Pflicht zur unaufgeforderten Aufklärung über Vertriebsprovisionen.

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Provisionen und kein Ende – ob bankgebundener oder freier Anlageberater Kostentransparenz sollte kein Fremdwort sein.

Anlagevermittler und Anlageberater sind verpflichtet den Erwerber über eine von ihnen vermittelte Kapitalanlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, sofern diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Der Verdacht auf eine geringere Wertigkeit und Rentabilität ist hierbei verstärkt anzunehmen, was einen entscheidenden Faktor bei der Investitionsentscheidung darstellt. In die Berechnung der Vertriebsprovisionen ist ein auf das Beteiligungskapital zu zahlendes Agio einzubeziehen.

Das Agio ist – gemeinsam mit den aus dem Eigenkapital zu zahlenden Vertriebsprovisionen – für die Werthaltigkeit der Investition als Ausgangspunkt der Aufklärungspflicht des Anlageberaters von Bedeutung. Die Werthaltigkeit der Kapitalanlage kann im Fall einer hohen Provision maßgeblich nachteilig beeinflusst sein, weil die für die Provisionen benötigten Beträge nicht für das eigentliche Anlageobjekt zur Verfügung stehen. Dabei stellt aus der wert- und renditeorientierten Sicht des Anlegers der insgesamt von ihm zu zahlende Betrag (einschließlich Agio) die „Kapitalanlage“ dar. Für ihn ist nicht allein von Bedeutung, in welchem Umfang das von ihm eingebrachte Eigenkapital in das Anlageobjekt investiert wird und wie hoch seine Rendite bezogen auf diese Summe ist. Mögen im Einzelfall die sich insofern ergebenden Beträge und Relationen für ihn noch annehmbar erscheinen, so kann sich dies ändern, wenn der weitere Betrag, den er in Gestalt des Agios investiert hat, in die Wert- und Renditeberechnung einbezogen wird. Denn er wird stets den Gesamtbetrag seiner Investition (einschließlich Agio) betrachten, um beurteilen zu können, ob sie sich hinsichtlich Werthaltigkeit und Rendite lohnt.

Steigen die Kosten für die Vermittlung des Eigenkapitals im Verhältnis zu letzterem, wird ab einer bestimmten Größenordnung der Vermittlungskosten der Rückschluss auf eine geringere Werthaltigkeit der gesamten Kapitalanlage (einschließlich Agio) eröffnet. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Kosten für die Vermittlung des Eigenkapitals aus diesem selbst oder einem zusätzlich zu entrichtenden Aufschlag (Agio) bestritten werden. Denn sie fließen, obwohl Bestandteil des vom Anleger investierten Gesamtbetrages, in jedem Fall nicht in das eigentliche Anlageobjekt.

Zur Beurteilung der Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage durch den Anleger ist dagegen nicht die Summe der Vermittlungskosten (einschließlich Agio) rechnerisch ins Verhältnis zu dem Gesamtaufwand des Anlegers (einschließlich Agio) zu setzen. Der Rückschluss auf die Werthaltigkeit der Kapitalanlage ergibt sich aus dem Verhältnis der Vertriebskosten zum einzubringenden Eigenkapital. Denn die Rentierlichkeit einer Anlage ist typischerweise bereits dann in Frage gestellt, wenn mehr als 15 % des einzubringenden Eigenkapitals in Kapitalvermittlungskosten fließen. Dem entspricht, dass der Rechtsverkehr üblicherweise dieser Relation für die Beurteilung der Werthaltigkeit und Renditeträchtigkeit der Anlage maßgebliche Bedeutung beimisst. Dies zeigt sich etwa an dem Beispiel des provisionspflichtigen Erwerbs einer Immobilie, bei dem der Käufer in aller Regel das Verhältnis der Provision zu dem Kaufpreis in den Blick nimmt.

Eine umfassende Beurteilung der Werthaltigkeit der Kapitalanlage ist dem Anleger indes nur möglich, wenn er sowohl das – offen ausgewiesene – Agio als auch die weiteren, vom Eigenkapital zu entrichtenden Vertriebsprovisionen kennt. Erst das Verhältnis der gesamten Kosten der Eigenkapitalvermittlung zum einzubringenden Eigenkapital ermöglicht den Rückschluss auf eine etwaige geringere Werthaltigkeit der Anlage.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, hierfür die Darlegungs- und Beweislast; die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten beziehungsweise aufgeklärt worden sein soll; dem Anspruchsteller obliegt sodann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft. Diese Grundsätze gelten auch für behauptete Aufklärungs- und Beratungsmängel im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage. Dementsprechend trägt der Anleger für die nicht rechtzeitige Übergabe des Emissionsprospekts die Darlegungs- und Beweislast Die mit dem Nachweis der negativen Tatsache der fehlenden Prospektübergabe verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete fehlende Übergabe substantiiert bestreiten muss. Im Regelfall geschieht dies durch die Darlegung, wann und unter welchen Umständen der Prospekt übergeben wurde. Der für die Darlegung negativer Tatsachen maßgebliche Gesichtspunkt der Möglichkeit und Zumutbarkeit ist indes nicht auf die darlegungs- und beweispflichtige Partei beschränkt, sondern auch auf Seiten der anderen Partei zu berücksichtigen. Die Darlegung, wann und unter welchen Umständen der Prospekt übergeben worden ist, muss ihr zumutbar sein.



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