholt Fälle, in denen durchaus fraglich war, ob ein bestimmtes Verhalten noch unter die gerichtliche Untersagungsanordnung fällt oder eben nicht.

Kriterien für die Höhe von Ordnungsgeldern

Bei der Entscheidung über die Höhe eines Ordnungsgeldes berücksichtigt das Gericht insbesondere

  • Art, Umfang und Dauer des Verstoßes,
  • Verschuldensgrad (Absicht oder Versehen),
  • Vorteil aus dem Verstoß für den Verletzer,
  • Gefährlichkeit des Verstoßes für den Verletzten,
  • Unternehmensgröße/wirtschaftliche Verhältnisse des Verletzers und
  • erstmaliger Verstoß oder wiederholter Verstoß

Die Höhe eines Ordnungsgeldes hängt also sehr von den Umständen des konkreten Einzelfalls und von dem Vortrag des Verletzers in einem etwaigen Ordnungsmittelverfahren ab.

Ausnahmsweise auch möglich: Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft

Anstelle von Ordnungsgeld kann auch Ordnungshaft verhängt werden. Da das Gericht selbst bei wiederholten Verstößen über die Höhe der Ordnungsgelder einen erheblichen Druck auf den Verletzer ausüben kann, sind Fälle der Verhängung von Ordnungshaft in der Praxis eher selten. Aber Vorsicht: Ersatzordnungshaft kann auch gegen juristische Personen und Personengesellschaften angedroht und festgesetzt werden, und zwar mit der Maßgabe, dass sie an deren Organen zu vollziehen ist.

In welcher Größenordnung Ordnungsgelder bei einem erstmaligen Verstoß liegen

Die Höhe von Ordnungsgeldern hängt sehr von den konkreten Umständen des Einzelfalls und natürlich auch von der Stellungnahme des Verletzers ab:

  • Wer keine Stellungnahme zu einem Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes abgibt, der kann davon ausgehen, dass dies vom Gericht dahingehend gewertet wird, dass dem Vortrag des Antragstellers offenbar nichts entgegengesetzt werden kann und insbesondere nicht zu Maßnahmen zur Einhaltung der gerichtlichen Untersagungsanordnung vorgetragen werden kann. In einem solchen Fall kann das Ordnungsgeld bereits bei einem erstmaligen Verstoß bei mehreren tausend Euro liegen.
  • Wer ungeschickterweise sogar gegenüber dem Gericht zu erkennen gibt, dass er die gerichtliche Untersagungsanordnung nicht ernst genommen hatte und sich nicht um die Einhaltung der gerichtlichen Untersagungsanordnung gekümmert hatte, der kann davon ausgehen, dass ein deutlich höheres Ordnungsgeld festgesetzt wird. Je nach Unternehmensgröße kann das Ordnungsgeld fünfstellig ausfallen.
  • Wer dagegen Maßnahmen zur Einhaltung der gerichtlichen Untersagungsanordnung ergriffen hatte, dies am besten sogar dokumentiert hatte und dem Gericht im Übrigen auch nachvollziehbar erklären kann, dass der Verstoß ein versehentlicher Ausrutscher war, der kann auf Nachsicht und ein relativ geringes Ordnungsgeld in einer Größenordnung von 1.000,00 bis 2.000,00 Euro hoffen.  

Wenn ein schuldhafter Verstoß gegen die gerichtliche Untersagungsanordnung vorliegt, kann über eine sinnvolle Stellungnahme zumindest Schadensbegrenzung betrieben werden. Auf diese Weise konnte ich für Mandanten in verschiedenen Fällen erreichen, dass trotz mehrfacher Verstöße Ordnungsgelder von zum Teil lediglich mehreren hundert Euro oder in einer Größenordnung von 1.000 Euro verhängt worden sind.

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Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

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