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Überschuldung: Wenn Schulden außer Kontrolle geraten

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Überschuldung: Wenn Schulden außer Kontrolle geraten

Experten-Autorin dieses Themas

Überschuldung ist ein weitverbreitetes Problem, das zahlreiche Menschen in Deutschland betrifft. Laut Statistischem Bundesamt* lebte im Jahr 2023 mehr als die Hälfte (51 %) der überschuldeten Personen in einem Singlehaushalt. Diese allein lebenden Personen wiesen eine durchschnittliche Schuldenlast von knapp 30.000 Euro auf.  

Die Hauptursachen für Überschuldung sind vielfältig. Oft sind schwerwiegende Lebensereignisse wie Krankheit, Sucht oder Unfälle die Ursache. Überschuldung kann aber auch durch unkontrollierte Ausgaben, fehlende Finanzplanung, Einkommensverluste und hohe Zinslasten verursacht werden. Auch fehlerhafte Investitionen, unvorhergesehene Ereignisse sowie schlechte Finanzberatung oder schlechtes Finanzmanagement spielen eine Rolle. Fehlende Rücklagen und unzureichende finanzielle Vorsorge tragen ebenfalls zur Entstehung von Überschuldung bei. 

Kurzum: Überschuldung ist ein ernstes Thema, das sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen betreffen kann. In diesem Ratgeber werden die Grundlagen der Überschuldung erläutert und der Unterschied zur Verschuldung und Zahlungsunfähigkeit erklärt. Außerdem erhalten Sie praktische Tipps, wie Sie mit Überschuldung umgehen können. 

*Destatis: KORREKTUR: Singlehaushalte im Jahr 2023 besonders häufig von Überschuldung betroffen. Pressemitteilung Nr. 275 vom 17. Juli 2024. 

Was ist Überschuldung?

Überschuldung liegt vor, wenn die finanziellen Verpflichtungen einer Firma oder einer Privatperson die vorhandenen Vermögenswerte deutlich übersteigen. In einer solchen Situation sind die angehäuften Schulden so hoch, dass selbst durch den vollständigen Verkauf aller Vermögenswerte nicht genug Geld generiert werden könnte, um diese zu decken.  

Dies unterscheidet sich von einer bloßen Verschuldung, bei der zwar Schulden bestehen, diese jedoch nicht zwingend die vorhandenen Vermögenswerte übersteigen. Bei einer Verschuldung ist es unter Umständen noch möglich, durch Verkäufe oder andere Maßnahmen die Schulden zu begleichen, während bei einer Überschuldung die finanzielle Lage so schwerwiegend ist, dass die Zahlungsunfähigkeit in der Regel unvermeidbar wird, was langfristig keine Aussicht auf eine wirtschaftliche Erholung zulässt. 

Überschuldung kann weitreichende und ernsthafte Folgen haben. Eine Überschuldung hat oft eine drastische Verschlechterung der Kreditwürdigkeit zur Folge. Das erschwert es sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen, in Zukunft Kredite aufzunehmen oder Finanzierungen zu sichern, da die Bonität beeinträchtigt wird. Für Unternehmen kann eine Überschuldung zur Insolvenz führen, was gesetzliche Verfahren zur Regelung der Schulden nach sich zieht. Privatpersonen sehen sich möglicherweise mit Zwangsvollstreckungen oder der Notwendigkeit einer Privatinsolvenz konfrontiert, was weitere rechtliche und finanzielle Schwierigkeiten mit sich bringen kann. 

Unterschied Verschuldung und Überschuldung

Obwohl die Begriffe Verschuldung und Überschuldung oft fälschlicherweise synonym verwendet werden, beschreiben sie zwei grundlegend verschiedene finanzielle Zustände. Verschuldung tritt ein, wenn eine Person oder ein Unternehmen eine Verpflichtung zur Rückzahlung eines Kredits eingeht. Dieser Zustand ist weitverbreitet und bedeutet nicht zwangsläufig eine finanzielle Notlage, solange die vereinbarten Raten ohne Schwierigkeiten bedient werden können. Ein Beispiel dafür ist ein gewöhnlicher Bankkredit, bei dem regelmäßige Zahlungen geleistet werden, um das Darlehen abzutragen. Solange die finanzielle Stabilität gewahrt bleibt und alle Verpflichtungen erfüllt werden, bleibt die Verschuldung kontrollierbar und stellt keine Bedrohung für den Lebensstandard dar. 

