Pflichten des Steuerberaters bei Überschuldung des Mandanten; Haftung vermeiden

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In einer aktuellen Entscheidung stellt das OLG Schleswig, Urteil vom 29.11.2019 – 17 U 80/19 unter Bezugnahme auf die Rspr des BGH nochmals die Pflichten des Steuerberaters bei der Beratung seiner Mandanten hinsichtlich einer möglichen Überschuldung und der daraus resultierenden Insolvenzantragspflicht dar.

Die Pflichten des Steuerberaters stellen sich wie folgt dar:

  1. Er ist außerhalb eines sich gerade hierauf erstreckenden Mandats nicht von sich aus zur Erstellung einer Fortführungsprognose und Überschuldungsbilanz verpflichtet. 
  2. Er ist verpflichtet, einen Hinweis auf eine drohende Insolvenzgefahr und die Erforderlichkeit entsprechender näherer Prüfungen zu erteilen. Dies ergibt sich aus dem Gesichtspunkt einer vertraglichen Nebenpflicht kraft überlegenen Wissens (OLG Schleswig NZG 2012, 307, Rn. 44 f. und BGH NZI 2017, 312, Rn. 43ff).
  3. Ein lediglich abstrakter Hinweis des Steuerberaters auf die Prüfungspflichten eines Geschäftsführers hinsichtlich einer eingetretenen Überschuldung genügt allerdings nicht, sondern es ist erforderlich, „dass der Steuerberater die maßgeblichen Umstände gegenüber seinem Mandanten im Einzelnen bezeichnet und ihn konkret darauf hinweist, dass diese Umstände Anlass zu einer Prüfung einer möglichen Insolvenzreife“ geben (BGH NZI 2017, Rn 49). 
  4. Er ist allerdings nicht verpflichtet, von sich aus eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen, auch nicht von sich aus kontinuierlich die Zahlungsfähigkeit zu überprüfen, weil beides originäre Aufgaben des Geschäftsführers selbst sind (BGH NZI 2017, 312 Rn 47; OLG Schleswig Urteil vom 29.11.2019 – 17 U 80/19).
  5. Er darf bei der Bilanzerstellung nicht ungeprüft Fortführungswerte zugrunde legen. Denn weiß er, dass zumindest ernsthafte Zweifel an der Ansetzbarkeit von Fortführungswerten bestehen, ist eine weiterhin erfolgende Bilanzierung nach Fortführungswerten mangelhaft. Anderes gilt nur, wenn der Steuerberater zuvor mit seinem Mandanten abgeklärt hat, ob entweder tatsächlich von einer positiven Fortführungsprognose auszugehen sei oder er jedenfalls nach Weisung der Gesellschaft von Fortführungswerten auszugehen habe.

Will der Steuerberater einer Haftung entgegen, dass er vom Insolvenzverwalter für Zahlungen in Anspruch genommen wird, die nach einer Insolvenzreife aus der Mandantin noch abfliessen, so ist er gehalten, seine Prüf- und Hinweispflichten im oben beschriebenen Umfang zu erbringen. 

Grundsätzlich gilt die Vermutung des beratungsgerechten Verhaltens, also die Vermutung, dass der Mandant sich beratungsrecht verhalten hätten, mithin bei Vorliegen einer Überschuldung dann auch die weitergehenden Prüfungen vorgenommen und dann ggfs auch Insolvenz angemeldet hätte.

Für Fragen rund um die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG, Insolvenzantragspflichten und die Besonderheiten im Rahmen der "Corona-Gesetzgebung", insbesondere § 1 COVInsAG sind wir Ihre Ansprechpartner.

Rechtsanwalt Sebastian Koch

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht 





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