Pflichtteil bei der Erbverteilung umgehen - wie gehts?

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Der Pflichtteil garantiert, dass im Erbfall nahe Angehörige des Erblassers, die im Testament vom Erbe ausgeschlossen, oder schlicht nicht erwähnt werden, nicht vollkommen leer ausgehen, sondern trotzdem einen Mindestanteil am Erbe erhalten. Eine totale Enterbung ist also nach deutschem Recht nicht möglich – Oder doch?

Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie:

  • Welche Arten der Erbfolge es gibt
  • Was der gesetzliche Pflichtteil ist
  • Wie man den Pflichtteil minimieren kann
  • Wann man den Pflichtteil ausschließen kann


Welche Arten der Erbfolge gibt es?

Um die Funktionsweise des Pflichtteils zu verstehen, muss man wissen, welche Arten der Erbfolge nach deutschem Erbrecht möglich sind.

1. Gesetzliche Erbfolge

Nach der gesetzlichen Erbfolge sind grundsätzlich die nächsten Angehörigen einer Person nach deren Ableben erbberechtigt. Wenn also keine letztwillige Verfügung (Erbvertrag/Testament) von dieser Person vorliegt, bilden deren Ehepartner und Kinder, bzw. wenn es keine Kinder gibt, die Eltern und Geschwister die Erbgemeinschaft, unter der der Nachlass geteilt wird.

2. Testamentarische Erbfolge

Wer mit der gesetzlichen Erbfolge nicht zufrieden ist, und eine andere Regelung treffen möchte, kann dies durch die Errichtung eines Testamentes tun. Hierin benennt er die testamentarischen Erben, und kann bei Bedarf bis ins kleinste Detail regeln, wer was erben soll.

Wenn er allerdings einen der gesetzlichen Erben (also Personen, die, wenn es kein Testament gegeben hätte, auf jeden Fall mitgeerbt hätten) im Testament leer ausgehen lässt, sind diese pflichtteilsberechtigt.


Was ist der gesetzliche Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist ein in §§ 2303 ff BGB geregelter Mindestanteil am finanziellen Nachlass, auf den jeder gesetzliche Erbe Anspruch hat. Dies gilt sowohl, wenn ein gesetzlicher Erbe vom Testament ausgeschlossen ist, als auch, wenn er einen testamentarisch festgelegten Erbteil ausschlägt.

Die Höhe des Pflichtteils errechnet sich gemäß § 1924 BGB aus dem gesetzlichen Erbteil.


Wie kann man den Pflichtteil minimieren?

Da der Pflichtteil sich an der Höhe des zu teilenden Nachlasses ausrichtet, kann man seine jeweilige Höhe in gewissem Maße im Vorhinein dadurch beeinflussen, dass man seinen Nachlass „mit warmen Händen“ an diejenigen verteilt, die ihn erhalten sollen.


a) Schenkung

Dies kann beispielsweise in Form von Schenkungen geschehen, wenn die Höhe des Nachlasses an Wertgegenstände, Immobilien o.ä. Geknüpft ist.

Allerdings gilt es hier einige Punkte zu beachten:

  1. Für größere Schenkungen, auch an die nächsten Angehörigen, fällt Schenkungssteuer an. Zum Thema Schenkungssteuer haben wir einen separaten Rechtstipp erstellt.
  2. Damit man nicht kurz vor seinem Tode alles verschenkt, und die gesetzlichen Erben in die Röhre gucken, gibt es den Pflichtteilsergänzungsanspruch! Auch dazu haben wir einen Rechtstipp für Sie verfasst. Knapp gesagt haben die gesetzlichen Erben Anspruch auf eine Auszahlung durch den Beschenkten. Dieser erlischt erst, wenn die Schenkungen mehr als 10 Jahre vor dem Tode des Erblassers erfolgt sind, und es sich bei der beschenkten Person nicht um den Ehepartner des Erblassers handelt.


b) Verkauf gegen Leibrente

Eine Alternative zur Schenkung stellt der Verkauf gegen Leibrente gemäß §§ 759 ff BGB dar. Hierzu können Sie also beispielsweise eine Immobilie an jemanden, etwa einen potentiellen Erben, gegen einen vertraglich vereinbarten, auf Lebenszeit regelmäßig an Sie zu entrichtenden Betrag verkaufen. Dadurch fallen Schenkungssteuer und Pflichtteilsergänzungsansprüche vonseiten Ihrer gesetzlichen Erben weg.

Im Erbfall ist die verkaufte Immobilie (bzw ihr Wert) nicht mehr Teil Ihres Nachlasses.


Wann kann man den Pflichtteil ausschließen?

Man hat sich beim deutschen Erbrecht alle Mühe gegeben, eine totale Enterbung nahezu unmöglich zu machen. So verhindert etwa die Regelung des Zusatzpflichtteilsanspruches in § 2305 BGB, dass man einen Erben, den man von der Erbfolge ausschließen will, testamentarisch mit einem Betrag abspeist, der deutlich unter dem Pflichtteil liegt.

Tatsächlich ist eine totale Enterbung ohne Pflichtteilsanspruch nur nach § 2333 BGB möglich, der greift, wenn der Pflichtteilsberechtigte versucht hat, den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person umzubringen oder sonst ein Verbrechen an ihm oder einer ihm nahestehenden Person verübt hat, oder wenn der Pflichtteilsberechtigte wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist.

Wenn eine dieser Voraussetzungen greift, kann dem Erben sein Pflichtteilsanspruch aberkannt werden, wenn dies im Testament mit Begründung (und im Idealfall unter Berufung auf § 2333 BGB) angeordnet wird.

Wenn Sie bei der Regelung Ihres Nachlasses den Pflichtteil umgehen möchten, empfiehlt es sich, über die Lektüre von Texten wie diesem hinaus, direkt mit einem Anwalt zu sprechen und sich beraten zu lassen, da das Erbrecht ein weites und kompliziertes Feld voller verborgener Stolpersteine ist.

Dr. De Leve & Kersten sind auf Erbrecht spezialisiert und beraten Sie gerne!

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