Überschuldung hingegen beschreibt eine kritische Situation, in der die bestehenden Schuldenlasten nicht mehr tragbar sind. Dieser Zustand tritt ein, wenn die Einnahmen oder Vermögenswerte nicht ausreichen, um die laufenden Verpflichtungen zu bedienen. Das bedeutet, dass die finanziellen Mittel erschöpft sind und die monatlichen Ratenzahlungen nicht mehr geleistet werden können. Sobald dies über einen längeren Zeitraum der Fall ist, spricht man im Allgemeinen von einer Überschuldung.  

Wann gilt man als überschuldet?

Eine Privatperson oder ein Unternehmen gilt im Allgemeinen als überschuldet, wenn die Verbindlichkeiten dauerhaft höher sind als die Vermögenswerte. Für Privatpersonen bedeutet dies, dass sie all ihre Vermögenswerte verkaufen und die Schulden immer noch nicht begleichen könnten. Für Unternehmen wird die Überschuldung in der Regel festgestellt, wenn das Eigenkapital negativ ist und somit die Insolvenzreife erreicht ist. 

Überschuldung bei Unternehmen als Insolvenzgrund

§ 19 der Insolvenzordnung (InsO) regelt die Überschuldung als einen Insolvenzgrund für juristische Personen. Das sind Unternehmen, die als eigene Rechtspersönlichkeit existieren, wie z. B. eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Aktiengesellschaft (AG). Für juristische Personen ist die Überschuldung ein Grund zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das bedeutet, wenn ein Unternehmen überschuldet ist, kann ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden. Eine Überschuldung gemäß § 19 InsO liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners – des Unternehmens – nicht mehr ausreicht, um die bestehenden Verbindlichkeiten (Schulden) zu decken.  

Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten überwiegend wahrscheinlich ist, wird dies nicht als Überschuldung gewertet, selbst wenn die Verbindlichkeiten aktuell das Vermögen übersteigen. Wie bei der Überschuldung muss auch bei Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag gestellt werden, da dies ebenfalls ein Eröffnungsgrund für ein Insolvenzverfahren ist. 

Unterschied zwischen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit

Sind Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit dasselbe? Nein, Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit sind zwei unterschiedliche Insolvenzgründe, die jeweils verschiedene finanzielle Situationen eines Unternehmens oder einer Privatperson beschreiben. Sie sind nicht dasselbe, sondern unterscheiden sich in ihrer Definition und in den Umständen, unter denen sie auftreten. 

Zahlungsunfähigkeit tritt ein, wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson nicht mehr in der Lage ist, fällige Zahlungsverpflichtungen zu begleichen. Das bedeutet, dass das Unternehmen oder die Privatperson nicht genug liquide Mittel hat, um die Rechnungen oder andere fällige Verbindlichkeiten zu bezahlen. Ein klarer Hinweis auf Zahlungsunfähigkeit ist beispielsweise, wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson trotz Fälligkeit eine offene Rechnung nicht bezahlen kann. Dabei ist es unerheblich, ob das Unternehmen oder die Privatperson noch über Vermögenswerte verfügt; entscheidend ist der Mangel an ausreichender Liquidität (also an sofort verfügbaren Mitteln). 

Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn absehbar ist, dass ein Unternehmen oder eine Privatperson in der Zukunft voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Dies bedeutet, dass die Liquidität zwar momentan ausreicht, aber erwartet wird, dass diese in naher Zukunft nicht mehr ausreicht. Ein Unternehmen oder eine Privatperson ist drohend zahlungsunfähig, wenn absehbar ist, dass in Zukunft keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stehen werden, um fällige Rechnungen zu begleichen. 

Überschuldung ist im Unterschied zur Zahlungsunfähigkeit erst gegeben, wenn das Vermögen nicht ausreicht, um die bestehenden Schulden zu decken. Hierbei ist entscheidend, dass die Gesamtverbindlichkeiten höher sind als die vorhandenen Vermögenswerte des Unternehmens oder der Privatperson. Für Unternehmen bedeutet das: Selbst wenn es aktuell noch Zahlungen leisten kann, liegt eine Überschuldung vor, wenn in der Unternehmensbilanz die Verbindlichkeiten die Aktiva übersteigen, es sei denn, es besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen innerhalb der nächsten zwölf Monate fortgeführt wird. 

Schnelles Handeln bei Überschuldung

Bei einer Überschuldung stellt sich die Frage: Was tun? Sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen ist es bei einer Überschuldungssituation entscheidend, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die finanzielle Lage wieder in den Griff zu bekommen. Dazu gehört für Privatpersonen, insbesondere die eigene finanzielle Situation gründlich zu prüfen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.  

Beratungsstellen für Schuldner bieten Unterstützung bei der Erstellung eines Schuldenbereinigungsplans und zeigen Wege auf, wie die Schuldenlast schrittweise abgebaut werden kann. Durch rechtzeitiges Handeln kann die Überschuldung überwunden und eine wirtschaftliche Stabilisierung erreicht werden. Bei Unternehmen gilt bei Überschuldung: Es sollte umgehend ein Rechtsanwalt für Insolvenzrecht zur Beratung hinzugezogen werden, um unverzüglich die gebotenen Maßnahmen einzuleiten. 

Erste Schritte zur Bewältigung einer Überschuldung

Wenn Sie als Privatperson von Überschuldung betroffen sind oder das Gefühl haben, dass Ihre finanzielle Situation außer Kontrolle gerät, können Sie folgende Schritte unternehmen: 

  1. Finanzielle Bestandsaufnahme: Verschaffen Sie sich einen klaren Überblick über Ihre finanzielle Lage. Ermitteln Sie Ihre gesamten Verbindlichkeiten und setzen Sie diese in Relation zu Ihrem Einkommen und Ihren Vermögenswerten. Auf diese Weise können Sie einschätzen, wie ernst Ihre Situation tatsächlich ist. 

  2. Budgetierung und Ausgabenkontrolle: Erstellen Sie ein realistisches Budget und identifizieren Sie Einsparpotenziale. Reduzieren Sie unnötige Ausgaben, um Ihre monatlichen Kosten zu senken und den finanziellen Druck zu mindern. Ein Haushaltsbuch, das Sie konsequent führen, hilft Ihnen dabei, Ihre Ausgaben im Blick zu behalten. Kostenlose Vorlagen, z. B. als Excel-Tabellen, finden Sie im Internet. 

  3. Verhandlungen mit Gläubigern: Kontaktieren Sie Ihre Gläubiger, um mögliche Lösungen wie Ratenzahlungen oder Schuldenreduzierungen zu besprechen. Viele Gläubiger sind bereit, Verhandlungen zu führen, um eine Privatinsolvenz zu vermeiden. Wichtig ist, dass Sie den Kontakt aktiv suchen und nicht versuchen, das Problem zu ignorieren. 

  4. Professionelle Schuldenberatung: Ziehen Sie eine Schuldenberatung in Betracht, um professionelle Unterstützung zu erhalten. Experten können Ihnen helfen, einen Plan zur Schuldenbewältigung zu entwickeln, und Sie gegebenenfalls auf eine Insolvenz vorbereiten. Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, darunter öffentliche und gemeinnützige Beratungsstellen wie Caritas, Diakonie, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Viele Städte und Gemeinden bieten ebenfalls kostenlose Beratungen an. Auch die Verbraucherzentralen in den Bundesländern stehen Ihnen beratend zur Seite und helfen, Ihre finanzielle Situation zu ordnen. Bei komplexen Fällen, wie einer drohenden Privatinsolvenz, kann es zudem sinnvoll sein, einen Anwalt für Insolvenzrecht hinzuzuziehen.

Foto(s): ©Adobe Stock/Kittiphan

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